Die Wochendämmerung

Politik, Gesellschaft, Quatsch. Der Podcast mit Katrin Rönicke & Holger Klein

Schweden, Schulen und Corona, Rechtsextreme und Kamele

| 31 Kommentare

In Schweden und bei der Debatte um Schulen kann man sehen, wie man vielleicht nicht mit Corona umgehen sollte.

Über Impfungen, Corona und Schulen, Corona in Schweden, den Leitzins in der Türkei, die Waffenruhe in Aserbaidschan, das RCEP-Abkommen, nachhaltige ETFs, das Verbrennerverbot in GB, Kriegsverbrechen in Afghanistan, die Autoritarismus-Studie, Kamelwissenschaft und nicht den EU-Haushalt.

Links und Hintergründe

Äthiopien

31 thoughts on “Schweden, Schulen und Corona, Rechtsextreme und Kamele

  1. Titus von Unhold sagt:

    Wer lacht hat noch Reserven!

  2. Raviva sagt:

    Ich finde sowie wie ihr über die Schulöffnung argumentiert, klingt es für mich als würdet ihr eine Schulschließeung für gutheißen.
    Ich gibt da zwei Dinge die ich irgendwie belatesten finde, meine Eltern würden es gar nicht gebacken bekommen uns Zuhause zu unterrichten. Das würde für sie bedeuten, dass sie nicht mehr arbeiten können. Ich will sagen, dass ich glaube, dass die Schule auch offen bleibt, damit die Menschem weiter arbeiten können *Kapitalismus ist ein Problem* .
    Ich glaube leider, dass das auch die vorliegende Faktor ist, warum die Schul offen bleibt, wegen die Verzahnung zwischen Lohnarbeit , Famile und Schule. Weniger der soziale, denn for sure: Schulschließeung bedeutet – soziale ungleich wird noch größer
    Außerdem ich für meinen Teil brauche dir Schule sehr – ich finde einfach und es tut mir leid für die Polemik, vielleicht mache ich euch damit auch einen falschen Vorwurf: schulschließung kann sich nur eine privilegiert Familien leisten. Sozial wie ökonomisch privilegiert. Ich bin mir des gesundheitlichen Risikos echt bewusst und sowie es läuft ist scheiße. Aber Schulschließeung geht nicht. Ein halbes Jahr mit meiner Familie eingesperrt , das bedeutet dem Alkoholismus meines Vaters nicht zu entkommen. Und meine Lehrer wissen nichts davon. Ich denke, ich bin damit kein Einzefall.

    1. Thomas sagt:

      Ich kann nicht für Holger und Katrin sprechen, aber du zeigst das Dilemma gut auf. Schulen zu schließen und alles digital geht zum einen nicht, und zum anderen ist Schule halt mehr als nur Unterricht, wie du gut zeigst.

      Das Problem ist aber, dass gerade große Versammlungen in geschlossenen Räumen aus anderen Gründen schlicht gefährlich für alle und die Gesellschaft sind. Die Lösung „Schule zu“ ist genauso bescheuert wie „Schule im normalen Modus auf“. Die Ebene auf der da Prävention und Intervention stattfinden muss, ist halt mit täglichen Tests in Schulen, Verbesserung der Ausstattung, auch von dir, und so weiter.

      Wir können uns diese Diskussion und diese unflexiblen Annahmen schlicht nicht leisten. Für dein Wohlergehen, wie das aller anderen…

    2. Katrin sagt:

      Hallo Raviva,

      es tut mir sehr leid, sowas zu lesen. Du hast natürlich recht, dass es viele Schülerinnen und Schüler gibt, die eine Möglichkeit brauchen, den Safe Space Schule trotzdem zu haben, auch in der Pandemie. Hast du das Gespräch gehört, das ich mit Armin Himmelrath zum Thema geführt habe? Wir haben da überlegt, dass es sehr gut wäre, man würde die Schulen auf jeden Fall für alle offen halten, die wirklich darauf angewiesen sind. Der Rest bleibt zuhause. So eine Art offener Treff, ein Raum, der eher von den Schulsozialarbeitern betreut wird, und wo es dann aber eben sehr viel weniger Menschen in einem Raum sind, kleinere Gruppen – also genau das, was das RKI zB ja auch empfiehlt (und Wissenschaftler*innen weltweit).

      Schule ist eben als sozialer Ort so immens wichtig für gar nicht wenige Leute. Und da geht es natürlich um viel mehr, als die Frage nach dem Homeschooling zu beantworten. Insofern hast du vollkommen recht: auch da muss die Politik eine Antwort finden. Zu sagen: wir müssen alle in die Schulen zwingen, solange es nur irgendwie geht, damit uns sowas alles nicht um die Ohren fliegt, ist angesichts der Gesundheitsgefährdung, die man damit in Kauf nimmt, in meinen Augen die dümmste Idee bzw. Ausdruck einer sehr bestürzenden Ideen- und Perspektivenlosigkeit der politischen Verantwortlichen.

      Alles Gute dir! Pass auf dich auf und wenn es wirklich schlimm ist: die Nummer gegen Kummer ist 116 111.

  3. Der Raketenmann sagt:

    Ich liebe und unterstütze Euren Podcast. Aber diese Sendung finde ich ganz besonders gelungen.
    Was ich aber zu Holgers Idee zum Thema „Schmierinfektionen“ noch beitragen möchte:
    Es soll doch bitte jeder, der Händewaschen für überflüssig hält und nicht an Dinge glaubt die man nicht sehen kann, eine Habanero in möglichst kleine Stücke schneiden und danach die Hände mit Seife und heissem Wasser waschen und sich 15 Minuten später kurz die Auge reiben.

    Viel Spaß dabei!

  4. Da Na sagt:

    Lieber Holgi (& Thomas, falls du mitließt),

    in der Grundschule meines Kindes in F‘Hain gibt es genau das beschriebene: Klassenzimmer, Teilungsräume für konzentriertes Arbeiten oder Selbststudium + Betreuungsraum mit einer ErzieherIn für jede Klasse. Dazu noch einen zentralen Ruheraum mit einer dezidierten Erzieherin.
    Ach aber die das positiv getestete Kind in der Klasse hatte mal GAR KEINE Auswirkung, die Eltern wurden nicht mal informiert. Wir haben den Fall zufällig nach 10 Tagen mitbekommen. Wir waren dann eine der wenigen, die mit ihrer ganzen Familie (+ Geschwisterkind) noch eine Woche in Quarantäne gegangen sind (die meisten haben auf eine Anordnung von Autoritäten gewartet, die natürlich nie kam – Selbstverantwortung my ass). Keine Tests für niemanden, kein zweiter Test für das positive Kind, kein Kontakt mit dem GA oä.

    Ansonsten wie immer: vielen Dank für die tolle Wochenzusammenfassung.

  5. Florian R. sagt:

    Schöner Ausschnitt aus dem Interview zum Thema Schulen. Dass das Hauptproblem momentan ist, dass die Schüler nicht einfach zumindest teilweise Nicht-Frontal unterrichtet werden. Das würde die Pandemie sicherlich verlangsamen. Es kann auch sein, dass wir um Schulschließungen nicht herum kommen. Aber ich bin der Meinung, dass Ihr beide die Auswirkungen massiv unterschätzt.
    Ja Kinder sind sehr tolerant, aber die Voraussetzung dafür ist eine sichere Bindung. In Deutschland sind das leider nicht nur wenige Prozent die keine sichere Bindung haben, sondern fast die Hälfte! https://de.wikipedia.org/wiki/Attachment_Parenting#/media/Datei:Attachment_types_-_USA_Germany_Japan.JPG Knapp die Hälfte der Kinder und Eltern haben keine sichere Bindung und damit gibt es auch bei genau denen Probleme, siehe obiger Post. Die Folgen deutlich mehr Menschen, die sich von der Gesellschaft allein gelassen werden, Rechte und Querdenker freuen sich über den Nachwuchs.
    Das zweite was aus meiner Sicht unterschätzt wird, ist die fehlende Bildung. Ich kann mit an Unterrichtsstoff erinnern, den ich verpasst habe und den ich bisher nicht wieder nachgeholt habe. Das waren vielleicht 2 Wochen in der fünten Klasse und die hängen mir immer noch nach. Bei einem halben Jahr will ich mir gar nicht ausmahlen, wie das aussieht. Bin ja nicht mehr in der Lehre tätig, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass man die Corona Jahrgänge bemerkt.

    Und Schulschließungen sind auch volkswirtschaftlich extrem teuer, wenn man das langfristig betrachtet. Wenn bei Kindern „Schäden“ entstehen, haben die diese voraussichtlich den Rest ihres Lebens.

  6. eigor sagt:

    Hallo Ihr Lieben,

    bei „Dentaku…“ handelt es sich um den japanischen Text zu Taschenrechner von Kraftwerk. In Europa auf der
    The Mix-Compilation enthalten, sowie auf dem Live-Album Minimum Maximum.
    Lieben Gruß und herzliche Glückwünsche nachträglich

  7. rudi sagt:

    Hallo,
    vorneweg meine herzlichen Glückwünsche nachträglich. Auch danke ich euch sehr für euer Wirken.

    Nun zu Holgers provokanter Aussage „Rechtsextremismus ist ein ostdeutsches Problem.“ Als großer Freund des „sowohl als auch“ muss ich an dieser Stelle ein „weder noch“ gebrauchen.

    Zum einen ist Rechtsextremismus nicht das Problem, sondern die scheinbare Lösung eines solchen. Rechtsextremismus ist menschenverachtend, verabscheuungswürdig und verursacht enorme Probleme in unserer Gesellschaft sowie in unserer Welt. Mir ist die Unterscheidung von Problem und Lösung wichtig, weil sie zu einem besseren Verständnis führt. Achtet man hier nicht auf eine genaue Unterscheidung, führt das in so etwas wie den „War on drugs“. Analog sehe ich auch hier die Drogen nicht als das Problem. Die Menschen nehmen Drogen, weil sie sich nicht anders zu helfen wissen. Und auch hier wird seit Langem gegen die Lösung vorgegangen und das Problem nimmt zu.

    Zum anderen bitte ich hier auch wieder einmal die relativen und absoluten Größen zu betrachten. Daraus erklärt sich das vermeintlich klare ostdeutsche Übergewicht. Dazu kurz ein Beispiel aus der von euch verlinkten Autoritarismus Studie. Es wird unterschieden in 503 Ostdeutsche und 2000 Westdeutsche. Das spiegelt die Verteilung von 20 % Ostdeutschen und 80 % Westdeutschen sehr gut wider. Zum Thema „starken Führer“ finden sich dann 34,2 % der Ostdeutschen und 18,5 % der Westdeutschen als Befürworter (latent und manifest zusammen). Das heißt in absoluten Zahlen befürworten 172 Ostdeutsche und 370 Westdeutsche einen „starken Führer“. Absolut sind das 542 Personen. Bezogen auf die Gesamtheit das Befragen, gibt es also 22 % der Befragten, die geschichtsvergessene Vollidioten sind. Von diesen Befragten sind jedoch nur 172 Personen, also 32 % aus Ostdeutschland und 370 Personen, also 68 % aus Westdeutschland. Damit kann ebenso festgestellt werden: Rechtsextremismus ist ein westdeutsches Problem. Nur bringt uns so etwas überhaupt nicht weiter. Ich sehe hier auch keine nützliche Information. Die große Frage ist für mich: Was können wir dagegen tun, dass diese scheinbaren Lösungen so gut verfangen.

    Als letzte Gedankengänge würden mich folgende Themen interessieren: Warum gibt es keine Nord-Süd-Untersuchung zu solchen Themen. Und warum habe ich seit der Einführung des Zentralabiturs keine Vergleiche zwischen der Wertigkeit des Abiturs in verschiedenen Bundesländern mehr in den Medien gefunden? Ist nicht anzunehmen, dass die Aufgaben und damit auch die Ergebnisse nun vergleichbarer geworden sind?

    Liebe Grüße
    passt auf euch und eure Lieben auf und wenn ihr könnt auch auf andere
    rudi

    1. Norbert Adam sagt:

      Ich häng das mal hier drunter. Schon Tucholsky wusste, dass Deutschland einen Starken Mann an der Spitze braucht:
      https://youtu.be/Ke-hn1ES2cw

  8. Martino sagt:

    Danke für den direkten Bezug zwischen schwedischen Jugendlichen (jungen Erwachsenen) und dem Klimawandel.

    Ich hoffe, dass wir solche Vergleiche weiterhin ziehen, wenn Corona irgendwann mal durch ist. Oder ob dann leider leider kein Geld mehr da ist, um Kohlearbeitern den Job-Ausstieg zu finanzieren.

    Der Unterschied ist nämlich: Die Corona-Auswirkungen fallen in die Amtzeit amtierender Politiker.

    1. Florian R. sagt:

      Dazu kommt auch noch, dass die Corona-Sterblichkeit bei den überdurchschnittlich alten Wählern der regierenden Parteien sowie der regierenden Politiker besonders hoch ist.

      1. Katrin sagt:

        Ja, das habe ich auch mal für ein Argument (oder sowas in der Art gehalten). Aber wenn 30-40 Prozent der Bevölkerung zur Risikogruppe gehören, erübrigt sich das.

  9. Martino sagt:

    Und nachdem Holger ist in dieser Episode erklärt hat, wie die Türkei sich mit unkontrollierter Staatsverschuldung in immer größere Probleme bringt und ihre Glaubwürdigkeit verspielt, hören wir morgen wieder, dass (deutsche) Staatsschulden niemals und von keinem bezahlt werden müssen. xD

    (Sorry, ist stark und damit etwas unzulässig paraphrasiert.)

    1. Jan sagt:

      Die Staatsschulden sind dann ein Problem, wenn die Schuldner im Ausland sind.
      Wenn die Schulden im Inland sind kann man sie
      ewig mit herumtragen, wie z.B.Japan.
      Eine gute Kontrolle Der Schulden sind
      eine ausgeglichenen Handelsbilanz und Löhne
      die nicht über oder zu weit unter der
      wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Landes Liegen.
      Bei einer unterbewertungsstrategie
      machen andere Länder Schulden was auf dauer auch nicht tragbar ist.
      Genauer erklären tut das Heiner Flassbeck.
      Das was die 0815-BWL-Hanseln und ihre Politiker von sich geben muss man auch mal kritisch hinterfragen.

    2. Titus von Unhold sagt:

      Die deutschen Staatsschulden steigen nominal zwar seit Jahrzehnten, sinken gemessen am Bruttoinlandsprodukt aber kontinuierlich. Das (klitzekleine) deutsche Wirtschaftswachstum ist wesentlich höher als die (negativen) Zinsen. Und das wird auch so bleiben, solange die Löhne nicht steigen. Warum die Inflation (und damit die Zinsen) von den Löhnen abhängen und eben nicht von der Geldmenge, erklärt wie Jan ausführt Heiner Flassbeck sehr gut.

      Die Türkei wiederum steht vor einer massiven, fast schon galoppierenden Inflation während die Wirtschaft seit Jahren stagniert. Gleichzeitig muss sie Kredite aufnehmen deren Zinsen auch immer weiter steigen und gleichzeitig kann sie durch den immer schlechter werdenden Wechselkurs zum Euro zwar theoretisch mehr Waren absetzen und Toursiten ins Land locken, es fehlt aber wegen Covid die Nachfrage und das außenpolitische Handeln birgt Sanktionsrisiken. Selbst wenn die Türkei die Kreditaufnahme stoppt, steigen die Zinsen schneller als das Bruttoinlandsprodukt, die Schulden steigen somit nominal und relativ.

  10. danni sagt:

    Hallo ihr Lieben,
    ich kann nicht ganz nachvollziehen warum ihr nix zum Dannenröder Först bringt. Neulich hattet ihr ne extra Folge über Klimakrise und neulich ein Interview mit einer von einer Klimaliste. Kommt das in der nächsten Folge im Zusammenhang mit dem Grünen-Parteitag? Hattet ihr das übersehen? Hat das für euch zu wenig Relevanz? Also euer Podcast ist echt toll und sorry dass Kritik immer schnell ist und wenn alles super läuft weniger Lob kommt-und es läuft bei euch im Großen und Ganzen super.
    Mir kam zu Ohren das Journalisten von der Dokumentation der Ereignisse von der Polizei akitv abgehalten wurden. Mir geht es nicht darum die Polizei zu beschimpfen hier. Ich sehe da eher ein systemisches Problem der gesamten Gesellschaft.
    Würde mich sehr um eine Begründung freuen.
    Liebe Grüße

    zeit online schreibt: „Autobahngegner demonstrieren vor Parteizentrale der Grünen“ https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-10/dannenroeder-forst-aktivisten-festnahme-a49-ausbau-polizeieinsatz-haftbefehl-umweltschutz
    „Nach dem Sturz einer Aktivistin wird gegen den Polizisten ermittelt, der das Sicherungsseil durchtrennte.“ https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-11/dannenroeder-forst-a49-ausbau-absturz-aktivistin-polizist-ermittlung-staatsanwaltschaft

    weitere Links
    https://parentsforfuture.de/de/node/2983
    https://taz.de/Protest-im-Dannenroeder-Forst/!5730289/
    https://www.danni-bleibt.de/aktuelle-infos/
    https://waldstattasphalt.blackblogs.org/

  11. danni sagt:

    Ergänzung: Übrig. mal interessant die Repressionen im Danni mit denen gegenüber den „Freiheitskämpfern“/“Querdenkern“ zu vergleichen.

  12. Miriam sagt:

    Hej Katrin und Holgi,

    ich bin langjährige Hörerin eures Podcasts und lebe und arbeite seit etwas mehr als einem Jahr in Nordschweden. Ich arbeite (passenderweise) in der virologischen Forschung und also an der Uni in Umeå. Die allgemeine Darstellung der Einschränkungen hier in Schweden bei euch und in „den Medien“ halte ich für nicht ganz korrekt. Aber natürlich habe ich evtl. einen starken Bias in meiner Science-Bubble hier.

    Grundsätzlich ist es so, dass es in Schweden viele „Empfehlungen“ statt Verbote gibt. Diese Empfehlungen sind jedoch wie von den Schweden wie Gebote/Verbote/Gesetze empfunden und werden in meiner Bubble SEHR ernst genommen. Ich habe den Eindruck, dass Menschen in Schweden diese Regeln ernst nehmen und ihrer Regierung in hohem Maße vertrauen. Dies führt zu einem eher kollektiven Befolgen bzw. einem Schamgefühl, wenn man diese Empfehlungen nicht befolgt. Ich kann hier mal ein paar Beispiele aus meinem Alltag schildern.
    (Erster Absatz hierzu: https://www.umu.se/en/news/fler-atgarder-pa-grund-av-okad-smittspridning-i-lanet_9788454/)

    Diese Einschränkungen wurden hier auf regionaler Ebene verhängt, je nach Infektionsgeschehen, in Stockholm viel früher schon, hier im Norden Anfang November. Hier in der Region Västerbotten gilt für jede/n folgendes: keine Treffen mit Menschen außerhalb des Haushaltes (oder minimal falls man alleine lebt); keine Reisetätigkeiten; keine Besuche in Fitnessstudios, öffentlichen Plätzen, Malls/Einkaufzentren, Läden (die keine Supermärkte sind), Museen, Bibliotheken, Schwimmbäder…; keine Veranstaltungen besuchen (Kultur, Sport, etc). Für Geschäfte gilt: Limitierung der Besucher pro Zeit.
    https://regionvasterbotten.se/skarpta-rad-for-dig-i-vasterbotten

    In der Uniklinik herrscht Besuchsverbot. (https://www.1177.se/Vasterbotten/sjukdomar–besvar/lungor-och-luftvagar/inflammation-och-infektion-ilungor-och-luftror/om-covid-19–coronavirus/besoksforbud–det-har-galler-for-dig-som-ar-narstaende/)

    Falls jemand in deiner Familie Corona-positiv ist, bleibt die gesamte Familie zu Hause für 7 Tage. https://regionvasterbotten.se/fortsatt-skarpta-rad-for-att-bromsa-smittspridning

    Besuche in Altenresidenzen wurden wieder eingeschränkt.
    https://www.regeringen.se/pressmeddelanden/2020/11/mojlighet-till-lokala-besoksforbud-infors/

    Die Uni Umeå hat schon im Frühjahr alle Studentinnen und Schülerinnen nach Hause geschickt für digitales Lernen. Im Wintersemester, findet nun auch der Großteil der Lehre digital statt. Mitarbeiterinnen werden immer wieder aufgefordert so viel wie möglich im Homeoffice zu arbeiten.
    https://www.umu.se/en/news/fler-atgarder-pa-grund-av-okad-smittspridning-i-lanet_9788454/

    In der Uniklinik trägt das medizinische Personal ständig eine Maske, Menschen, die in Supermärkten arbeiten, tragen Maske oder werden durch Plastik oder Plexiglas geschützt. Busfahrerinnen werden durch Absperrung der vorderen Sitzreihe geschützt. Es gibt in jedem Laden Desinfektionsmittel und Aufforderungen zum Abstand halten. Diese Maßnahmen sind freiwillig soweit ich weiß.

    Es gibt seit Mai eine Debatte zwischen einigen Wissenschaftlern gegen Anders Tegnells Maskenpolitik mit einem aktuellen Ruf danach, dass Stefan Löfven Tegnells Rat hier nicht mehr folgen sollte.
    https://www.svt.se/nyheter/inrikes/professorn-kritisk-mot-folkhalsomyndighetens-brist-pa-information-om-munskydd
    https://www.dn.se/insandare/lofven-maste-kora-over-tegell-om-munskydd/
    https://www.dn.se/sverige/tegnell-munskydd-ar-inte-raddningen/

    Ich muss zugeben, dass ich so manches Handeln oder nicht-Handeln auch nicht ganz nachvollziehen kann, habe aber den Eindruck, dass man schon aus dem Frühjahr lernt. Ich habe wenig bzw. keinen wirklichen Einblick in die ökonomischen Maßnahmen, wie Hilfen für Unternehmen und Firmen grundsätzlich. Ich glaube aber, dass eine Art Kurzarbeitsregelung existiert. Das von Katrin erwähnte „Versammlungsverbot“ für mehr als 8 Personen, bedeutet, dass man z.B. nicht mehr als 8 Personen im Restaurant an einen Tisch setzen darf, aber mehr als 8 Personen gleichzeitig im Restaurant essen dürfen, um Schließungen zu vermeiden. Jedoch sieht man überall Werbung für take-away und scheinbar gibt es sehr wenige Gäste in Restaurants, Bars, und Läden allgemein – ich selbst war seit Anfang des Jahres nicht mehr in einem. Kinos haben Anfang November freiwillig geschlossen, nachdem die Personenbeschränkung erfolgte.
    Andererseits haben die Studenten im September ihre Feiern zu Beginn des Semesters nicht ausfallen lassen. Hier hat mir schon etwas mehr Kontrolle oder zumindest „Common sense“ gefehlt. Jedoch ist das ja in Deutschland auch nicht anders.

    Spekulation: Dass die Zahlen im Sommer eher gut waren, lag sicher daran, dass viele Schweden draußen unterwegs sind, Sommerhäuschen habe und im Prinzip von Mittsommer bis Mitte August eine Art Sommerferienzustand herrscht. Zudem sind die Bevölkerungsdichten hier nicht mit Deutschland zu vergleichen – 1.2x Fläche Deutschlands mit nur 1/8 der Einwohner. Social distancing ist hier deshalb einfacher – und man tritt sich nicht im Stadtpark mit 1000 anderen gegenseitig auf die Füße.

    Insgesamt habe ich also den Eindruck, dass die regionalen Regelungen in der internationalen Presse überhaupt nicht ankommen (ich lese ja auch in deutsche Nachrichten und sehe dort nix davon). Vermutlich sind die regionalen Unterschiede auch relativ groß und die Situation im Süden (Stockholm/Uppsala) deutlich kritischer und mit Deutschland vergleichbar.

    Ich empfinde die Kontaktbeschränkungen als mindestens genauso stark wie in Deutschland derzeit, und sie werden von den Leuten, die ich kenne, sehr krass befolgt. Hier werde ich täglich eigenverantwortlich vor die Wahl gestellt, ob ich zu meinen Sportkursen im Fitnessstudio gehe oder lieber was aus dem Internet mache – ob ich jetzt im Möbelhaus etwas einkaufen muss oder das noch warten kann. Ich bin Außenseiterin mit meiner Maske im Supermarkt, aber es gibt durchaus ein paar andere Maskenträgerinnen. Eine Kollegin meinte heute jedoch, dass sie sich nicht sicher sei, ob wir nicht bald eine Maskenregelung bekämen, obwohl sie das sehr lange für ausgeschlossen hielt. Zudem sagte sie, dass die Regierung an einem Infektionsschutzgesetz arbeite, welches dann, wie in Deutschland, mehr Handlungsspielraum für die Regierung bzgl. nationaler Regelungen ermöglichen solle.

    Ich hoffe mein Alltagsbericht hat ein wenig Einblick in die Verhältnisse in Schweden gegeben. Sicherlich läuft einiges seltsam oder nicht ideal, wie überall derzeit. Es ist jedoch in keinem Fall eine rücksichtslose Gesellschaft, die einfach „alle Alten an die Front“ schickt und selbst mit nem Cocktail am Pool sitzt.

    Viele Grüße aus dem hohen Norden!
    Miriam

    1. Titus von Unhold sagt:

      Nicht dass ich Miriam zu etwas drängen möchte, aber das riecht eigentlich nach einer Bonusfolge. ^^

      1. Katrin sagt:

        ich hab mal per Mail angefragt, wir haben auch eine Zuschrift bekommen, die das Gegenteil berichtet – da fände ich den Austausch natürlich spannend. Schauen wir, obs klappt, sonst berichte ich 🙂

    2. Christian sagt:

      Ich bin auch gegen dieses pauschale „ach die Schweden mit ihrem Sonderweg“ aber, mein Cousin berichtet mir, der lebt in Stockholm, dass dort so gut wie niemand Maske trägt und wenn man dort Maske trägt wird man oft nur schief angeschaut. Das erinnert mich stark an den Januar/Februar in Deutschland als um asiatisch aussehende Menschen die Maske getragen haben ein großer Bogen gemacht wurde.

    3. Thomas V sagt:

      Hejhej,

      So erstmal vielen Dank, dass ihr hier jede Woche so einen informativen und angenehmen Podcast abliefert :).

      Kann Miriam an sich nur zustimmen mit ihrer Einschätzung. Meine Frau und ich wohnen in Värmland etwas weiter ab vom Schuss, haben aber auch Kontakt mit Leuten in Stockholm und Uppsala (ich muss ab und an an die Uni in Uppsala, auch wenn ich viel von daheim arbeite).
      Die Einschränkungen in Värmland sehen an sich genauso aus wie Miriam aus dem Norden berichtet hat:
      https://www.regionvarmland.se/halsa-och-vard/coronavirus—covid-19/
      Hier in der Umgebung haben öffentliche Einrichtungen (Schwimmbäder, Bibliotheken etc.) entweder geschlossen, oder die Besucherzahlen stark reduziert. Ich weiß zumindest von einer Schule hier in der Gegend, die wieder auf Digitalunterricht umgeschwenkt ist zum Beispiel. Die Schulen haben allerdings auch mehr Freiheiten hier als in Deutschland, da viel der Entscheidungskraft bei den Gemeinden liegt.
      Ich denke ein großer Vorteil hier ist, dass die digitale Infrastruktur sehr gut ausgebaut ist, die Region Värmland hat zum Beispiel einen eigenen Service für Arztbesuche über Videochat gestartet, Coronatestzeiten können leicht online gebucht werden, generell scheinen solche Dinge hier einfach zu funktionieren. Gleiches gilt auch für den Unterricht auf Distanz, habe hier an sich keine Debatte gehört darüber, dass man damit größere Probleme hätte.

      Die Uni in Uppsala hat auch bereits im März alle Vorlesungen und Prüfungen auf Distanz umgestellt und jetzt zum Wintersemester nur vereinzelte Kurse mit Präsenzveranstaltungen. Generell ist die Uni wie leergefegt. Die Chefs sind dazu angehalten, alle Mitarbeiter von daheim arbeiten zu lassen, seit März, soweit das möglich ist. An allen Eingängen steht Desinfektionsmittel und man hat für die paar Studenten, die doch in die Uni müssen, „Hygienewächter“ eingeführt, die darauf achten sollen, dass sich Leute an die Regeln halten.
      https://mp.uu.se/en/web/info/vart-uu/information-om-corona (<– gibt es auch auf Englisch ;))

      Meine Frau arbeitet bei einer IT-Firma mit Basis in Stockholm und da sind auch seit dem Frühjahr im Prinzip alle Mitarbeiter im Home-Office. Gleiches gilt auch für Freunde in Stockholm, die auch in Stockholm arbeiten.

      Zu den Zahlen im Sommer würde ich auch spekulieren, dass dadurch, dass Schweden noch recht lange relativ hohe Fallzahlen hatte und man, anders als in Deutschland und anderen Ländern, nicht zo einfach nach Spanien, Italien, Griechenland usw. reisen konnte, hier nicht ganz so viele Leute frisch angesteckt aus dem Urlaub zurück kamen. Das gepaart mit dem, was Miriam schon erwähnt hat, dass der Großteil der Schweden eh den Sommer weit weg von allen Menschen verbringt, hatte sicher einen positiven Effekt.

      Das Thema Mundschutz finde ich hier schon sehr peinlich ehrlich gesagt. Meine Frau und ich waren lange auch die einzigen hier in der Umgebung, die Mundschutz getragen haben, was dann allerdings den positiven Effekt hatte, dass einem alle mit ängstlichen Blicken aus dem Weg gehen und man noch mehr Platz hatte. Meine Frau wurde sogar vom Apotheker sehr verschreckt angeschaut, da sollte man an sich meinen, dass er etwas Bescheid weiß ;).
      Seit letzter Woche sieht man aber gefühlt mehr und mehr Leute mit Mundschutz hier und die größte Onlineapotheke in Schweden vermeldet, dass sich der Verkauf von Masken seit letzter Woche nahezu verzehnfacht hat:
      https://www.svt.se/nyheter/inrikes/700-000-salda-munskydd-pa-en-vecka-1

      Ich will das hier jetzt nicht schönreden, bin auch sehr skeptisch vielen Entscheidungen gegenüber und gerade im Frühjahr hat man in vielen Fällen langsam oder kontraproduktiv gehandelt (lange Zeit keine Masken für Mitarbeiter in Altenheimen, was da auch mit für die hohen Infektionszahlen gesorgt hat; lange wurde nicht genug getestet, auch auf Grund von Komplikationen in der Kommunikation zwischen den staatlichen Behörden und den Regionen, usw.), aber es ist eben auch nicht so, dass nichts gemacht wurde/wird.
      https://www.svtplay.se/video/28880062/uppdrag-granskning/uppdrag-granskning-sasong-21-spelet-om-munskydden-del-1?start=auto
      https://www.svtplay.se/video/29057218/uppdrag-granskning/uppdrag-granskning-sasong-21-den-svenska-strategin?start=auto

      Viele Grüße (aus dem mittleren Norden),
      Thomas

  13. Uli sagt:

    Vielleicht wäre das ein Kandidat für die „Gute Nachricht“ in der nächsten Sendung:
    „Neue Resolution – EU will Obdachlosigkeit bis 2030 beenden“
    https://www.tagesschau.de/ausland/eu-will-obdachlosigkeit-beenden-101.html

  14. Christian sagt:

    Thema Schule und ich berichte hier aus eigener Erfahrung:

    Ich komme aus Hessen. Ich habe ein Kind in der Grundschule (1. Klasse) und ein Kind in der 5. Klasse. In der Klasse des großen Kindes gab es einen Corona Fall. Die gesamte Klasse musste in Quarantäne, wobei die offizielle Anordnung dazu erst erst am vorletzten Tag der „Quarantäne Zeit“ kam (aber das ist ein anderes Thema). Die Quarantäne galt nur für Sie, nicht für den Rest der Familie. Allerdings gab es noch folgende Einschränkung: Für mein jüngeres Kind gab es ein „Besuchsverbot“ in der Schule für die Zeit der Quarantäne (über deren genauen Zeitraum uns anfangs keiner Auskunft geben konnte). Das galt auch nur für die Schule: Ansonsten hätte es machen können zum Beispiel auch Fußballspiele besuchen. Wir Eltern übrigens auch.

    Für mein älteres Kind waren die zwei Wochen kein Problem, es gab jeden Tag Unterricht als Videokonferenz.

    Mein jüngeres Kind, wie bereits geschrieben in der 1. Klasse Grundschule, hat von seiner Lehrerin einen sehr guten, eigenen Wochenplan bekommen (halte ich nicht für selbstverständlich). Trotzdem empfanden wir diese zwei Wochen als nicht sehr förderlich: Gerade in der 1. Klasse geht es noch um sehr viel soziale Aktivitäten in der Gruppe und um das Kennenlernen. Und gerade in der Klasse meines jüngeren Kindes gab es noch einige soziale Konflikte. Das kann man nicht mit einem Stapel Arbeitsblättern kompensieren. Videokonferenzen mit 1. Klässlern sind utopisch (meine Schwester ist Grundschullehrerin die hat das einmal ausprobiert und dann sein gelassen), wobei er der einzige war.

    Dazu noch, für uns war es beide möglich zu Hause zu arbeiten und uns darum um auch um das Schulthema kümmern.

    Von dieser „pauschalen“ Aussage die Eltern die sich darüber beschweren haben keine Lust Zeit mit ihren Kindern verbringen halte ich rein gar nichts. Ich verlange hier einfach mehr Differenzierung:

    1. Es ist ein riesen Unterschied mit einem 5. Klässler oder 1. Klässer „Homeschooling“ zu betreiben (siehe Text oben)
    2. Nicht alle Eltern haben die Ausstattung oder Kompetenz (gerade bei älteren Schülern) die Schule zu Hause zu kompensieren.
    3. Diese „pauschalisierung“ macht doch einfach „Homeoffice“ und lasst die Arbeit mal hinten Anstehen um eure Kinder zu beschulen, gilt für über 40 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland einfach nicht. Die alleinerziehende Supermarkt Kassieren kann kein Homeoffice machen. Urlaub aufgebraucht? „Kind-Krank-Tage“ auch? Unbezahlter Urlaub finanziell nicht möglich?

    Schule als „Infektionsherde“: Hier verlange ich auch mehr Differenzierung nach dem Alter der Kinder (sagt übrigens auch Sandra Ciesek im Corona Virus Update Podcast): Berufsschulen also mit Erwachsenen Schülern oder zumindest ab 16-17 Jahren aufwärts kommen auch in diese Statistik mit rein.

  15. Matze sagt:

    Das Kühlen mit dem Kameleffekt ist in der aktuellen Folge auch bei Minkorrekt Thema:
    http://minkorrekt.de/mi179-regionalverband-querdenken/ Thema 2

    Im Prinzip ist das eine ziemlich pfiffige Methode, Verdunstungskühlung auszunutzen.
    _______

    Ich finden den Vergleich zwischen den Kriegsverbrechen in Afghanistan und den Problemen bei der Polizei auf ganz vielen Ebenen problematisch.

    Polizei ist nicht Militär! Nur weil beides bewaffnet rumläuft, sollte es da ja gerade keine Gemeinsamkeiten geben.

    Und bei allen Problem die es hier mit der Polizei gibt, ist das für mich ein riesiger Unterschied zu Kriegsverbrechen!
    Ich empfinde das fast schon als Relativierung der Kriegsverbrechen, das zu vergleichen.

  16. Frank Schönhofen sagt:

    zu fair-fonds
    Hallo Katrin und Holger!
    Auf der Suche nach nachhaltigen Investitionen bin ich auf die ecoreporter aufmerksam geworden (https://www.ecoreporter.de/). Nun bin ich kein Finanzexperte, aber mein Eindruck ist, dass hier objektiv recherchiert und bewertet wird. Vielleicht lohnt sich ein Blick auf die Seite und der Preis von ca. 100,- / Jahr für einen „Premium-Log-in“.
    Vielen Dank für Euren tollen Podcast!
    Gruß
    Frank

  17. sofia rodriguez sagt:

    Ich bin auch entsetzt dass so viele Menschen von einer Diktatur traeumen.. und gleichzeitig dachte ich gerade neulich: wenn ein/e Diktator*In uns mit Gewalt und gegen viele Willen auf CO2 neutral bis 2030 bringen wuerde… und auch sonst gruen und sozial drauf waere… wuerde ich happy sein. Naja, so sind die Diktatoren aber eh nie drauf. WOllte ich nur mal erwaehnen, was so in unseren Koepfen vorgehen kann. Mach mal das Experiment: stelle dir vor, eine Diktatur kommt und hat aber genau deine Meinungen …:)

  18. Simon sagt:

    Hallo ihr Lieben,

    Wie immer vielen Dank für eure Sendungen.

    Um Konflikte zu reduzieren werde ich bei Namen immer soweit mir bekannt beide nennen und die Reihenfolge der Sprachen abwechseln.

    Den Punkt Armenien-Aserbaidschan bzw. Karabach/Artsakh habt ihr meiner Meinung nach etwas kurz abgearbeitet. Das mag einerseits daran liegen das es dann doch ein Stück weg ist bzw. andererseits das ich mich schon länger damit befasst habe. Aber ich gebe gern zu das ist erstmal fremd und als ich die ersten Armenier kennenlernte wusste ich auch nur das es da dieses Bergkarabach gibt und ich habe sie gefragt wie rum ist das jetzt eigentlich ist das bei euch besetzt oder habt ihr das besetzt. Ich denke diese Frage können die meisten im Moment beantworten.

    Ich will jetzt auch nicht in die rechtliche Beurteilung der Situation einsteigen. Denn das ist ein sehr langer Weg mit vielen wenn’s und aber’s und so weiter.

    Was mich etwas störte ist die Aussage, so frei jetzt hat da Russland was gemacht und es ist vorbei. Ich denke das greift zu kurz, wir haben wieder einen Waffenstillstand der anscheinend erstmal hält, aber das war halt auch schon 1994, 2016, Juli 2020 und eben 3 mal im Oktober wo es immer nicht funktioniert hat. Und ohne weitere sinnvolle Schritte kann es nicht lange funktionieren.

    Man muss sich bewusst machen das die Region Teilweise Hochgebirge ist und man sich über Pässe bis zu 2500m bewegt, bzw. Strassen die so seitlich aus dem Berghang rausgesprengt sind oder man bewegt sich unten im Tal neben dem Fluss und rechts und links geht es recht steil nach oben.
    Aserbaidschan hat da die zweitgrösste Stadt (Schuschi/Schuscha) erobert, die mehr oder weniger auf einer Bergkuppe liegt. In die eine Richtung kann man von dort aus Dinge direkt auf die größte Stadt Xankəndi/Stepanakert die Hauptstadt der Region „werfen“.

    Jetzt hat man ja erstmal festgelegt, dass sozusagen alle dort bleiben wo sie sind und Armenien schrittweise die umliegenden Gebiete wieder an Aserbaidschan geben muss. Dabei bleiben zahlreiche Probleme bestehen.

    Was die die Stadt (Schuschi/Schuscha) betrifft so besteht das Problem das sich zwar die Stadt unter aserbaidschanischer Kontrolle befindet, aber nicht wirklich eine signifikante Strassenverbindung unter aserbaidschanischer Kontrolle zu geben scheint um diese zu versorgen.

    So ähnlich wie das mit der Verbindung nach Armenien ist, welche nach Rückgabe der umgebenden Gebiete nur in Kooperation bestehen wird. Das heisst beide (oder alle 3) Länder sind jetzt deutlich mehr oder von einander oder den russischen Friedenstruppen abhängig.

    Und dies ist in dem Sinne auch eine klare Niederlage Aserbaidschans was erstmals seit 1990 wieder russische Truppen auf seinem Staatsgebiet akzeptieren muss.

    Ich hätte mir ja der Stelle eine neutralere Friedenstruppe gewünscht, die klar nicht Russland und nicht Nato ist. Das ist an der Stelle auch wichtig, weil es ja parallel eine Grenze zum Iran gibt. Da man sich auch mit Bergen auskennen sollte, wären meine Vorschläge UN Truppe unter der Führung von Österreich oder Schweden/Finnland oder auch zusammen.
    Diese muss man auch sehr langfristig anlegen, denn man muss sich klar machen, dass insbesondere die wehrpflichtigen Soldaten in dem Krieg in der übergrossen Mehrheit noch nie einen zivilen Kontakt mit der anderen Volksgruppe hatten. Und ich sage das bewusst so, denn für den gewöhnlichen Mitteleuropäer sind sie ziemlich sicher auf den ersten Blick nicht unterscheidbar.

    Unabhängig von der weiter offengelassenen Frage eines finalen Status für die Region stellen sich viele praktische Fragen der neuen Form des Zusammenlebens.

    Viele aus den besetzten Regionen Aserbaidschans Vertriebene und ihre Nachfahren haben die Zeit seit mehr oder weniger Beginn der 90er in provisorischen Unterkünften verbracht. Mit dem Versprechen das sie irgendwann in ihre angestammten Gebiete zurückkehren können. Daraus ergibt sich ein weiteres Problem. Schon während des Krieges hat Aliyev ja immer bekannt gegeben welche „Orte“ befreit wurden. Das Problem zeigt sich wenn man sich Fotos oder Satellitenbilder dieser Orte aus der letzten Zeit ansieht so erkennt man das an den meisten dieser Orte die ganze Zeit niemand gewohnt hat und von den meisten Häusern nur Fundamente vorhanden sind.

    Es gibt in den Regionen also keine Wirtschaft und kaum Infrastruktur. Es wird sich zeigen wie attraktiv diese Regionen wirklich für die Rückkehr der Flüchtlinge sind.

    So viel erstmal für den Moment, dass kann man bei Interesse weiter ausbauen.

    Gruss Simon

    1. Katrin sagt:

      Hi,
      hab gestern eine Folgesendung aufgenommen zu dem Thema und glaube, wir werden einiges von dem ansprechen, was du hier ansprichst. Ausschnitte am Freitag, ganze Sendung dann Montag – ist länger geworden, als ich dachte, ne Stunde sprechen wir, aber sehr intensiv und für mich sehr komplex und aufschlussreich.

      1. Simon sagt:

        Cool … bin gespannt 🙂

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