Die Wochendämmerung

Politik, Gesellschaft, Quatsch. Der Podcast mit Katrin Rönicke & Holger Klein

Corona und die Schule von morgen – ein Gespräch mit Armin Himmelrath (Bonus)

| 10 Kommentare

Er ist Ressortleiter Bildung beim Spiegel, hat schon mehrere Bücher und unzählige Beiträge zu Schule und Bildungspolitik veröffentlicht und diskutiert leidenschaftlich gerne darüber, was sich an Schulen jetzt ändern muss: Armin Himmelrath.

Links und Hintergründe

10 thoughts on “Corona und die Schule von morgen – ein Gespräch mit Armin Himmelrath (Bonus)

  1. Thomas sagt:

    Wow… das Gespräch rennt ja die eine oder andere Tür bei mir ein.

    Ich versuche das so etwas zu strukturieren.

    1. Es gab Lehrkräfte, die während der Schulschließungen mit solchen Einlassungen aufgefallen sind, wie „ich betreue doch keine Kinder, ich unterrichte!“ Dieses Missverständnis, dass Schule natürlich auch ein Ort ist, an dem Kinder über den Tag verwahrt werden können, ist wirklich erstaunlich. Das muss dann aber von Unterricht getrennt werden. Denn diese Betreuungsfunktion kann nun wirklich auch mit Unterricht geschehen, der eben nicht in bescheuerten arbitraren Zeiträumen stattfindet und vielleicht auch in Räumen, die nicht nur Klassenzimmer sind.

    Die Trennung von Unterricht und Betreuung muss her, für die Betreuung müssen Fachkräfte her, für den Unterricht gibt es dann auf einmal viele neue Möglichkeiten.

    Ich hab mal 2013 aufgeschrieben, wie ich mir das vorstelle… https://www.advdiaboli.de/2013/04/19/schulvisionen/ Das ist jetzt endlich mal in die Nähe gerückt.

    2. Ich habe selbst die Krise als Befreiung empfunden, weil ich jetzt eine Ausrede habe, Dinge zu tun, die bisher immer kritisch waren. Ich werde regelmäßig beurteilt und mir wird immer erzählt, dass ich doch bitte die Füße stillhalten soll. Wenn ich eine traumatische Erfahrung in meiner Schulkarriere gemacht habe, dann diese. Und jedes Mal, wenn ich tue, was ich für schlauer oder besser halte, ist das meist auch schlauer und besser, und bietet neue Ansatzpunkte.

    3. Die Mikrofortbildungen machen wir auch, die Kolleg*innen legen sich gerade alle ihre eigenen Geschmacksrichtungen von semi-digitalem Lernen zu und wir merken alle, dass die Verwaltung außenrum damit komplett überfordert ist. Geld ist hier in Bayern da, wir sind als berufliche Oberschule eh am Rand der Wahrnehmung, wir können einfach machen, aber es gibt nicht einmal eine Idee, wie wir kommerzielle digitale Tools bezahlt bekommen. Die Software, die wir haben ist teilweise unbenutzbar, hat hohe Benutzungshürden und fällt auch mal aus. Hardware für Lehrkräfte schwankt zwischen „wir haben kein Geld, kauf es dir selbst“ und „hier ist ihr verordnetes Gerät mit verordneter Software“. Beides ist bescheuert, aber niemand fragt nach und auf die einfache Idee, die Gelder denjenigen unkompliziert zur Verfügung zu stellen, die sie benutzen sollen, kommt natürlich niemand.

  2. Thomas sagt:

    Zum Schluss seid ihr ja bei: die Schulen machen das einfach…

    Genau so ist das… wir machen einfach und die oben müssen sich an die normative Kraft des Faktischen halten.

    Denn eins ist klar, wir haben jetzt alle, neuen geileren Unterricht, übrigens den, den wir laut den Fortbildungen immer machen sollten, und wir werden den nicht wegwerfen, nur weil da oben irgendjemand den falschen Film hat.

  3. der Holger sagt:

    nur kurzer Hinweis zu früheren Zeiten. (ist bei mir Jahrzehnte her)

    auch damals gabs schon Klassenteilung. frei nach Wahl aber verpflichtend für jeden Schüler sich eine Zeit zur Anwesenheit auszuwählen.
    gerade für naturwissenschaftl. Unterricht im Labor ging das bei klassenstärken von fast 30 nicht anders.

    UND Zusatz: ich wollte gerade für praktischen Unterricht nie auf Anwesenheit verzichten. Selbst für theoretische Dinge wie „funktion von Computer“ und diesen dann mit den Bausteinen selber zusammenbauen funktioniert sowas nicht virtuell nur am Bildschirm.

  4. Florian R. sagt:

    Kann man die ganzen Kultusminister nicht einfach entlassen und durch die Rektoren der Schulen ersetzen, die am besten durch die Krise gekommen sind?

    Ich finde das Thema Schule bzw. Bildung, denn in den Kindergärten und Kitas sieht es ähnlich aus, so extrem wichtig. Wir als Gesellschaft sparen da ein paar Euro, halsen uns aber damit so viel Probleme auf. Da hängt so unglaublich viel dran:
    – Rassismus
    – Diskriminierung
    – Covidioten
    – Schwurbler
    – AFD-Wähler
    – Antidemokraten
    – Narzisten
    – Warum es in der Klimakrise nicht vorangeht
    – usw.
    Mit besserer Bildung wird man die einzelnen Probleme wahrscheinlich nicht vollständig beheben, aber eine signifikante Verbesserung ist überall drin. Von daher finde ich es so traurig und so unverantwortlich, dass das Schulsystem in Deutschland so schlecht ist.

  5. Titus von Unhold sagt:

    Und bis 2030 werden 25% der Lehrkräfte pensioniert/verrentet. Es wird großartig! 😀

    1. Katrin sagt:

      mein heimlicher Plan B ist ja schon seit langem, Lehrerin zu werden… 😉

      1. Titus von Unhold sagt:

        „Und da wir eine steuerfinanzierte Schule sind, lese ich wie immer am Ende einer Stunde die Namen der Eltern vor, die uns mit dem Einkommensteuerhöchstsatz besonders viel in den Hut schmeißen.“

  6. Jo sagt:

    Bin selber schon eine Weile im Studium, aber sehe an meiner jüngeren Schwester wie schwierig es gerade ist, nicht die Motivation zu verlieren. Sie ist dieses Jahr in die Oberstufe gekommen, übernächstes Jahr Abitur, wenn sie das macht. Momentan ist das aber unsicher…
    Sie und einige um sie herum, die sich auch in einem eigentlich großen und engen Freundeskreis sehr bemühen, alle möglichen Maßnahmen einzuhalten (jetzt wird sich auch vornehmlich nur mit Maske und so gut es geht draußen getroffen), sind super frustriert und verunsichert darüber, in Klassenräumen mit ca. 20-25 weiteren Schüler*innen sitzen zu müssen. Sie sind von Lehrer*innen abhängig, die sich mal mehr mal weniger Gedanken wegen Covid-19 machen und auch mal ohne Maske einen halben Meter vor der vordersten Reihe ihre Erklärungen abhalten oder für Gruppenaufgaben (oder ähnliches) alle Schüler*innen quer durch die Klasse vermischen… Lösung für einige Schüler*innen ist dann möglichst viel Schwänzen, um Infektionsrisiko zu vermeiden (bei einem Freund hat das schon funktioniert: Seine Schule als Infektionsherd in der Region, sehr viele Krankheitsfälle. Doch er ist nicht krank, war ja zum Glück nie da, haha…). Andere halten durch, sind aber ständig in Sorge. Nicht jede*r hat eine gesunde Familie um sich herum. Meine Schwester hat inzwischen immer regelmäßiger mit Panikattacken zu kämpfen.
    Das letzte Mal, als ich sie besucht habe, hat sie sehr mit sich gerungen, ob sie Schule auf diese Weise weitermachen will. Aufs Lernen kann sie sich sowieso kaum konzentrieren. Zum Glück hat sie ein paar starke junge Menschen um sich herum, die sie weiter motivieren, aber verübeln kann ich ihr das Gedankenspiel nicht.
    Was mich von weitem am meisten trifft, ist, wie wenig mit Schüler*innen geredet wird in dieser Situation, wie wenig Entscheidungsmacht sie als direkt Betroffene haben. Alle sind abhängig von einem sehr von ihnen entfremdeten Ministerium und von der persönlichen Meinung einzelner Lehrkräfte. Was schon vor Corona natürlich der Fall war, tritt jetzt gerade besonders zum Vorschein und macht viel zu vielen ein mulmiges Gefühl. So erzieht man nicht gerade eine demokratisch gesinnte Generation…

  7. Timm sagt:

    Vielleicht wäre bei diesem Thema ein Interview mit Margret Rasfeld über ihre Vision von Schule und das Netzwerk ‚Schule im Aufbruch‘ interessant für die Hörerschaft. Da gibt es eine gemeinsame Vision, wie (toll) Schule sein kann, sehr engagierte Schulen, die diese Vision bereits umsetzen und ein kompetentes Kernteam des Netzwerkes, dass es sich zur Aufgabe gemacht, unsere Schullandschaft grundlegend zu verändern. In Niedersachsen fördert der aktuelle Kultusminister glücklicher Weise solche Konzepte und Ideen wie den Frei-Day (https://frei-day.org/konzept/) …

  8. Philipp sagt:

    Nach dem Hören der Sendung hatte ich zwei Fragen:

    1. Mich würde in dem Zusammenhang noch mal interessieren, was ihr eigentlich von den Konzepten der bestehenden (meist privaten) Demokratischen Schulen bzw. Jena-Plan-Schulen haltet?

    2. Was könnte eigtl. der Grund sein, dass sich so wenig bewegt? Sicher ist da politische Starrheit mit beteiligt. Ich hab aber auch den Eindruck, dass es da ein großes Kommunikationsdefizit bei den Leuten gibt, die Alternativen vorschlagen. Eltern und Lehrer für ihre Starrsinnigkeit und (vermeintliche) Faulheit anzugreifen, finde ich da einfach nicht zielführend. Viel wichtiger wäre es, wenn wir Vorbehalte kennenlernen und rausfinden, welche Gefühle auf allen Seiten dazu führen, dass man Veränderungen ablehnt.

    (Ich finde es halt schon schwierig einem Lehrer, der 25 Jahre unterrichtet hat, letztlich zu sagen, dass seine bisherige Arbeit blöd war – viel mehr müsste man ihn dafür begeistern, dass damit auch sein Leben einfacher wird)

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