Zum Tag der Deutschen Einheit wurde viel über Ostdeutsche geschrieben und diese auch befragt. Was die Ergebnisse über die Ostdeutschen sagen und was die Politik jetzt tun kann, das besprechen wir zu Beginn dieser Folge. Wir sprechen über die „Eliten“ als kosmopolitisches Feindbild der Rechten. Es geht um Patriotismus und warum man vielleicht auch irgendwie stolz sein könnte, Teil zu haben an einer demokratischen Gesellschaft, die eine Menge wuppt. Und warum sich alle schämen sollten, die plötzlich die Armen als Argument entdecken, wenn es darum geht, sich vor Klimaschutz zu drücken.
Links und Hintergründe
- ZEIT (Paywall): Jetzt hört mal zu!
- Wikipedia: Bildungssystem in der DDR
- Spiegel: Umfrage zur deutschen Einheit: Ostdeutsche sehen Wiedervereinigung positiver
- Ullstein: Nachwendekinder: Johannes Nichelmann
- Spiegel: Zwickau: Gedenkbaum für NSU-Mordopfer Simsek abgesägt
- Spiegel (Paywall): Ostdeutsche und Russland: Die späte Liebe zum großen Bruder
- Deutschlandfunk: Jugend in Ostdeutschland: Wir waren wie Brüder
- taz: Jugendliche in Ostdeutschland: Wir waren wie Brüder
- Deutschlandfunk: Gesellschaftskritik: Das populäre Feindbild der „kosmopolitischen Eliten“
- Krautreporter: Die AfD und die Medien: Nie wieder Faschismus
- ZEIT: Svenja Schulze: „Man muss es demokratisch lösen“
- Spiegel: Armut von Familien: Nur jedes siebte Hartz-IV-Kind profitiert von Teilhabepaket
- Hartz4.de: Sozialticket: Günstig mit den Öffis unterwegs
- what happened last week? – Newsletter von Sham Jaff
- Süddeutsche: Indonesien: Aufstand gegen die Tugendwächter
- Deutsche Welle: Frauen in Indonesien pochen auf Selbstbestimmung
- Spiegel: Protest in Indonesien: Studenten revoltieren gegen den „Bali Sex Ban“
- tagesschau: Proteste in Indonesien: Ärger über „Kein Sex vor Ehe“-Plan
- Spiegel: Brände in Indonesien: Die vermeidbare Katastrophe
- tagesschau: Stammwerk Rüsselsheim: Sechs Monate Kurzarbeit bei Opel
Gekillte Darlings
- Spiegel: US-Wahlkampf: Wie Elizabeth Warren von der Ukraineaffäre profitiert
- Spiegel: Reaktionen auf Trumps Bitte an China: „Ein Machtmissbrauch, der die Sicherheit des Landes gefährdet“
- qantara: Indiens Muslime unter Narendra Modi: Abgesang auf Gandhi
- tagesschau: Ringen um den Brexit: Johnson will wohl doch um Aufschub bitten
Die Wochendämmerung ist ein hörer*innenfinanziertes Projekt, eine Unterstützung über steady hält das Angebot am Leben.
Zu der sache mit Russland finde ich schon , dass das Land, Menschen und die Politik von den Medien in einen Topf geworfen wird und dadurch ein düsteres Bild bei den Menschen hängen bleibt. Meine kleine Schwester ist jetzt als „freies soziales Jahr“ in Perm. Mehrere Reaktionen von Bekannten war “ Oh Gott Russland“ Was totaler Bullshit ist. Meiner Schwester gefällt es dort.
Was mir auch auf den Sack geht. Das fast immer über die rechten dummen Ossis geredet wird, wie auch in eurer Sendung, obwohl ca 80% laut Wahlen nicht so sind.
Die These von 80 Prozent der Ossis, die weder dumm noch rechts sind, halte ich schon für übertrieben optimistisch.
Bei den letzten sächsischen Landtagswahlen lag die Wahlbeteiligung bei 66,5 Prozent. Die AfD erhielt 27,5 % der Stimmen, die NPD 0,6%, die ADPM (Gründer Poggenburg) 0,2 %.
D.h. noch nicht einmal 48 Prozent der wahlberechtigten Sachsen haben bei der Landtagswahl eine Partei gewählt, die sich von einem völkischen Nationalismus eindeutig distanziert.
Private Geschichten vs. Berichten in den Medien. Familiengeheimnisse. Der unbekannte Onkel auf alten Fotos. Die eigene Familiengeschichte aufarbeiten durch Gespräche.
Hat das schon mal flächendeckend funktioniert? Das brodelt doch üblicherweise als Trauma vor sich hin bis es zu einem radikalen Bruch in der Familie bzw. zwischen den Generationen kommt. War ja keiner Täter sondern alle im Widerstand.
Genug zum 2. Weltkrieg und der Nazizeit, wie war das jetzt mit der DDR Geschichte im Privaten und deren Aufarbeitung?
empfehle das wirklich das Buch von Johannes Nichelmann. Es ist nur ein Ausschnitt und nur ein Anfang – aber es zeigt doch, wie es auch gehen könnte, das miteinander reden.
Wir kommen zwar aus dem Westen aber ich werd mir das Buch trotzdem mal anschauen. Vielen Dank
Kurios, ja aber bei mir zuhause, im Osten, zwei Dörfer weiter waren tatsächlich die Stammtische in der Dorfkneipe, die es jetzt nicht mehr gibt, nach Pkw-Marken geordnet: die Tabifahrer, die Wartburgfahrer, die Ladafahrer… wo die ohne Kfz, die Mopedfahrer und Fahrradfahrer, die nur mit dem ÖPNV über Land fuhren saßen, das muss ich einmal recherchieren.
Hier mal ein kleiner Erklärungsversuch für die „die Bildung war früher Besser“-Aussage der Umfrage:
Wenn (ältere) Ostdeutsche den Begriff Bildung hören, werden sie damit vermutlich als Erstes die Qualität und Anforderung der Lehrinhalte verbinden und nicht (wie Katrin) den Zugang und Zustand des Bildungssystem, sowie seiner „sozialistischen Begleiterscheinungen“ wie die Wehrausbildung, etc.
Wenn hier im Osten der Bildungsverfall bejammert wird, dann auf der Basis der zu geringen inhaltlichen Anforderung an gute Noten und des geringeren Stoffvolumens im Vergleich zur eigenen Ausbildung in der entsprechenden Alters- und Bildungsstufe.
Wenn über schlechtere Bildung geklagt wird, dann kommt den meisten vermutlich gar nicht in den Sinn, daß es Mitbürger gab, die von dieser bessere Form der Bildung auch ausgeschlossen waren. Die Klage über schlechtere Bildung betrifft meiner Meinung nach eben nicht das gesamte System.
Ich kann leider nicht beurteilen, ob der Teil der Bevölkerung der geförderten Zugang zum Bildungssystem der DDR bekommen hat (z.B. Kinder aus damaligen Bauern-Haushalten) dies auch in gleichem Selbstverständnis im damaligen Westen bekommen hätte. (Das ist jetzt übrigens keine Rechtfertigung dafür, daß ein Ausschluß okay ist, wenn man alternativ Menschen fördert die sonst keine Bildung erfahren hätten. Es sollte nur nicht vergessen werden, daß dies ebenso Fakten sind.)
Ansonsten ist da halt auch immer noch dieser Aspekt der sogenannten inneren Emigration. Ja, der DDR-Bürger war unfrei. Ich weiß allerdings nicht ob man sich das vorstellen kann, wenn man das nicht selbst erlebt hat, aber es gab halt ein System im System. Da wo es Limitierungen gibt, folgt Kreativität damit umzugehen. Ich habe das zur Wende (ich war 13) so empfunden, als ob man als DDR-Bürger am Ende lernen würde, dem Staat genau das vorzuspielen was er hören und sehen will, damit man selbst da hin kommt, wo man sein persönlich erreichbares Optimum hat.
So war für meinen sozialistischen Werdegang bereits selbstverständlich, daß ich bei der NVA eine IIRC 3jährige Unteroffizierslaufbahn antreben werde, damit ein wichtiger Grundstein für das Studium gelegt ist. Ich wäre nicht aus sozialistischer oder anderswie militaristischer Überzeugung zur NVA gegangen, sondern weil das halt notwendig war. Es war *normal*.
Und damit kommen wir dann wieder zur Bildung zurück. Da war es im Alltag für viele auch *normal* das bestimmte Bildungswege bestimmten Menschen nicht zugänglich waren. Das ist dann gar nicht als Mangel des Bildungssystems wahrgenommen worden und irgendwie mit schlechter Bildung assoziert worden. Das war halt das Staatssystem mit dem man sich entweder irgendwie arrangieren konnte oder auch nicht.
Deswegen bin ich mir verdammt sicher, daß beim Begriff „Bildung“ hüben und drüben an völlig verschiedene Dinge gedacht wird und es deswegen auch zu dieser (für Katrin) verstörenden Aussage kommt.
Zustimmung. Ich bin zwar nicht im Osten aufgewachsen, habe aber ostdeutsche Kollegen, die in der DDR zur Schule gegangen sind und jetzt ihre Kinder in den ost- oder westdeutschen Schulen lernen sehen. Die gesunkene Anforderung an die Schüler, insbesondere in den naturwissenschaftlichen Fächern, ist das, was von ihnen beklagt wird.
Das Thema mit den gesunkenen Anforderungen ist eine immer wieder vorgebrachte Behauptung, doch leider geht das nach der derzeitigen Studienlage nicht über anekdotische Evidenz hinaus, denn die Lehrpläne weisen sogar mehr Stoff aus:
https://www.quarks.de/gesellschaft/bildung/abitur-das-bedeutet-die-einser-schwemme/
Wo vergleicht dieser Link DDR-Bildung mit BRD-Bildung? Ich find’s auf die Schnelle nicht.
Nebenbei: das DDR-Schulsystem ähnelte dem Finnischen, hatte also deutliche Unterschiede zum heutigen System. Dementsprechend haben viele Ostdeutsche eine andere Perspektive auf die Bildungspolitik.
https://de.wikipedia.org/wiki/Bildungssystem_in_Finnland
https://de.wikipedia.org/wiki/Bildungssystem_in_der_DDR
https://de.wikipedia.org/wiki/Bildungssystem_in_Deutschland
Ich habe nur auf den letzten Satz meines Vorredners geantwortet.
Der ausgewiesene Stoff ist eine Seite; auf der anderen Seite wird mit frisch gebackenen Abiturienten an der Uni Bruchrechnen geübt.
Ich denke auch, dass es um Inhalte und nicht um den Zugang geht. Und da sieht es leider beim westdeutschen Bildungskanon sehr sehr mies aus, international gesehen. Es mag zwar sehr anekdotisch klingen, aber da draußen laufen genug Leute rum, die nicht zwischen Japan und China unterscheiden können.
Ich stamme aus Rumänien und habe dort den Unterricht genossen, zumindest bis zur 5. Klasse. In einer deutschen Schule übrigens, denn damals war es eine Selbstverständlichkeit, für Minderheiten wie Deutsche oder Ungarn eigene Schulen bereit zu stellen. Natürlich hatten wir auch rumänisch unterrichtet bekommen, aber Mathe wurde halt deutsch unterrichtet. Der Wechsel auf das Gymnasium hier war eine Katastrophe. Ich habe mich 2-3 Jahre gelangweilt. Das einzige Fach, bei dem ich Einstiegsschwierigkeiten hatte, war Englisch (hatten wir damals nicht), aber das war auch schnell erledigt. Geschichte gab es in der Jahrgangsstufe nur die Römer und Griechen, das war noch nicht so politisch. Und wenn man schaut, was im Westen so unterrichtet wird – Stichpunkt Religionsunterricht – kann man sich da schon fragen, ob man das nicht beispielsweise mit der angeprangerten Staatsbürgerkunde ersetzen sollte. Jetzt nicht so gefärbt wie damals, klar.
Wenn ich mich mit Eltern unterhalte, die von anderswo herkommen, dann schlagen alle die Hände über den Kopf, wenn es um die Qualität der Bildung in Deutschland geht. In Japan beispielsweise ist man beim Schulstoff auch bereits in der 5. Klasse um Jahre voraus. Die Leute hier haben ein sehr interessantes Bild davon, was die eigene Bildung angeht. Auch die hoch gelobte duale Ausbildung – wenn man beispielsweise nach Japan schaut, da ist man halt nicht in 2-3 Jahren ausgebildet. Ein angehender Schwertschmied schaut erst mal so lange zu, bevor er einen Hammer anfassen darf. Und das ist nicht nur bei so traditionellen Berufen der Fall. Wenn man in eine Firma aufgenommen wird, kommt man automatisch in Ausbildungskurse, und zwar alle zusammen. Klar wird dann später getrennt und natürlich sind die Aufstiegschancen nicht die gleichen. Dass das in Deutschland so sei, halte ich aber für eine sehr steile These. Ich kenne persönlich noch Leute (in Westdeutschland) , deren Eltern es den Kindern verboten haben, auf das Gymnasium zu gehen. Klar, war nicht der Staat.
Danke für den Kommentar. Muss ich ihn nicht tippen 😉
Zwei Aspekte, die da vielleicht noch unterschwellig mitschwingen:
1. So eine Form von falsch verstandener PC, dass heutzutage zu viel Rücksicht auf Schwächere genommen wird. „War doch bei uns auch nicht. Hat uns doch auch nicht geschadet.“ usw…
2. Die Entwertung der Errungenschaften die es in der DDR ja gab. Die Aussage, dass das DDR-Bildungssystem dem westdeutschen überlegen war, wird (unabhängig von der Zugangsdiskussion) immer noch vehement verteidigt, aber nichts (oder nur sehr wenig) davon wurde bei der Einheit behalten. Die gleiche Diskussion kann man auch über NVA vs. Bundeswehr führen, nur meiner Meinung nach deutlich berechtigter 😉
Wie gesagt, das sind nur Aspekte die der Diskussion zu Grunde liegen. Vielleicht nicht ganz unbegründet, aber ich bin zu jung, um das bestätigen oder entkräften zu können. Ich weiß nur, wie da geredet wird.
Danke für die detailreiche Aufzählung dessen, was Arme tatsächlich benötigen! Mit allen genannten Punkten gehe ich konform. Ich bin Mitte 40, im Westen auf dem Land beheimatet und aus psychischen Gründen erwerbsunfähig, beziehe lediglich Grundsicherung. Man kann sich irgendwie arrangieren, aber die Stigmatisierung trifft besonders hart. Nur ein klein wenig Solidarität würde guttun. Stattdessen wird oft das Bild des faulen Arbeitsverweigeres gezeichnet. Die wenigsten machen sich klar, dass derart Betroffene tatsächlich gerne ein ausfüllendes Arbeitsleben hätten.
Zu Holgis Aussagen zu den Ost-Umfrageeregbnissen: Ich verstehe nicht, warum du meinst, dass es sich um eine Meinung weniger handelt, die nicht auf alle Ostdeutschen verallgemeinert werden darf (4:25 „DIE Meinung DER Ostdeutschen“). Wenn tatsächlich 88% der Ostdeutschen der Meinung sind, dass das Angebot an Waren und Dienstleistungen besser geworden ist, dann kann man schon mal von DER Meinung DER Ostdeutschen sprechen. Oder du sprichst der Umfrage die Representativität ab.
Und meiner Meinung nach machst du doch häufig genug in etwa dasselbe, oder nicht? (vgl. z.B. 19:20, „ich spitze einfach mal zu, das macht’s einfacher: dass ich niemand politisch engagiert“).
Zweiter Punkt: Meiner Ansicht nach ist die ganze Emanzipation, wenn sie nur auf Frauen/Männer bezogen wird, viel zu kurz gedacht. Wieso sollte es keine Ostdeutschen-Quote geben? Zugegeben, es ist schwierig eine repräsentative Besetzung der Ämter zu machen, so dass entsprechend viele Ostdeutsche, Behinderte, Schwarze, Männer, Muslime, Junge usw. beteiligt sind. Trotzdem ist es die Sache doch sicherlich Wert einem großen Teil der Bevölkerung, der sich schlecht repräsentiert fühlt, z.B. durch eine Quotenregelung mehr Gehör zu verschaffen.
Die Fragen nach der Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppen („Ab wann ist man Ostdeutscher?“, „Was zeichnet eine Frau aus?“, etc.) sind wahrscheinlich im Zweifelsfall immer auf eine ähnliche Weise schwierig.
Ich glaube, Quarkspeise hat in vielem Recht.
Hinzu kommt: Das Schulsystem innerhalb der DDR war sehr homogen und stark an klassischer Wissensvermittlung orientiert. Innerhalb der Bundesrepublik bestanden und bestehen insoweit
riesige Unterschiede zwischen Bayern und Baden-Württemberg, wo auch noch relativ viel klassisch gelernt wurde, und Ländern wie Nordrhein-Westfalen und Bremen, wo das weniger angesagt war und ist.
Ein paar Jahre nach der Wiedervereinigung gab es im Spiegel mal so einen Allgemeinwissens-Test, wo gerade in solchen klassischen Bildungsfragen (Welchen Titel und welchen Verfasser hat das Gedicht, das mit den Worten „Ich weiß nicht, was soll es bedeuten“ beginnt?) Absolventen von DDR-Schulen deutlich besser abschnitten als Absolventen von Westschulen. Das galt selbst für die Frage „In welchem Jahr wurde die Bundesrepublik Deutschland gegründet?“!
3 Anmerkungen:
Bei Quotenregelung egal bei welchem System bin ich mehr als skeptisch. gleichgültig ob die Quote nach Gewicht, Körpergrösse, Haarfarbe, Hautfarbe, Herkunft oder Geschlecht geht für dies immer zu einer Art Rassismus. „sie kriegen hier den Job nicht mit blonder Haarfarbe es muss derzeit rot sein“.
Eine Entscheidung sollte – nein muss – immer nach Emphatie, Menschlichkeit, Fachwissen Kreativität erfolgen. Egal ob Auswahl für Friseur oder Astronaut.
zum Nahverkehr. Ich bemerke durchaus dass ihr in der sog. staädtischen Filterblase lebt. Kostenloser Nahverkehr klingt gut, bringt aber nix, wenn es diesen wie auf dem Land garnicht gibt.
Hier muss erstmal das Angebot gemacht werden und sei es in Form von Zuschuss fürs Taxi von vielleicht 50% (das gibt es in einer Nachbargemeinde erfolgreich leider nur für Pensionäre/Rentner und Schüler/Studenten. Andere Idee ist Rufbus oder Mitfahrbank (in der Art wie früher trampen). Die traditionellen Angebote wie S- U-Bahn, Linienbus lohnt sich weder ökologisch noch ökonomisch bei nur 1-2 Fahrgästen Und auch dann betragen die einzelnen Wege zu diesen Punkten ja noch immer 1-2 Kilometer.
Ich kann nicht für mich persönlich sprechen denn noch erlaube ich es mir täglich bis 50km mit dem Fahrrad zu fahren ausser im Winter. Da leiste ich Auto, Alternative ist leider 2km Fussweg zum Bahnhof und dann erneut 1km zum Arbeitsplatz.
und Nein: es kann niemals jeder in der Nähe zum Arbeitsplatz wohnen. Dort ist Wohnraum teurer wegen erhöhter Nachfrage. Es muss auch den ländlichen Raum geben . dort ist Wohnraum billiger wegen mangelnder Nachfrage mit dem Nachteil von geringerem kulturellen medizinischen und Infrastruktur Angebot. Jeder wählt das was gewünscht ist
zur Kurzarbeit:
derzeit wird seit gefühlt einem halben Jahr bewusst auf staatliche Kurzarbeit verzichtet und vorwiegend Zeitkonten „ins Minus“ gefahren. Es muss vor einiger Zeit eine gesetzliche Änderung gegeben haben die es für den Arbeitgeber erheblich verteuert wegen Sozialabgaben die wohl weiter auf den ursprünglichen Bruttolohn gelten statt auf den reduzierten Kurzarbeitsbruttolohn.
Wenn Arbeitgeber nun auf staatliche Kurzarbeit ausweiten sind die schon einen Schritt weiter weil die Zeitkontenreduzierung mit Wochenarbeitszeitkürzung ziemlich sicher gesetztlich zeitlich befristet wird.
Der Arbeitnehmer hat bei beiden Varianten durchaus Netto-kürzung. Staatlich nur teilweise ausgeglichen und wenn gewerkschaftlich im Tarifvertrag (etwa Metall) noch zusätzlich etwas erhöht.
wie ist der Titel von dem Buch was erklärt, warum wir gegen eigenes Interesse wählen?
Im Grunde steht das in allen Büchern von Ulrike Herrmann (Autorin der taz) irgendwie, speziell angesprochen war „Hurra, wir dürfen zahlen“. Hier die Vorstellung ihres neuesten Werks von Ende September: https://www.youtube.com/watch?v=SLtHyx5ekTw
Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer bzw. sollte schlauer sein, aber es hätte vermutlich sehr gut getan, wenn man wirklich einen Neustart gemacht hätte: neue Hymne, neuer Name (Deutsche (Bundes-)Union?), neue Verfassung, neue Bundesländer – was gegen die spaltende Erzählung „Neue gg. alte Bundesländer” gewirkt hätte –, neue Bundeshauptstadt, …, usw. usf..
So war/ist die Wiedervereinigung eine Gebietserweiterung der BRD um das Gebiet der DDR.
Ich bin bei dem Thema Nationalfeiertag voll bei holgi. Ich bin im Osten geboren und aufgewachsen und wohne mittlerweile wieder in Dresden. Der Mauerfall ist für mich, obwohl ich damals Kleinkind war, durchaus emotional besetzt. Mit dem 03.10. verbinde ich aber auch nichts. Ich vermute ja, dass der 09.11. unser nationale Feiertag wäre, wenn dieses Datum nicht mit der sogenannten Reichspogromnacht 1938 verknüpft ist und das kann ich auch verstehen. Dieser Tag wäre zwar irgendwie ein gutes Abbild der deutschen Geschichte, ich tune mich aber mit Freudenfesten am 09.11. schwer. Daher ist der 30.09. vielleicht wirklich eine gute Idee!
Wieso der 30. 9.? Weil da außergewöhnlich viele DDR-Bürger am selben Tag „rüber gemacht haben“? Sowas wie Ballonflucht XXL? Mit Vorankündigung im Westfernsehen (ARD und ZDF hatten zuvor ausführlich davon berichtet, daß man vor Verfolgung durch die DDR sicher ist, und auf ein baldige Ausreise hoffen kann, wenn man es in die Prager Botschaft schafft)? Was hat das mit Einheit zu tun? Aus ostdeutscher Sicht würden sich der 9.10. oder 4.11. anbieten – der Tag, an dem die Staatsmacht in Leipzig die Demonstranten erstmals gewähren ließ, bzw. der Tag der größten Wendedemo auf dem Alex, aber damit könnten die Westdeutschen wieder nichts anfangen. Der 3.10. war halt nur das Ende der DDR – etwas, was den Westdeutschen einfach nur zugestoßen ist, und für die Ostdeutschen lediglich das Ende eine langen Wartezeit war (mit Unterzeichnung der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion am 18. Mai war das Ende der DDR besiegelt, und das Land stand bis zur Wiedervereinigung am 3.10. so gut wie still).
Die ganzen Daten für einen Nationalfeiertag (3.10., 30.9. 17.6.* oder 9.10. etc) sind alle nur zweite Wahl und eiern um die Tatsache herum, das der 9. November der Tag ist, der den meisten Menschen, Ost wie West, emotional und persönlich rund um die Wiedervereinigung am besten und positiv in Erinnerung ist.
Daher halte ich den 9.11. als Nationalfeiertag für am besten geeignet.
Muss/Soll ja kein reiner Jubel Tag sein sondern eher ein Nationaler-Gedenk-Tag, an dem der ganzen deutschen Geschichte gedacht wird, also sowohl den dunklen Seiten als auch der Mauerfall als Zeichen einer friedlichen Revolution. Am 9.11. 1918 war übrigens auch die Abdankung Kaiser Wilhelm II und somit eine Wegmarke zur Weimarer Republik. Bezüglich der deutschen Geschichte ließe sich also an so einem Tag durchaus ein guter Bogen spannen. Mit einem positiven Highlight zum Abschluss (9.11.1989)
* der 17.6. war in West Deutschland bis zur Wiedervereinigung der Tag der deutschen Einheit. Der Anlass war die blutige Niederschlagung des Aufstands vom 17.6.1953 in der DDR. Auch nicht gerade ein Anlass zum Jubeln und als Feiertag Richtung Osten auch ein eher politisches Statement.
Das mit der Abdankung von Willi II ist etwas schwammig verlaufen; da eignet sich an ebenjenem 09.11.1918 eher die Ausrufung der Republik durch Scheidemann als Bezugspunkt.
Ausserdem ist noch der 09.11.1923 zu nennen, an dem Hitler und Ludendorff einen erfolglosen Putschversuch gegen die bayerische Staatsregierung (mit dem Ziel, darüber auch die Reichsregierung zu stürzen) unternahmen.
Ausrufung der Republik ist natürlich, im Sinne eines Gedenktages, noch besser.
Und der gescheiterte Putsch ein weiterer Eckpunkt in Deutschlands wechselhafter Geschichte zum heutigen Tag.
Ich möchte Norbert voll zustimmen würde ebenfalls für den 9. Oktober plädieren. Genau heute vor 30 Jahren entschied sich, ob es eine friedliche Revolution werden würde oder nicht. Tausende Leipziger haben damals ihr Leben riskiert. Die „Chinesische Lösung“ (nach Vorbild des Tian’anmen-Massakers) stand schließlich noch als mögliches Szenario im Raum. Erst als klar war, dass die Demonstrationen nicht gewaltsam niedergeschlagen werden würden, kam es zu weiteren Massendemonstrationen und jene Ereignisse nahmen ihren Lauf, die schließlich zum Mauerfall und zur Wiedervereinigung führten. Insofern stellt der 9.10.1989 einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte dar.
Meine persönliche These, warum dieser Tag ein wenig in Vergessenheit geraten ist: In der Prager Botschaft stand ein westdeutscher Politiker im Scheinwerferlicht und hatte die volle mediale Aufmerksamkeit für sich. Es entstanden bildgewaltige Aufnahmen mit Gänsehautfaktor, die im „Westfernsehen“ rauf- und runtergesendet wurden, so in der Erinnerung der westdeutschen Medienschaffenden hängengeblieben sind (siehe z.B. Holgi) und somit bis heute in Geschichtsdokus gezeigt werden. Von den Ereignissen in Leipzig hingegen konnten ARD und ZDF keine solchen einprägsamen Bilder liefern. Und schon sind sie nur noch eine Randnotiz der Geschichte.
Alternativ – um der Reichsprogromnacht entgegen zu wirken – könnte man doch auch dann den 10. November nehmen, denn da wurde es doch erst wirklich anders. Der erste Schlagbaum an der Bornholmer Straße ging doch erst >23:30 überhaupt auf.
Jaja, die legendäre Verkündung von Schabowski – ich weiß schon.
Aber eigentlich ist der 9. November trotzdem gut – im Guten und auch im Schlechten. Da ist halt viel passiert und man sollte an vieles erinnern. Wer eine Nazi-Gesinnung hat und für den die Reichsprogromnacht was gaaanz tolles war, macht das sowieso und läßt sich durch Feiertag oder nicht davon abhalten.
Die deutschlandweit aus Berlin gesteuerten Pogrome begannen auch erst etwa ab Mitternacht, also am 10. November und gingen in vielen Fällen erst nach Tagesanbruch am 10. November los. Insofern hat der Begriff der PogromNACHT fast etwas beschönigendes, weil er verschleiert, dass die Verbrechen am hellichten Tage begangen wurden. Jeder hätte sie wahrnehmen können.
Es gab tatsächlich mal den Vorschlag zwei Feiertage einzurichten: den 9. November für die Ausrufung der Republik und den Mauerfall und den 10. November für die Pogrome an den Juden. Wo man da den Hitlerputsch einsortiert hätte, weiß ich nicht mehr. Aber der scheint mir ohnehin ein seltsam unterbelichtetes Stück Geschichte.
Moin,
da ich in Kiel lebe, und die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit auch besucht habe, wollte ich eine Anmerkung loswerden.
Nämlich, dass durchaus ein breites Publikum angesprochen wurde und auch unterwegs war. Also überwiegend ältere Menschen habe ich nicht gesehen, auch Student*innen und Migrant*innen waren im großen Maße dabei und die ganze Feier war echt gelungen (so meine Sicht auf die Dinge)
Disclaimer: Ich lebe und arbeite seit knapp 12 Monaten in Jakarta.
Um die Konflikte und den ganzen Sachverhalt in Indonesien etwas besser einzuordnen, hier noch ein paar weitere Hintergrundinfos:
Die Indonesier haben erst seit ca. 20 Jahren die Demokratie, vorher hat 30 Jahre ein ehemaliger General das Land geführt.
Der balinesische Teil, den viele Leute aus dem Westen so gut kennen, macht nur 5 Mio der knapp 250 Mio Einwohner aus. Der größte Teil der Bevölkerung ist vorwiegend muslimisch. Selbst in den internationalen Konzernen in Jakarta werden Meetings mit Rücksicht auf Gebetszeiten etc. gelegt. Zwar werden nicht alle Regeln des Islams in der Hauptstadt so krass ausgelegt, wie z.B. im Mittleren Osten, aber die soziale Kontrolle ist sehr sehr stark. (genauso wie in anderen Ländern Asiens)
Auf dem Land sieht die Sache dann noch ganz anders aus. Hier geht es soweit, dass in der Provinz Aceh (nördl. Sumatra) die Scharia gilt.
Auch was das Thema Gewalt angeht, ticken die Indonesier doch anders, als man auf den ersten Blick in Bali vermuten würde. Als Uber (&andere Services) hier vor 5 Jahren angekommen sind, war die Begrüßung nicht sehr freundlich. Fahrer der Internetdienste, die lokalen Taxifahrern das Geschäft kaputt gemacht haben, wurden von eben diesen zusammengeschlagen und die Autos demoliert/zerstört. Dies fand von Jakarta bis Bali überall statt.
Ende der 90er als der alte General abgedankt hat, gab es krasse Ausschreitungen gegenüber Minderheiten mit mehr als 1000 Toten.
Laut Kollegen findet teilweise Lynchjustiz auf dem Land noch aktiv statt….
Der „neue“ Präsident Jokowi ist im April wiedergewählt worden. Von den zwei Kandidaten, die in der Stichwahl übrig geblieben sind, ist er der liberale Part. Der Gegenkandidat war ein ehemaliger General und muslimischer Hardliner. Als dieser die Wahl verloren hatte, hat er auch zu Protesten aufgerufen. Dabei kam es in Jakarta auch zu mehreren Toten…
Um die Wahl zu gewinnen hat Jokowi einen Schritt in Richtung der Konservativen und einen islamischen Kleriker zu seinem Vizepräsident gemacht. Der religiös motivierte Teil der Politik, die wir jetzt sehen, kommt höchstwahrscheinlich vom neuen Vizepräsident.
Die junge Generation (vorwiegend Studenten), die gerade demonstriert, hat wahrscheinlich ein anderes Bild von der Welt als ihre Eltern. Sie wachsen sehr viel stärker westlich geprägt auf, sie kaufen in den Malls bei den gleichen Läden wie wir ein. Schauen die gleichen Serien auf Netflix wie wir. Klar dass dort ein Konflikt der Weltanschauung entsteht.
Vielen lieben Dank für diese Hintergründe und Einordnung!
Dem schließe ich mich an.
Indonesien ist ein krasses Black Hole für mich. Den allermeisten der von Jin und in der Sendung erwähnten Aspekte war ich so halbwegs am Rande gewahr. Sehr am Rande. Fliegt halt manchmal so vorbei. Meistens in Überschriften (wenn überhaupt).
Das ist nach Bevölkerung der fucking viertgrößte Staat des Planeten. Und der größte muslimische.
Wie in Gottes Namen kann das sein, dass sich die von mir wahrgenommene Weltöffentlichkeit so dermaßen einen Scheiß darum schert, was dort abgeht? Insbesondere, wenn alles, was ich seit Jahrzehnten (in weiten Abständen) hier und dort doch mal wahrnehme, quasi ausnahmslos verstörend ist? Kapier ich nicht. Treibt mich schon seit langem um (so ein bisschen und in den genannten weiten Abständen, ich bin natürlich genauso ignorant wie jeder andere).
Zum Thema was Bedürftige benötigen und nicht entzogen werden dürfte fehlte mir das Wasser.
Persönlich wird mir ALG II seit 07/2016 verweigert und dem zu folge wurde mir in 08/2017 das Wasser abgedreht.
Zum Glück regnet es in Bremen oft und ich lebe in einem eigenen Haus so das dies für mich lösbar ist.
WTF. Echt? Seit 2y kein Wasseranschluß?
Liebe Katrin, lieber Holger,
exmplarisch an der geführten Ost/West Debatte plädiere ich für die Sensibilisierung zum lösungsorientierten Denken anstatt im problemorientierten Denken zu verharren. Eine lösungsorientierte Sichtweise zur O/W Debatte wäre zB eine Vision einer gleichmäßig- durchmischten, heterogenen Gesellschaft in Deutschland. Maßnahmen wie eine „Ost-Quote“ verharren im „weg vom Problem“ -Denken – denn man versucht Abgrenzung durch abgenzenden Maßnahmen aufzulösen – es führt aber idR zu mehr Abgrenzung. Erst wenn sich der Fokus vom Problem löst, können wir uns hin zur Vision wenden. So wichtig auch problemorientiertes Denken für eine Analyse und Interpetation eines Problems ist, bin ich der tiefen Überzeugung, wenn wir als Gesellschaft lösungsorientiertes Handeln zu unserem favorisiertem Lösungsmodell machen, verlieren wir endlich den Fokus von unseren Problemen (groß oder klein), lösen uns von ihnen und können sie endlich überwinden. Schritt eins ist Bewußtsein für diesen Paradigmenwechsel schaffen ,zB öfter öffentlich (zB hier im Podcast) lösungsorientiert denken und debattieren.
Richtig ist auch, daß es manchmal erst aufgrund abgrenzender Maßnahmen wie zB der Frauenquote gelingt eine breitere Mehrheit für das Thema zu sensibilisieren – zum Überwinden wird es aber niemals führen.
Liebe Grüße,
-sowohl-als-auch-
Meine Freundin bekommt kein Bafög mehr und KFW-Studienkredit ist bereits verwendet worden. Dadurch finanziere ich Miete, Lebensmittel, Auto etc.. Sie ist damit in eine Abhängigkeit gebracht und ich bin „unfrewilliger“ Finanzierungspartner.
Zusätzlich startet sie, weil sie arme Eltern hatte mit 10.000 Euro Bafögschulden und ca. 10.000 Euro KFW Schulden. Chancengleichheit?
ja, genau so etwas meine ich. Das ist typisch für Deutschland. 🙁
Zu Schweden und dass dort Student*innen einfach 300 € jeden Monat geschenkt bekommen, hatte das Handelsblatt einen Hintergrund-Text: https://orange.handelsblatt.com/artikel/39813
Das erinnert mich an etwas: https://www.mdr.de/zeitreise/stoebern/damals/artikel75588.html#sprung4
Es gehört zu einer ordentlichen Bildung dazu, daß der sich bildende keine Sorgen um die Sicherung seiner Grundbedürfnisse haben sollte.
Ich bitte um Entschuldigung, wenn die Frage zu indiskret ist: Wie viele Semester hat denn Deine Freundin schon in wievielen Studiengängen studiert, wenn BAföG und KfW-Studienkredit nicht mehr gewährt werden?
Ich sehe keinen Anlass für die Suggestivfrage „Chancengleichheit?“ am Ende des Posts, da doch GERADE ersichtlich ist, dass die Freundin trotz armer Eltern studieren durfte, weil wir Bafög und KfW-Studienkredite haben. Dadurch fallen ganz immense Hürden weg.
Abseits davon, hat Tarifkenner auch schon die Frage aufgeworfen: Wie lange dauert das Studium denn schon?
Ich selbst komme auch aus einem armen Haushalt und hatte Anspruch auf Bafög.
Zur Wahrheit gehört auch, dass man die Hälfte geschenkt bekommt und die andere Hälfte zinslos zurückgezahlt wird, und das auch nur bis zur Deckelung von 10.000 €. Mit monatlichen Beträgen von ca. 100 €. Das finde ich absolut fair und stellt aus meiner Sicht absolut keinen Nachteil dar.
Ich würde mich auch gegen eine Art Taschengeld für Studenten, wie in Schweden, aussprechen. Ich sehe die Legitimation nicht. Ein Studium stellt aus meiner Sicht eine bewusste Entscheidung, sich an einer kostenlosen (!) Universität fortzubilden. Schon das ist keine Selbstverständlichkeit und wird auch von Menschen über Steuern finanziert, die diese Möglichkeit nicht haben und nie haben werden.
Ich sehe aber auch den Punkt des Erwachsenwerdens, der durch die stückweise Selbstfinanzierung hinzukommt.
@ Katrin – bzgl. negativer Russland Darstellung:
Ich gebe dir recht, das in Anbetracht der Repressionen ggü. liberalen/kritischen Millieus in Russland die Umfrageergebnisse absurd erscheinen.
Ich selber habe all diese Dinge auf dem Schirm, würde aber trotzdem zu einer ähnlichen Aussage kommen.
Russland Dokus im dt. Fernsehen drehen sich häufig um Oligarchen, Leute in engen kaputten Wohnungen oder das harte Leben von alten Menschen in Dörfern. Es ist wichtig diese Lebensrealitäten zu zeigen, aber es erklärt nicht warum Leute seit zig Jahren Putin wählen. Und das hat, soweit ich es einschätzen kann, mit der Verbesserung und Stabilisierung der Lebensverhältnisse vieler Menschen in Russland zu tun.
Es ist auch auffällig wie in Serien und Filmen in den letzten Jahren die Figur des „bösen Russen“ wieder so normal ist, wie zu Zeiten des Kalten Krieges. Brutaler Geheimdienstler, korrupter Apparatschik oder Gangster – so isser der Russe. Stoffe über die DDR so diffamierend und undifferenziert zu drehen, würde sich heute niemand mehr trauen.
Okay, es mag schon oft einseitig rüberkommen. Aber gilt das für Russland in einem besonderen Maße? Oder berichten wir nicht auch über GB, USA, Türkei usw kritisch? Neulich beschwerte sich Helena in den Kommentaren, die Türkei würde immer zu schlecht dargestellt.
Das kommt auch daher, dass Nachrichten meistens außergewöhnliche Situationen berichten, zB demos oder wenn jemand umkommt oder verhaftet wird oder oder oder. wenn alle gut läuft, ist es halt auch keine nachricht. Da kommen dann Dokus und Features ins Spiel. Und da kenne ich die von dir genannte Stereotype Darstellung jetzt nicht so, aber ich konsumiere vielleicht auch zu einseitig (arte, DLF, WDR und Co…)
Genau, positive Nachrichten sind scheinbar nicht würdig gesendet zu werden.
In der Gesamtheit (Nachrichten, Fernseh-Dokus, Filme, Serien) ist die Russland Darstellung gefühlt negativer als bei anderen Ländern. Das beziehe ich in erster Linie auf Produktionen aus Deutschland, UK, USA. Aber auch Norwegen hatte mit „Occupied“ eine Serie, wo ich beim Plot schon den Kopf schüttel. In polnischen Produktionen findet man natürlich auch diverse Beispiele …
Also, ich bin, äh, HartzIV-Empfängerin. Und ich merke grade, dass es mir fast so unangenehm ist das aufzuschreiben, wie gezwungen zu sein, damit auf die Frage „Und was machst du beruflich?“ zu antworten.
Aber ich kann vermutlich ein bisschen was zu dem sagen, was arme Menschen brauchen.
Ich stimme Katrin erstmal zu, grade was die Öffis angeht.
Ich lebe z.B. in einer Kleinstadt, die immer weniger zu bieten hat. Erst dieses Jahr musste unsere einzige Psychologin aus gesundheitlichen Gründen schließen. Wir haben hier nun keinerlei psychologische Hilfe mehr und sind gezwungen, ein ganzes Stück zu fahren, wenn wir welche in Anspruch nehmen wollen/müssen.
Ich weiß, dass hier nun einige Leute in der Luft hängen und, wie ich (autolos, auf das Fahrrad angewiesen), nicht wissen, was sie machen sollen.
Ähnliches passiert hier grade auch mit anderen ÄrztInnen. Ich war vor zwei Jahren gezwungen, auf eine Gynäkologin/Onkologin in einer anderen Stadt auszuweichen. Wenn ich zur Vorsorge gehe, muss ich in der Familie betteln und mich da mit der Fahrtzeit abstimmen. Aber da wird immerhin kein Geld verlangt.
Mit den Öffis müsste ich Bus, Zug, nochmal Bus fahren – und das ganze natürlich auch wieder zurück. Das kann und will ich nicht bezahlen.
Was für mich ebenfalls ein großes Thema ist (und das ist jetzt super subjektiv und vielleicht nicht für alle verständlich), ist das Porto.
Meine größte Leidenschaft sind Bücher und trotz E-Reader (Rechtfertigung: ein Geschenk) ertrinke ich darin. Natürlich müssen die so günstig wie möglich her, darum bin ich über meine vielen Rezensionsexemplare glücklich und ich kaufe auch oft gebraucht. Meine Hauptquelle ist aber der Tausch. Ich bin auf sehr vielen Tauschseiten aktiv und es flattern jede Woche Bücher rein und raus.
Ab 01.01.2020 gelten bei der Post jedoch die neuen Preise für Bücher- und Warensendungen. Die sind nicht nur ein ganzes Eckchen höher, die Bücher dürfen auch nur noch ein bestimmtes Gewicht haben und müssen bei geringem Überschreiten schon als Päckchen versendet werden. Das wird mir das Leben ziemlich erschweren.
Ich weiß da auch von anderen ALGII-Empfängerinnen, die Klamotten tauschen/verkaufen, sich mit Häkel- und Näharbeiten was dazu verdienen. Auch die wird das ziemlich treffen.
Darum fände ich ermäßigtes Porto gut, das wäre mir eine große Hilfe. Aber ich weiß natürlich auch, dass niemand ein Recht hat, etwas zu verschicken.
Mein größter, sagen wir mal, Wunsch, so als arme Person, hat jedoch nichts mit Geld zu tun, sondern mit meinem Eingangssatz: Ich hätte so gern mehr Verständnis und möchte nicht mehr stigmatisiert werden.
Es ist so schlimm, die Gesichter zu sehen, wenn man sagt, dass man in Moment keinen Job hat.
Ich schäme mich so oft in Grund und Boden.
Ständig habe ich das Gefühl, mich rechtfertigen zu müssen: nein, ich trinke keinen Alkohol, nein, ich rauche nicht, ich habe kein Auto, kein teures Handy, ich bin Vegetarierin, versuche, sehr gesund zu leben, mache Sport etc. – um nur ja nicht dem Klischee einer „typischen Hartzerin“ zu entsprechen.
Verständnis brauchen Menschen wie ich aber auch ganz dringend von Seiten des Jobcenters.
Als ich noch in der Großstadt gelebt habe, hatte ich einen Fallmanager, der mir meine schweren Depressionen und Angststörungen nicht glauben wollte, weil ich „doch gut aussehe, geschminkt bin, Schmuck trage“.
Meine damalige Psychiaterin musste dem dann einen Brief schreiben, in dem sie ihm erklärte, dass er mit zur Verschlimmerung meines Zustandes beiträgt (habe mich irgendwann nicht mehr getraut, mich an Tagen mit Termin beim Amt zurechtzumachen und zu schminken, dabei war das aber immer etwas, was mir hilft das Haus verlassen zu können).
Mittlerweile habe ich eine gute Fallmanagerin, die, weil selbst betroffen, meine Situation besser versteht.
Es kann aber nicht sein, dass das sozusagen ein Glücksspiel ist, ob man da gut oder schlecht behandelt wird.
Puh, ganz schöner Roman geworden… da musste ich mir wohl was von der Seele schreiben, sorry. 🙂
(Übrigens, liebe Katrin: mag sein, dass ich eine von den „Hackfressen“ bin, denen du nach deinem Irlandsbesuch so begegnest. Ich gucke sehr verkniffen, wenn ich versuche, den Einkauf zu überleben. Ich bin gar nicht böse oder schlecht gelaunt – ich versuche einfach nur zu schaffen, was mir manchmal unmöglich erscheint.
Einer der Sätze, die mir aus der Tagesklinik hängen geblieben sind: man kann den Menschen nur bis vor die Stirn gucken. Bitte nicht übel nehmen oder als miesen Charakter einstufen. :))
Liebe Ani,
vielen Dank, dass du deine Erfahrung mit uns teilst.
Ich habe das Bücherthema irgendwie aus der Illusion heraus ausgeklammert, dass es ja Bibliotheken gibt – aber klar: Erstens muss man dafür im Zweifel natürlich auch wieder in die Stadt kommen und dann will nicht jedeR ständig raus und mit anderen Menschen zu tun haben, insofern ist die Sache mit dem Porto interessant. Wobei man hier glaube ich ganz generell sagen sollte, dass Hartz IV erhöht werden muss – weil bei dir ist es das Porto, bei jemand anderes das Hundefutter oder was auch immer. Es gibt immer Interessen, kultureller Art oder Hobbys – und da greift das alles viel zu kurz.
Was mir auch noch wichtig ist: Meine erste Reaktion ist eben: Örks, Hackfressen – aber genau da fängt dann das Umdenken eben an: Ich lächle dann auch „Hackfressen“ an, weil eben: Sie gucken ja auch nicht ohne Grund so und irgendwie wäre es ja schön, wenn sie jemand an einem miesen Tag mal anlächelt oder in ihrer Depression oder wenn sie ungern unter Menschen sind – egal warum! Es geht eben genau darum, dass ich mich nicht mehr ärgern will, sondern selbst die Veränderung sein will, selbst offener werden und damit dazu beitragen, dass es auch den anderen besser geht. ich denke, dass gerade Menschen mit Angststörungen davon profitieren würden, wenn die Umwelt draußen freundlicher wäre. Ich selbst habe auch meine Geschichte mit Depression und es geht mir in Irland immer besser, weil dort die Menschen freundlicher sind und offener und man sich gleich wohler und sicherer fühlt.
Was du von deinem Fallmanager erzählst, da stellen sich mir echt die Nackenhaare auf! Und nun stellen wir uns all die Leute vor, die nicht in psychologischer Behandlung sind, aber ähnliche Probleme haben, denen keiner einen brief schreibt… es ist alles so traurig, wirklich. ich will in so einer Gesellschaft nicht leben, in der wir miteinander so umgehen – aber Hartz IV hat das Institutionalisiert. Das ist so bitter. 🙁
Ich glaube, ich hoffe, wir müssen viel mehr über so etwas sprechen, über Armut – tatsächliche Armut – und Bedürfnisse und Solidarität. Das findet so gut wir gar nicht statt. Holger und ich haben im Urlaub sehr viel Privatfernsehen geguckt und da kam Armut sehr viel vor, aber immer so, dass man was zum Gaffen hat! Immer auf eine stigmatisierende Art, so dass sich die Zuschauer davon abgrenzen können. Das war zu 90% einfach nur Vorführen und das war richtig bitter 🙁
Ich wünsche dir das Beste und hoffe, dass diese Gesellschaft politisch die Kurve kriegt und aufhört, diese Bullshit-Debatten zu führen und Klimaschutz zu bremsen, obwohl man sich gleichzeitig in Wahrheit um arme Leute einen scheiß kümmert. Ich hoffe das für unsere Kinder und für Menschen wie dich. Es ist so beschämend, als reiches Land in diesen Dingen so zu versagen.
Ich würde gern irgendwie positiv enden. Nun: Ich habe immer wieder sehr viele Bücher übrig, die stelle ich meistens im Treppenhaus auf die Briefkästen und die sind auch immer sehr schnell weg. Leider habe ich gerade erst richtig gründlich ausgemistet – aber wenn du magst, dann schreib ich dir beim nächsten Mal eine Mail mit den Titeln und ich schicke sie dir sehr gerne zu, falls sie dich interessieren 🙂
Liebe Katrin, erstmal einfach danke!
Ich habe mich grade sehr gefreut, deine Antwort zu lesen. Genau darum habe ich mich auch getraut, hier bei euch zu kommentieren. Ich wusste, hier werde ich nicht blöd angegangen und z.B. als „faule Sau“ beschimpft (ist mir an anderer Stelle schon passiert).
Was Bibliotheken angeht: Wir hatten mal eine und als ich Kind war, sind wir da auch mit der Schule hin, daran erinnere ich mich noch. Leider gibt es die aber schon lange nicht mehr und für die nächste müsste ich Minimum 30-40 Minuten mit ’nem Auto fahren.
Das mit dem Tausch geht bisher super, aber ich gebe dir natürlich recht: Der HartzIV-Satz müsste generell etwas höher sein, nicht nur für Porto.
Ich bekomme übrigens auch gar nicht den vollen Regelsatz, weil meine Wohnung etwas zu teuer ist (war aber in der ganzen Stadt keine günstigere zu finden).
Ich weiß auch, was du mit der Freundlichkeit meinst. Mir geht es auf jeden fall besser, wenn ich netten Menschen begegne und mal jemand ein Lächeln übrig hat. Ich bemühe mich auch sehr, selbst immer einigermaßen freundlich rüberzukommen, auch wenn ich manchmal keinen Kopf dafür habe.
Übrigens kenne ich so einige Geschichten aus dem Fallmanagement. Bin durch Maßnahmen viel mit Menschen in meiner Situation in Kontakt gekommen und habe da schon so manches gehört.
Dein Angebot mit der Email nehme ich natürlich sehr gerne an, vielen Dank! <3
„Ich wusste, hier werde ich nicht blöd angegangen“
‚tschulje bitte, wenn ich das hier so plump raus greife.
Aber das ist aus meiner Sicht – neben all den Dingen, die Katrin in der Sendung völlig zutreffend angesprochen hat – in diesem Land das Grundproblem:
Wer arm ist, der traut sich nicht, darüber zu reden. Geschweige denn, seine Bedürfnisse zu formulieren. Im Zweifel nicht mal sich selber gegenüber.
Es gibt eine Forderung, die seit Jahrzehnten so richtig ist wie ungehört und die lautet: Man muss den Staat und sein Wirken der Betriebswirtschaft entreißen und der Volkswirtschaft zurück geben (würde btw neben der sozialen Frage direkt auch die ökologische Frage beantworten, wären die Volkswirtschaftler zu ihren Daten ehrlich).
So richtig diese Forderung ist. Ich möchte sie um folgendes ergänzen:
Nehmt die Armutsforschung den Volkswirtschaftlern und den auf sie spezialisierten Soziologen weg und überantwortet sie den Leuten, die sich beruflich mit Mobbing beschäftigen. Dort sind Erkenntnisse zu gewinnen.
„Man muss den Staat und sein Wirken der Betriebswirtschaft entreißen und der Volkswirtschaft zurück geben“
Woher willst du die dafür erforderliche volkswirtschaftliche Bildung nehmen? Die fehlt in Deutschland nämlich flächendeckend.
Um auch hier maximal übergriffig einen Einzelaspekt zu kapern:
Es mag eine spezifische Großstadt-Erfahrung sein. Oder vielleicht auch eine reine Berliner Erfahrung (das kann ich nicht beurteilen).
Aber die Berliner Stadtbüchereien leisten – so skandalös unterfinanziert sie auch immer gehalten werden – eine solch unfassbar geile Arbeit. Und ich verzweifel immer wieder daran, wie viele derjenigen, für die das am Nötigsten wäre, davon nichts zu wissen scheinen.
10 Euro im Jahr. Und Du hast komfortablen Zugriff auf quasi das komplette Wissen der Menschheit. Und deren Unterhaltung. Besitzt Du noch ein Fahrrad und lässt Dir den Computer dort erklären (um vorhandene Bücher in anderen Büchereien abzugreifen), dann gibt es fast kein halbwegs populäres Buch, dass man nicht ausleihen kann. Dazu diverse Veranstaltungen, Internet-Zugang, Filme, Hörbücher etc. Und über die Angliederung der Zentral-Bibliothek kann man sich auch noch fast jedes, für den Normalmenschen interessantes, Fachbuch ausleihen (zur Not braucht es halt etwas Geduld). Es ist ein Traum. Man muss es nur nutzen.
Unsere Stadtbüchereien sind wahrscheinlich die wichtigste öffentliche Infrastruktur nach Wasser/Abwasser, Energie, Straßen, staatlichem Gewaltmonopol, ÖPNV und Demokratie. Ich finde es unfassbar schade, dass sie in der öffentlichen Wahrnehmung nicht dieser Rolle gemäß behandelt werden.
Mein Erstgeborener wächst in einem wohlhabenden Ort im Berliner Speckgürtel auf. Wir waren ein paar mal in der dortigen Kleinstadt-Stadtbücherei und mir kamen die Tränen. Seitdem entführe ich ihn regelmäßig in eine Berliner Stadtbücherei, damit er zumindest die Chance hat, mit derselben Dosis an Asterix, Ephraim Kishon, Alexander Osang und Douglas Adams aufzuwachsen wie ich (willkürliche Auswahl, bin nicht stolz drauf; er soll seine eigenen Vorlieben finden).
Das mag jetzt despektierlich klingen, aber ich versuche es wirklich zu verstehen:
Katha hat gesagt, dass sich teilweise Ostdeutsche es sich in der Opferrolle gemütlich gemacht haben, denn es stiftet ja Identität. Kann man dieses Argument nicht auch auf Feministen übertragen, die es sich teilweise in der Opferrolle gemütlich gemacht haben?
Nein, einfach nein. Das Patriarchat ist nämlich eine gesellschaftliche Realität die man sich – ganz im Gegensatz zu Teilaspekten des wirtschaftlichen Lebens – gänzlich nicht aussuchen kann.
Zum Thema des besseren Zusammenhalts in der DDR:
Katrins Vorschlag, sich einfach nicht am allgemeinen Konkurrenzkampf zu beteiligen, greift meines Erachtens nach zu kurz. Das lässt sich so nur in einen recht oberflächlichen Bereich umsetzen. Und der funktioniert schließlich auch heute noch im privaten Umfeld. Ich werde wahrscheinlich immer jemanden finden, der mal in meiner Abwesenheit die Blumen gießt oder mit dem ich mich nett im Treppenhaus unterhalten kann – auch ohne von Haus, Auto und Pferd zu prahlen. Das Gefühl nicht mit meinem Umfeld, meinen Kollegen, den Vereinskameraden, usw. konkurrieren zu müssen, geht aber deutlich weiter. Meine soziale Sicherheit hing eben nicht davon ab, besser zu sein, als andere.
Ich finde es übrigens bezeichnend, dass sich Holgi (in typisch arroganter „Besser-Wessi“-Manier darüber dozierend) nicht einmal vorstellen kann, wie es ist, kooperativ und nicht konkurrierend miteinander zu leben. So sehr haben er und wahrscheinlich die meisten, die marktwirtschaftlich sozialisiert wurden, verinnerlicht, erst einmal den eigenen Vorteil zu sehen. Und daran ändert sich nichts, wenn man ihnen deutlich macht, dass man nicht mitmachen will.
Natürlich gab es auch in der DDR genügend Menschen, die ebenfalls nur auf den eigenen Vorteil geschaut haben, und nur denen geholfen haben, von denen sie sich eine Gegenleistung erhofften. Aber irgendwie schien mir das damals nicht die allgemeine Haltung zu sein, wie sie es heute ist.
Holgi, wer jemals in den letzten 40 Jahren bei einer lokalen Veranstaltung der Jungen Union war, der wünscht der CDU alles, aber keine Verjüngung.
Quelle: War im genannten Zeitraum bei Veranstaltungen der Jungen Union. Dagegen ist Facebook eine Ortsgruppe der Liga für diskriminierungsfreie Sprache.
Manche der dort Anwesenden wurden später Funktionsträger der Alte-Herren-Union. Und waren dann aus meiner persönlichen Sicht größtenteils immer noch dumme Arschlöcher, die sich jedem gesellschaftlichen Fortschritt mit Zähnen und Klauen widersetzen. Aber halt doch in gesitteterem Tonfall.
Hllo Kathrin, hallo Holger,
ich höre Euren Podcast wirklich gerne und mag wie ihr Themen offen, kritisch aber auch kontrovers diskutiert.
Eure Auslassungen zu den „Ost-Umfragen“ haben mich jedoch teilweise sprachlos gemacht. Mit welcher Selbstherrlichkeit und Überheblichkeit ihr über das Leben in der DDR und Menschen in Ostdeutschland richtet, hat mich persönlich tief getroffen. Da ihr aufgerufen habt mehr persönliche Geschichte(n) auszutauschen, hier mein Beitrag.
Nach der Wende bekam meine Mutter als 50 jährige gestandene Sekretärin mehrere Aufbauhelfer-Ost aus NRW als Vorgesetzte. Diese erklärten ihr wie die Welt jetzt funktioniert und empfahlen ihr zum Beispiel die Nutzung des Duden (weil in der Ostzone kannte man so etwas ja nicht). Nach fünfjährigen Kampf gegen solche Einstellungen und Mobbing wurde sie frühverrentet. Unter der darauffolgenden Depression leidet sie und meine Familie noch heute.
Mein Vater musste sich 1990/91 auch „neu orientieren“ und fuhr als Versicherungsvertreter im Außendienst 15 Jahre lang übers Land. Trotz hervorragender Ergebnisse hatte er nie eine Chance in den Innendienst zu kommen. Die lukrativen Stellen waren dort in fester Hand, ratet mal von wem.
Auch ich durfte meine Erfahrungen in dieser Zeit machen. Meine Firma, die erfolgreich elektronische Bauteile für den Weltmarkt herstellte, wurde vom Investor als unliebsame Konkurrenz betrachtet. Buchstäblich über Nacht wurden wichtige Produktionsanlagen abgebaut und nach Indien verschifft. Ich und 500 Kollegen standen von einem Tag auf den anderen auf der Straße. Zwei Monate später wurde ich Vater meiner ersten Tochter…
Meine Eltern und ich würden uns trotzdem niemals als Opfer bezeichnen. Könnt ihr euch jedoch vorstellen, das solche Erfahrungen einen Menschen tief prägen?
Zum Thema Bildung hat Kathrin wunderbar alle negativen Klischees bedient: Militarisierung, Ideologisierung und Diskrimenierung. Die gab es unbestritten, auch ich hatte eine 150%ige Staatsbürgerkundelehrerin und mein Schuldirektor war mehr Funktionär als Pädagoge. Die überwiegende Zahl meiner LehrerInnen waren jedoch engagierte Menschen die mir in 10 Jahren POS eine solide Bildung vermittelten, von der ich heute noch profitiere. Und findet ihr es wirklich soo viel besser, das heute die Geldbörse der Eltern über Bildungschancen sehr stark mitentscheidet?
Zu Wendezeiten hatte ich begonnen mich politisch zu engagieren, wegen meines notwendigen beruflichen Neuanfangs und meiner Familie blieb mir aber schlicht keine Zeit dafür die dicken Bretter zu bohren. Die Positionen in Politik und anderen wichtigen gesellschaftlichen Feldern wurden oftmals schnell von „West-Importen“ eingenommen, in die man später nur schwer vordringen konnte. Ob das durch eine Ost-Qoute verbessert werden kann, bezweifle ich doch stark. Da meine Kinder (fast) aus dem Haus sind, habe ich jetzt aber keine Ausreden mehr für mich 😉 Und ja, persönliches Engagement ist hier wichtig, das gilt aber unabhängig irgendwelcher Himmelsrichtungen.
Zum Schluß noch ein Beispiel wie ihr aus meiner Sicht mit fragwürdigen Aussagen Menschen im Osten verprellt. Das von Kathrin postulierte nur „angebliche Eintreten für die Demokratie“ wurde mit einer zynischen Bananen-Meinung eines einzelnen Menschen belegt und durch das Umfrageergebnis zu besseren Konsummöglichkeiten bestätigt. Bei allem Verständnis für Überspitzungen, mir kam der lang verschüttete Begriff des „Besser-Wessis“ in den Sinn.
Mein Wunsch an euch beide: Bitte hört euch die Podcast-Passagen noch einmal an und versucht die Wirkung auf Menschen wie mich nachzuvollziehen.
Ciao Henry
„Und findet ihr es wirklich soo viel besser, das heute die Geldbörse der Eltern über Bildungschancen sehr stark mitentscheidet?“
Ja.
Und damit meine ich nicht, dass ich es grundsätzlich gut finde, sondern dass ich es besser finde, als wenn die Funktionäre einer Diktatur darüber bestimmen.
——
Deine Kinder sind jetzt die dritte Generation. Sind die von den Wende-Problemen genauso stark beeinflusst wie Du und deine Eltern oder starten die gleichsam „frisch“?
Zugegebenermaßen war meine Frage auch sehr polemisch und man kann/sollte nicht das eine nicht mit dem anderen vergleichen. Es war jedoch nicht so scharz/weiß wie es oftmals dargestellt wird. Wie immer im Leben gab es auch viele Grautöne (im wahrsten Sinne des Wortes…) und auch „menschliche“ Funktionäre waren nicht so selten.
—–
Meine Kinder haben zum Glück gute Chancen in ihrem Leben, die sie auch aktiv ergreifen. Deshalb bin ich auch glücklich in diesem Land zu leben und wünsche mir bestimmt keine Rückkehr alter Zeiten.
Es ist auch sehr erfrischend und erhellend, wie meine Kinder auch mir immer wieder Denkanstöße aus ihrer Perspektive geben. Sie gehören definitiv zum progressiven Teil der „Jugend von heute“, was mich sehr froh macht.
Wie sie persönlich die familiär geprägte Ost-Erfahrung wahrnehmen und bewerten, ist eine gute Frage die ich mal weitergebe.
—-
@Katrin: Sorry für die falsche Namensgebung.
@Holger
Das kann man auch anders sehen: Die DDR war ein regelbasiertes System, und ob man sich an die Regeln hielt hatte man größtenteils selbst in der Hand. Auf die Geldbörse seiner Eltern hat man für gewöhnlich keinen Einfluß.
Womit ich die damals geltenden Regeln nicht verteidigen will – die waren Mist. Daß aber so wenig Ostdeutsche nach der Wiedervereinigung den Aufstieg in der westdeutschen Gesellschaft geschafft haben sagt auch einiges darüber aus, wie Scheiße die Regeln im Westen sind.
Ich muss noch einen Kommentar zu eurem Ossi-Psychogram abgeben. Holgi ist da schon recht nah an der Wahrheit, wenn er sagt, dass man eben damals befreundet war, weil man sich gegenseitig nützlich war. Aber das ist in der Tat eine sehr westliche Interpretation mit sehr kapitalistischer Weltsicht. Denn dieses soziale Netz, das auf gegenseitiges Aushelfen basierte, war nicht so ausgrenzend, wie es heute ist. Wer keinen Job hatte, wo er gut klauen konnte, konnte auf andere Art und Weise – nichtmateriell – beisteuern. Außerdem gab es mit der Stasi ja einen gemeinsamen Gegner, das schweißte tatsächlich zusammen. Man war untereinander eben gleicher…
Was nach der Wende geschah, traf viele einfach total unvorbereitet: Plötzlich war allein finanzieller Status wichtig. Alles andere zählte nicht mehr und die, die den Job verloren und plötzlich nicht mehr voran kamen, waren nicht mehr Teil der Mitte der Gesellschaft. Und zwar exakt so, wie es heute den Hartz-IV-Beziehern geht, die sich hier zu Wort melden. Es bedarf nicht viel Fantasie sich vorzustellen, dass so jemand dann glaubt, dass vorher doch alles oder vieles besser war.
Naja, ist kompliziert und ihr tut euch vielleicht keinen Gefallen damit, es allzu krass zu vereinfachen. Nichts desto trotz teile ich euer Entsetzen über die Entwicklung im Osten. Bin da familiär durchaus betroffen und leider auch sehr ratlos 🙁
„ Wer keinen Job hatte, wo er gut klauen konnte, konnte auf andere Art und Weise – nichtmateriell – beisteuern.“
Genau das ist mir, mehrfach schon (und zu meinem Entsetzen), eben genau nicht so bestätigt worden. Wer nix hatte oder konnte, hat auch nix tauschen können, darum auch nix bekommen – und hatte außerdem nicht die Freiheit, (achtung, Pathos!) sein Glück anderswo zu suchen.
Je mehr solcher Gespräche ich führe, desto stärker entsteht bei mir auch der Eindruck, dass die DDR-Gesellschaft letztlich auch bloß eine kapitalistische war, nur halt dass nicht derjenige mit Produktionskapital vorne war, sondern derjenige mit Produktivkapital (keine Ahnung, ob man das so nennen kann. Ich meine jenes Kapital, aus dem sich unmittelbar Nutzen ziehen lässt).
Wie gesagt, du liegst nicht komplett falsch. Aber die Wahrnehmung für uns Ossis war eben trotzdem eine andere, weil es ja per Dekret von oben keine Arbeitslosigkeit gab. D.h. es hatte jeder irgendwas mehr oder weniger Sinnstiftendes zur Gemeinschaft beizutragen und solange man keinen Stress mit der Stasi hatte (dann saß man im Knast) oder nicht erkennbar für die Stasi gearbeitet hat, hatte man ein stabiles soziales Umfeld. Das wurde auch nicht so eins zu eins gegengerechnet. Selbst der Typ, der eigentlich immer zu faul war, wenns darum ging bei den anderen anzupacken, musste sein Haus nicht alleine bauen. Es wurde sich tatsächlich eher trotzdem gegenseitig geholfen.
Man kann jetzt viel und mit Recht darüber diskutieren, was trotz allem falsch lief – ich will da nichts schönreden – aber für diejenigen, die nach der Wende auf den Boden kapitalistischer Tatsachen gefallen sind, war dieses damals(tm) plötzlich deutlich besser. Es ist zumindest erklärbar, woher diese Verbitterung bei einigen herkommt.
Das ist alles anekdotische Evidenz hier, ich bin kein Sozialwissenschaftler. Aber nach meiner Erfahrung, haben die allermeisten Ossis eine sehr ähnliche Sicht auf die damaligen Umstände.
Hmm… vielleicht kann man es gar nicht sinnvoll diskutieren? Zumindest nicht zwischen Ost und West.
Was daraus folgen würde, muss ich allerdings noch überlegen… Eventuell muss der Osten das alles erstmal für sich selbst auf die Reihe bekommen, und zwar zwischen den Generationen oder so.
Meine Vermutung ist ja, dass einfach grundverschiedene Mentalitäten aufeinander prallen, Ossis und Wessis quasi wie Hund und Katze. Der Westen wurde während des Kriegs nicht so stark zerstört und hat danach via Marshall-Plan ordentlich Anschub bekommen. In diesem sehr erfolgreichen Kapitalismus hat man „euch“ eingeredet, dass ihr das alles selber hinbekommen habt und jeder für sein eigenes Glück verantwortlich ist.
Der Osten wurde stärker zerstört und anschließend von den Russen auch noch demontiert. Gleichermaßen wurde den Menschen eingeredet, dass der Sozialismus sich um sie kümmert.
Dass Beides irgendwie gelogen und scheinheilig war, ist heute allen (hier) ((hoffentlich)) klar, aber daraus sind eben auch grundverschiedenen Mentalitäten erwachsen die ganz offenbar nicht so gut miteinander kommunizieren können.
Es ist dann auch nicht so leicht, sich in einem neuen System zurecht zu finden, wenn man jahrelang in dem genauen Gegenteil davon existiert hat. Keine Ahnung. Will das auch nicht als Ausrede für politische Entwicklung gelten lassen. Aber es hilft vielleicht zu verstehen, warum die Ossis wegen des Strukturwandels, den auch andere Teile Deutschlands durchmachen, stärker das System in Frage stellen. Denen fehlt der verklärte Blick auf das Wirtschaftswunder und es setzt sich halt eher wieder ein verklärter Blick auf die DDR durch.. oder so.. keine Ahnung, nur so Gedanken und auf gar keinen Fall eine Rechtfertigung.
Danke für das Gespräch 🙂
Das Verhältnis West/ Ost zur Einheit in 3 Akten visualisiert:
Erster Akt an einem Montag Abend im Februar im Hamburger Volkspark
8.000 Dresdner lösen beim betuchten Hamburger Publikum mit ihrem Auftritt leichte Irritationen aus:
https://www.youtube.com/watch?v=M31jeUEJvmg
Zweiter Akt, eine kleine Reisegruppe aus einem Hamburger Stadtteil, deren politische Grundeinstellung links von linksgrünversifft anzusiedeln ist, schwenkt an einem schönen Mai Abend in Dresden rote Fähnchen und singt Lieder vom Frieden.
https://www.youtube.com/watch?v=AaiGx2Le7Ro
Dritter Akt. Bereits zwei Wochen vorher hatte an einem sonnigen Nachmittag eine Delegation aus Köln, stellvertretend für Westdeutschland, die Frage aufgeworfen:
https://www.youtube.com/watch?v=grVhgeX-g_g
@Thomas
Mir fällt es ehrlich gesagt schwer das mit der Zerstörung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in der DDR durch die Marktwirtschaft nachvollziehen. Du schreibst: In der DDR gab es offiziell keine Arbeitslosigkeit, aber natürlich wie in jeder gesellschaft Menschen die in höherem oder geringerem Maß leistungsfähig und -bereit waren. Die nicht ganz so fleißigen hatten beruflich weniger Nachteile als sie es in der westdeutschen Leistungsgesellschaft gehabt hätten und wurden auch im privaten Umgang nicht sanktioniert, wenn sie weniger Hilfe anboten als annahmen.
Jetzt kommt der Beitritt. Die Nicht-ganz-so-Fleißigen – und bestimmt auch eine ganze Menge Fleißiger – werden arbeitslos, spüren also auf einmal berufliche Nachteile und jetzt werden sie auf einmal auch im privaten Umgang geschnitten.
Wirklich?
Zu Letzterem hat aber doch niemand die DDR-Bürger gezwungen – wie Kathrin so treffend bemerkte. Wenn man aufgrund eines stärker leistungsorientierten Wirtschaftssystems sofort den vielgerühmten gesellschaftlichen Zusammenhalt fahren lässt, dann kann er m.E. so wahnsinnig stark nicht verwurzelt gewesen sein.
Eine Kleinigkeit noch: Es stimmt nicht, dass der Osten von den Kriegszertörungen stärker betroffen gewesen wäre als der Westen. Das Gegenteil ist der Fall, da der besonders zerstörungsintensive Bombenkrieg vor allem von Westen aus geführt wurde („Im Vergleich zum Westen Deutschlands hatte der Osten zwar geringere Substanzverluste durch Kriegsschäden…“, https://www.bpb.de/izpb/10132/wirtschaft-in-beiden-deutschen-staaten-teil-2?p=all). Mit der stärkeren Belastung des Ostens durch Industriedemontage hast Du aber Recht (auch wenn die Sowjetunion durchaus auch in den Westzonen demontiert hat) und genauso mit dem Marshallplan. Man sollte in diesem Zusammenhang aber auch die Billionen DM nicht vergessen, die nach 1990 vom Westen in den Osten geflossen sind.
Das mit der Herausbildung der beiden verschiedenen Mentalitäten erscheint ja nachvollziehbar. Ich frage mich nur, warum sich die DDR-Bürger dann 1990 freiwillig dafür entschieden haben, einem größeren Staat mit so anderer Mentalität beizutreten und dieses völlig andere Wirtschaftssystem zu übernehmen.
@tarifkenner: Ich versuch mal, ob ich das halbwegs kohärent niedergeschrieben bekomme. Ist ein großes komplexes Thema 😉
Du schreibst: „Jetzt kommt der Beitritt. Die Nicht-ganz-so-Fleißigen – und bestimmt auch eine ganze Menge Fleißiger – werden arbeitslos, spüren also auf einmal berufliche Nachteile und jetzt werden sie auf einmal auch im privaten Umgang geschnitten. Wirklich?“
Wir reden hier von Menschen, die ihr Leben lang in einer Gesellschaft gelebt haben, die nach bestimmten sozialen und juristischen Regeln funktioniert hat. Diese Gesellschaft bricht weg und plötzlich gelten alle Regeln
nicht mehr. Der erlernte Beruf ist nichts mehr wert, der Arbeitsplatz wurde verkauft und oder geschlossen usw. Mangels westlicher Qualifikation und Strukturschwäche der ländlichen Regionen, ist die Jobsuche schwierig, dank der dazugehörigen Institutionen obendrein auch noch würdelos.
Nach den sozialen Regeln der neuen Gesellschaft, ist Scheitern jedoch ein Makel, der offenbar zwangsläufig zu Ausgrenzung führt (siehe Hartz4). Oder nennen wir es von mir aus auch Rückzug. Wer sich schämt, bleibt lieber zu Hause, da fragt nämlich keiner, was man denn beruflich machen würde.
Es trifft natürlich nicht jeden so hart, im Gegenteil: Die meisten finden neue Jobs oder ziehen gleich in den Westen. Sie können sich jetzt ein neues Auto leisten, das Haus mal grundlegend renovieren oder die neue Reisefreiheit auskosten. Sie können sich genau das Leben leisten, von dem man in der DDR immer geträumt hat. Da ist dann nach ein paar Jahren nicht mehr viel, was noch verbindet, außer die Erinnerung an die gute alte Zeit und die schätzen die, deren Tochter gerade im Ausland studiert seltener als wirklich gut ein als die, die ohne Frau immer noch in der alten Bruchbude wohnen und sich gerade einmal die Woche den Stammtisch in Monis Imbiss leisten können.
Das, was man heute Ostalgie nennt, war nach der Wende eher verpönt. Der goldene Westen mit all seinen Waren und Werten wurde quasi angebetet.
Ich weiß nicht, ob ich das halbwegs kohärent rüberbringen kann, aber viele Menschen haben wirklich fundamental verloren bei der Einheit. Job weg, Beruf wertlos, Familie kaputt – eigentlich ein ganzes Leben entwertet.
Und diese Leute sind ohne Perspektive in den strukturschwachen Regionen hängen geblieben.
Ist das eigentlich für Westdeutsche wirklich so eine fremde Vorstellung, dass manche Ossis unter der Wende gelitten haben?
Wohlgemerkt: Das ist jetzt eine absolute Vereinfachung von vergleichsweise extremen Beispielen. Der große gesellschaftliche Zusammenhalt dürfte wohl auch heute noch im östlichen Teil spürbar sein, ohne das jetzt quantifizieren zu können. Aber man legt so eine Prägung ja nicht von einen Tag auf den anderen ab, da hast du Recht.
Zu den Billionen aus dem Westen: Das stimmt natürlich. Manche ostdeutsche Stadt sah Ende der 90er schicker und sanierter aus, als einige Ecken im Westen. Aber davon haben die Ostdeutschen nicht so direkt profitiert. Es waren meisten westdeutsche Unternehmer, die von den Aufträgen profitiert haben. Nachhaltige Jobs sind dadurch eher selten entstanden. Ich hab auch mal irgendwo gelesen, dass die BRD sich an der Einheit ziemlich gesund gestoßen und wohl ein paar Jahre Rezessionsverschiebung verschafft hat, aber dazu fehlt mir jetzt die Quelle.
Was den sozialen Zusammenhalt angeht: Ostdeutschland hat heute ca 20% weniger Einwohner als vor 30 Jahren. Einige Orte haben über 30% Bevölkerungsverlust erlebt. Natürlich brechen bei einer so großen Abwanderungsbewegung soziale Strukturen zusammen.
@Thomas
Vielen Dank für die Erläuterung. Ich glaube, es jetzt deutlich besser zu verstehen, was die Erosion des Zusammenhalts angeht.
Einen Wessi-Reflex zum Thema Billionen-Transfer kann ich mir nicht verkneifen:
Du schreibst: „Das stimmt natürlich. Manche ostdeutsche Stadt sah Ende der 90er schicker und sanierter aus, als einige Ecken im Westen.“
Heute übrigens auch noch.
„Aber davon haben die Ostdeutschen nicht so direkt profitiert. Es waren meisten westdeutsche Unternehmer, die von den Aufträgen profitiert haben.“
Also ich würde schon sagen: Wenn man eine desaströs verfallende Innenstadt wieder auf Postkarten-Niveau bringt, dann profitieren am allerdirektesten die Menschen, die in diesen Städten leben und sie sich tagtäglich anschauen müssen. Das jetzt zu relativieren, weil die Sanierungsunternehmen aus dem Westen kamen, finde ich ehrlich gesagt ein bisschen undankbar. Das war übrigens beim Marshallplan auch so, dass die USA die Milliarden (die Bundesrepublik bekam 1,4 Mrd. USD) auch einsetzte, um der US-Wirtschaft einen Absatzmarkt zu verschaffen.
„Ich hab auch mal irgendwo gelesen, dass die BRD sich an der Einheit ziemlich gesund gestoßen und wohl ein paar Jahre Rezessionsverschiebung verschafft hat, aber dazu fehlt mir jetzt die Quelle.“
Das glaube ich Dir auch ohne Quelle. Der Aufbau Ost war ein Konjunkturprogramm für die gesamte deutsche – und das bedeutet nun mal: zu einem großen Teil westdeutsche – Wirtschaft. Aber den Effekt hätte der Westen ja auch ohne DDR erzielen können, indem man z.B. das gesamte Ruhrgebiet mal grundlegend aufgehübscht hätte.
Dass sehr viele Westdeutsche von der Einheit ganz handfest profitiert haben, will ich aber nicht bestreiten. Gerade bei begehrten öffentlichen Jobs wie Professoren und Richter hat der zusätzliche Bedarf im Osten die Berufswünsche tausender Westdeutscher wahr werden lassen. Und diese Jobs waren dann erst mal für die nächsten 30-40 Jahre besetzt.
„Das jetzt zu relativieren, weil die Sanierungsunternehmen aus dem Westen kamen, finde ich ehrlich gesagt ein bisschen undankbar.“
Hehe, was haben die Römer jemals für uns getan?!
Klar sieht das aus westlicher Perspektive undankbar aus. Ihr habt eine riesen Menge Geld über den Zaun geworfen, für Straßen und sanierte Rathausfassaden und … Supermärkte! Was will der Ossi denn noch mehr? Tja, und die Ossis* sehen nur, wie ihre alten Arbeitsplätze ersatzlos abgewickelt werden und wie sie sich den ganzen geilen neuen Scheiß nicht leisten können.
Ich greife mal tief in meine küchenpsychologische Schublade und behaupte jetzt mal, dass den ostdeutschen der Unternehmergeist fehlte. Nicht allen, klar, aber das wurde uns halt systemisch nicht so eingeimpft, wie euch. Und diese Lücke haben dann findige und vor allem sympathische Menschen von drüben ausgefüllt.
Ich glaube, so langsam dreht sich das ein bisschen. Zum einen gibt es einen Trend zurück Regionalität – salopp gesagt, Brandenburgs Wälder sind jetzt wieder in – und zum anderen kommen da neue Generationen nach, die ihre Chancen erkennen.
Vermutlich stimmt das, was man immer hört: Die Einheit wurde einfach zu schnell über die Bühne gebracht, es gab nicht die Chance, sich zu akklimatisieren. Aber ich wüsste auch nicht, wie man es hätte anders machen sollen.
* Nochmal zur Klarstellung: Das gilt nicht für alle Ossis. Ich vereinfache, um zu erklären woher diese Verbitterung kommt und warum ein Teil der Ostdeutschen sich abgehängt fühlt und werbe für ein bisschen Empathie und Verständnis für diese Menschen. Soweit ich das wahrnehme, sind die allermeisten Ostdeutschen sehr froh und glücklich mit allem, was die Einheit so gebracht hat. Ich hätte in der DDR nie ein Abi machen können, geschweige denn studieren. Ich hätte nie die Welt gesehen, usw. Und das geht wirklich den meisten so. Es gibt halt nur leider auch nicht wenige, die das anders erlebt haben und das ist nicht unbedingt deren Schuld.
Ne Rechtfertigung für die Wahlergebnisse ist das am Ende aber trotzdem nicht. Da bin ich auch ratlos 🙁
„Ihr habt eine riesen Menge Geld über den Zaun geworfen“
Was oft übersehen wird, ist dass „wir“ durch die Wiedervereinigung vor allem auch einen riesigen Sozialabbau erlebt haben. Renten, ALG, KV und sowas waren in der ersten BRD sehr komfortabel und sind es jetzt nicht mehr. Letztlich sind die Westler vermutlich sogar in eine größere Unsicherheit entlassen worden, weil wir uns nicht vorstellen konnten, dass es irgendwann mal alles weniger und instabiler wird.
Wollte ich nur mal einwerfen, weil es so oft heißt, der Westen hätte so sehr profitiert.
Unser Vorteil dürfte vermutlich gewesen sein, dass wir irgendwie marktresilienter waren und uns darum in den neuen Zeiten dann doch wieder leichter haben orientieren können.
@Thomas
„Die Einheit wurde einfach zu schnell über die Bühne gebracht, es gab nicht die Chance, sich zu akklimatisieren.“
Nur fürs Protokoll: Und wer hatte noch die Entscheidung getroffen, der Bundesrepublik beizutreten, und sogar noch zuvor das Währungs-, Wirtschafts- und Sozialsystem und der Bundesrepublik zu übernehmen? Das ist übrigens ein Unterschied zu den von den Römern beglückten Barbaren.
@Holgi: „Unser Vorteil dürfte vermutlich gewesen sein, dass wir irgendwie marktresilienter waren und uns darum in den neuen Zeiten dann doch wieder leichter haben orientieren können.“
Das meine ich mit dem Mentalitätsunterschied. Weil im Kapitalismus so eindringlich darauf bestanden wird, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist. Ihr seid da quasi indoktriniert 😉
Dass es „drüben“ einen Sozialabbau gegeben hat, bleibt im Osten weitgehen unthematisiert, da hast du völlig recht. Also, ich würde sogar sagen, dass das bundesweit unthematisiert bleibt. Jedenfalls habe ich das auch erst in den letzten Jahren immer mal wieder am Rande mitbekommen – bei euch im Podcast z.B., allerdings ohne Bezug zur Wende, eher mit Verweis auf den grasierenden Neoliberalismus.
@Tarifkenner:
„Nur fürs Protokoll: Und wer hatte noch die Entscheidung getroffen, der Bundesrepublik beizutreten, und sogar noch zuvor das Währungs-, Wirtschafts- und Sozialsystem und der Bundesrepublik zu übernehmen? Das ist übrigens ein Unterschied zu den von den Römern beglückten Barbaren.“
Nur weil alle das wollten, heißt es ja nicht, dass sich alle im Klaren waren, welche komplexen Folgen das haben könnte. Und wie gesagt: Die allermeisten sind sehr glücklich damit, nicht mehr in der DDR leben zu müssen \o/
Die Frage nach den Vorteilen der Bildungspolitik in der DDR mit den Nachteilen einer Diktatur pauschal auslöschen zu wollen, ist nicht sehr klug. Tatsächlich sollte das Bildungssystem der DDR-Bildung nicht mehr von dem Einkommen der Eltern abhängen. Das hatte nicht nur mit der kostenlosen Schulbildung zu tun, sondern auch mit der kostenlosen Förderung von Begabungen (Musikschule, Sportschule usw.).
Auch der polytechnische Ansatz der Schulen war sicher nicht falsch.
Und wer dann heute sagt, dieses System der Bildung der Kinder und der Jugend war ganz gut, will ganz sicher nicht wieder irgendwelche politischen Auswahlmechanismen für weitere Bildungschansen.
Das Bildungssystem in der alten BRD folgte stattdessen dem alten Ständesystem. Die USA-Besatzung wollte das ändern, scheiterten jedoch an Adenauer. Der drückte das alte Bildungssystem durch.
Aus der Volksschule wurde die Grundschule, später die Hauptschule.
In der DDR waren alle Schüler in der POS. Ab der achten Klasse wurden die Besten für die EOS ausgewählt.
Es könnte so einfach sein, wenn man mal das Ganze ohne Ideologie sehen würde.
Waren es nicht eher die besten unter den Linientreuen?
Lieber Holger! Typische Reaktion eines älteren Westdeutschen. Kostenlose Bildung für alle gesellschaftlichen Schichten scheint für Dich immer noch pure kommunistische Diktatur zu sein.
Ich wiederhole: Es könnte so einfach sein, wenn man mal das Ganze ohne Ideologie sehen würde.
Herr Schmidt, das ist doch quatsch. Jetzt zu versuchen, eine und noch dazu berechtigte Frage auf das Westdeutschsein zu reduzieren, führt nirgendwohin. und was soll die Unterstellung? – Holger hat bestimmt nichts dagegen, wenn alle Kinder eine gute kostenlose Bildung bekommen. Vielleicht auch mal in ältere Folgen reinhören – wir reden ja nicht zum ersten Mal über Bildung
„Kostenlose Bildung für alle gesellschaftlichen Schichten scheint für Dich immer noch pure kommunistische Diktatur zu sein.“
Das ist der dümmste Kommentar, den ich hier bisher gelesen habe.
Dein Kommentar war aber auch nicht der Kleverste.
Um das ein wenig zu präzisieren: Wer Abitur machen konnte wurde in der DDR nach der 8. Klasse entschieden – d.h. wenn die Schüler 14-15 Jahre alt waren. Bitte tu nicht so, als ob das alles schon kleine Kriminelle waren.
Wo behaupte ich das?
Hallo Holger,
Wenn Du das Elternhaus meinst, formuliere das bitte entsprechend. Aus „Waren es nicht eher die besten unter den Linientreuen?“ kann ich im gegebenen Kontext nichts anderes herauslesen, als daß die Schüler gemeint waren. Und „Linientreue“ hat hier eine Konnotation, die auf Teenager nicht so recht passt. Wer zu offensichtlich Linientreu war, wurde seinen Zeitgenossen schnell suspekt – entweder weil er dann kein unterhaltsamer Gesprächspartner war, oder weil man Kontakte zur Stasi fürchtete, oder beides.
Das hing natürlich auch von der Linientreue der Lehrer*innen ab. Und der Schulleitung. Natürlich hat es Schulen gegeben, an denen spielte die Politik keine so große Rolle. Politisch war es aber von der Staatsführung wohl gewollt und das wurde dann mancherorts mehr und mancherorts eben weniger durchgezogen. Deswegen kommt man mit Anekdoten auch irgendwann nicht weiter. Viele hatten Glück, konnten ihren Weg gehen und bekamen keine Probleme. Aber das bedeutet doch nicht, dass es keine problematische Bildungspolitik in der DDR gab! Viele andere haben gelitten wie die Schweine, konnten nicht aufs Gymnasium oder auf die Uni und wurden von der ersten bis zur letzten Klasse im Schulleben drangsaliert, gebremst und schikaniert. Und man konnte sich gegen so etwas – im Gegensatz zu heute – einfach nicht wehren. Lasst uns doch bitte über das System reden und nicht über Einzelfälle, die halt etwas anderes erlebt haben (was man ja auch nicht abstreitet, wenn man sagt: aber das System war so und so).
LG
„Und man konnte sich gegen so etwas – im Gegensatz zu heute – einfach nicht wehren.“
Wie können sich heute Menschen, die auf Grund ihres geringen Verdienstes und oftmals auch wegen ihrer sozialen Stellung im Bildungssystem benachteiligt werden, erfolgreich wehren?
Sie können z.B. bei der nächsten Wahl eine Partei wählen, die sich für gerechtere Bildungspolitik einsetzt. Oder sich können sich bei Facebook mit einem „Merkel muss weg!“ Luft machen, ohne dass ihre Kinder deswegen beim Direktor vorsprechen müssen oder nicht aufs Gymansium dürfen.
Was davon jetzt das Kriterium „erfolgreich“ erfüllt, ist sicher diskutabel, aber naja, Wahlrecht und Meinungsfreiheit sind schonmal zwei Dinge, die man nicht unterschätzen sollte.
Warum einige Leute das DDR Bildungssystem heute positiver einschätzen, hat glaube ich eher mit dem organisatorischen Aufbau zu tun. Die Schüler/innen wurden nicht, wie heute, sehr früh auf unterschiedliche Schultypen aufgeteilt, sondern waren sehr lange in einem Klassenverband zusammen. Die Stigmatisierung, die teilweise mit diesen unterschiedlichen Schultypen einhergeht, gab es damals nicht. Dazu kommt, das Schulinhalte und Abschlüsse landesweit gleich waren. Den Zustand, das sich bayerische Abiturienten rühmen ein total hartes Abi gemacht zu haben, während der Rest es vermeintlich geschenkt bekommt, finde ich absurd.
Auch in der DDR gab es Möglichkeiten über Vorgänge/Missstände in der Schule zu reden. Dafür gab es Klassen- und Elternräte und natürlich ganz normale Elternversammlungen.
Etwas zu pauschal und tendenziell diffamierend, Holgi. Nicht nur Pfarrerstochter Angela und Joachim schon-immer-im-Widerstand Gauck, sondern auch sehr viele Köpfe der Bürgerrechtsbewegung in der DDR waren Akademiker/innen. Haben die sich wirklich alle im Staatsbürgerkunde Unterricht auf die Zunge gebissen?
Ich vermute eher, das sehr gute Leistungen und ein „unauffälliges“ Verhalten für die höhere Schullaufbahn ausreichten. Für Schüler/innen, die dabei ausgesiebt wurden, gab es zumindest noch die Möglichkeit Berufsausbildung mit Abitur zu machen.
du kannst ja gern vermuten, aber vielleicht wäre es sinnvoller, du würdest dich bei Erkenntnissen der Geschichtswissenschaft erkundigen.
zB hier https://www.thueringer-allgemeine.de/politik/faktencheck-ddr-partei-entschied-ueber-lernen-an-hochschulen-id217798253.html oder bei der Bundeszentrale für politische Bildung, die haben sehr viel Material, das ich sehr empfehlen kann.
Schöne Grüße
Die Quellenangabe unter diesem Text verweist auf eine Publikation von Freya Klier. Klier hat selbst nach einem Fluchtversuch inkl. Gefängnisaufenthalt noch studieren dürfen. Soviel zu „linientreu“ 😉
ps: Ich lehne solch eine einseitige Darstellung ab, weil dadurch der Eindruck erweckt wird, das alle Menschen in der DDR mit höheren Bildungsabschlüssen staatstreue, rote Socken gewesen wären. Damit legitimiert man die flächendeckende Absetzung der sog. „DDR-Eliten“ nach 1990 – selbst wenn es sich um poliktikferne Physikproffs o.ä. gehandelt hat. Diese Lücken wurden bekanntlich anderweitig besetzt und heute wundert man sich warum in Neufünfland nur wenige Ostdeutsche in Führungspositionen sind.
Ach ja: Bessere Bildungspolitik kann auch bedeuten, dass es in der DDR keinen Mangel an jungen Lehrern gab.
Insofern gab es auch keine Ausfallstunden.
Nach den Krieg wurden alle Nazi-Lehrer in der DDR aus dem Schuldienst entfernt und durch Quereinsteiger, sogenannte Neulehrer, ersetzt.
In der SBZ walteten nun mal die Menschen der Sowjetunion, die sehr unter uns Nazi-Deutschen gelitten haben.
Die haben natürlich besser entnazifiziert als die westlichen Alliierten. Und jeder Nazi-Verbrecher flüchtete natürlich in die westlichen Besatzungszonen. Dort war die Rache einfach nicht so groß. (Und die Karrieren wurden dort auch noch groß).
Und Lehrer zu sein war in der DDR mitunter genauso furchtbar, wie im Westen. Wir Schüler tanzten bei manchen Lehrern auf den Tischen. Heute tut es mir natürlich leid.
Sorry, Herr Aurich!
Ist es rational den 56% der BildungWarImOstenBesser Sagern vorzuwerfen das sie irrational sind?
Es ist nicht möglich das die Leute darüber eine sachkundige Meinung haben? Das sie die für und wieder in DDR und Bundesdeutschland abgewogen haben könnten?
Eine Frage nach dem funktionieren von Demokratie ist sinnvoll.
Wenn die ganzen Armen nicht wählen, gehen dann funktioniert sie bspw. nicht.
Wenn die Medien Meinungsmache betreiben auch nicht.
Die bisherigen >20 min sind gruselig in dem was ihr den Antwortgebern unterstellt.
Ihr macht zahlreiche Annahmen und argumentiert als Fakt damit weiter.
Es werden individuelle Erfahrungen verallgemeinert.
3.5 Mio Ostdeutsche sind nach Westdeutschland gezogen.
Fast ein Viertel der DDR-Einwohneranzahl.
Zusätzlich zur ohnehin schrumpfenden Bevölkerungszahl in Deutschland.
Diese Menschen fehlen in Ostdeutschland überall, politisch wirtschaftlich kulturell. Der Osten wäre ein anderer mit diesen Leuten dort.
Die ostdeutschen im Westen sind als nahezu perfekte Migranten assimiliert worden.
Das sind die kulturell gleichen Menschen wie die zurück gebliebenen, auf die all diese Annahmen die ich mir hier anhören konnte angewendet wurden.
Schon erstaunlich wie das Sein das Bewusstsein prägen kann?
Ansonsten kann ich unterstützen was ein Vorkommentar schrieb.
Lösungen statt Problembewunderung
Menschen zu erklären das Stasi in der Schule schlecht ist, wenn diese Ausfallstunden, Nachmittagsbetreuung uä. meinen ist nicht hilfreich.
@Katrin vielleicht ein Anreiz das DDR Bildungssystem etwas differenzierter zu betrachten:
„Schulstaatssekretär Mark Rackles und der Bildungsforscher Andreas Schleicher diskutieren über die Schule der Zukunft: … Ich glaube, wir haben einen Riesenfehler gemacht damals 1989/90, als wir nicht die Strukturen des DDR-Systems noch mal angeschaut haben. Da waren wirklich ein paar gute Sachen dabei, jenseits des Staatsbürgerunterrichts und des Fahnenappells oder der Wehrkunde. Da waren gute Elemente, über die wir heute reden, wie G12, längeres gemeinsames Lernen, Praxisorientierung. Wissenschaftliches Studium für ein Lehramt. Das ist alles in den Orkus geschickt worden.“
https://www.berliner-zeitung.de/lernen-arbeiten/ein-bisschen-mutiger-koennten-wir-schon-sein-li.811