Die Wochendämmerung

Politik, Gesellschaft, Quatsch. Der Podcast mit Katrin Rönicke & Holger Klein

#204. Frederic Rudolph über die Zukunft der Mobilität

| 3 Kommentare

Dr.-Ing. Frederic Rudolph ist Raumplaner, er hat an der Bergischen Universität Wuppertal, Abteilung Bauingenieurwesen zum Thema „Klimafreundliche Mobilität durch Förderung von Pedelecs“ promoviert und wenn man sich sein Arbeitsfeld anschaut, dann findet sich dort allerhand Stoff zu Themen wie Dekarbonisierung, Urbaner Umweltschutz, eine Technologiematrix für klimaverträgliche Großstädte und vieles mehr – er forscht also zur Zukunft unserer Städte und unserer Mobilität und – so viel sei vorweg genommen, er sieht die aktuelle Lage auch eher nicht so rosig. Aber er ist optimistisch: Eine nachhaltige Mobilität ist für alle Menschen nicht nur wegen der Klimakatastrophe sinnvoll, sondern sie birgt auch große Chancen für unsere allgemeine Lebensqualität.

Links und Hintergründe

3 thoughts on “#204. Frederic Rudolph über die Zukunft der Mobilität

  1. jonas sagt:

    Ich vermisse schmerzlich einen wichtigen Faktor in der ganzen Diskussion: die Transportkosten je Verkehrsarbeit (https://de.wikipedia.org/wiki/Verkehrsarbeit), Beispielsweise die Kosten je Sitzplatzkilometer.
    So dröge sich das jetzt anhört, aber anhand dieser Kennzahlen lässt sich dann zeigen, wo das Problem liegt:
    Ryanair (der billigste unter den Billigfliegern) kommt inzwischen auf Sitzplatztkosten von unter 0,05€ je Passagierkilometer, die Deutsche Bahn liegt im Fernverkehr bei über 0,15€ je Passagierkilometer. (Laut Lehrbuch sollte es genau umgekehrt sein). Kosten für Auto oder Fahrrad sind individuell zu unterschiedlich, soll sich jeder selber ausrechnen. Ich muss mit meinem Fahrrad (700€+50€Ersatzteile) 3 Jahre *jede* Woche 100 km fahren, um auf einen Preis von unter 0,05€ je Kilometer zu kommen.

    Solange der Preis soviel attraktiver bei ökologisch fragwürdigen Verkehrsmitteln ist, haben wir langfristig ein Problem. Mwst-Befreiung für die Bahn, Kerosinsteuer für Flugzeuge, erhöhte Abflugsteuer etc. stopfen dieses Lücke nicht.

    Beim Fahrrad liegt das Problem in einer verfehlten europäischen Zollpolitik. Ein Komplettimport aus China für ein vernünftiges straßen- und alltagtaugliches Fahrrad könnte inklusive vernünftigen Margen für alle Beteiligten bei unter 100€ liegen. Stattdessen werden Radteile importiert und in Europa fertigmontiert. Die Preise liegen zwischen 300€ und 500€, die Differenz zum Direktimport landet in einer handvoll Arbeitsplätze und in Vertriebsstrukturen, die mal durchleuchtet werden sollten. So wird zum Einstieg zu einem günstigem Gelegenheits-Verkehrsmittel eine künstliche Hürde aufgebaut.

    In Europa sind es Bahngesellschaften, die alles können außer wirtschaftlich attraktiven Bahnverkehr anzubieten. Die Bahnen sind im wesentlichen Industrieförderung für Bauunternehmen (Trassen), Hersteller von Bahninfrastruktur (Gleise und Signale) sowie Zughersteller. Früher waren Bahnunternehmen auch noch große Arbeitsbeschafungsmaßnahmen (alle paar Kilometer ein besetztes Stellwerk), aber die Zahl der Mitarbeiter wurde in den letzten Jahren enorm reduziert und wird (relativ zur Zahl der Passagiere) weiter sinken.

    Es sind die großen Stellhebel, an denen gedreht werden muss, um zukunftfähige (und das heist ökologisch günstige) Mobilitätssysteme zu schaffen. Um diese zu erkennen muss man sich kleine Zahlen anschauen.

    1. Katrin sagt:

      Ich sehe den Hebel tatsächlich auch am ehesten bei der Bahn. Da liegt so vieles brach und wie du schriebst: die Preise sind vergleichsweise haarsträubend. Das mit den Fahrrad-Kosten war mir so gar nicht bewusst.
      Danke für die ganzen Zahlen – wieder neue Puzzleteile.

    2. Jonas sagt:

      Update: ich hab die Zahlen mal verifiziert, da ist am Stammtisch etwas leicht daneben gegangen, bzw. die Zahlen bei der Bahn haben sich verbessert. Die Zahlen aktuell sind:
      Deutsche Bahn 2018: Kosten 0,0995€/Pkm im Fernverkehr
      Ryanair 2018/2019: Kosten 0,0400€/Pkm im Gesamtnetz

      Bleibt immer noch ein Unterschied im Kostenfaktor von über 2!

      Deutsche Bahn:
      ———————-
      Jahresbericht der Deutschen Bahn 2018:
      https://www.deutschebahn.com/resource/blob/4045194/462384b76cf49fe8ec715f41e4a3202a/19-03-IB-data.pdf

      Umsatz Fernverkehr 2018: 4.682.000.000€
      EBIT Fernverkehr 2018: 417.000.000€
      Verkehrsleistung im Fernverkehr 2018: 42.827.000.000 Pkm
      ergibt Kosten von 0,0995€ je Passagierkilometer

      Im Nahverkehr sind die Zahlen etwas besser, aber da ist der Wert des Passagierkilometers weniger aussagekräftig, da die Zählweise dort eine andere ist. (Erfassung erfolgt nicht exakt sondern wird geschätzt, und die Abrechnung erfolgt meist über Zugkilometer)

      Ryanair:
      ———–
      Bei Ryanair geht der Finanzbericht von April 2018 bis März 2019 (leicht verschobener Berichtszeitraum):
      https://investor.ryanair.com/wp-content/uploads/2019/05/Ryanair-Results-FY2019.pdf
      Umsatz: 7.562.900.000€
      Gewinn: 1.024.500.000€
      ->Kosten 6.538.400.000€
      Verkehrszahlen (verschiedene Quellen)
      904.000.000 Flugzeugkilometer;Auslastung 96%, alle Flugzeuge haben 189 Sitzplätze -> 181 Passagiere je Flug ->
      163.624.000.000 Passagierkilometer
      Ergebnis: Kosten von 0,040€/Passagierkilometer

      Schade das man in Podcasts Zahlen so schlecht akustizieren kann.

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