Die AfD im Bundestag – eine kleine Nazishow. Außerdem: Kommt alle zur #unteilbar-Demo – aber ohne Wagenknechts Sammlungsbewegung; 20 Jahre nach Walsers Paulskirchenrede – rechter reden 2018; ein neuer DeutschlandTrend; vier Monate später – was die DSGVO für Blogs und die Internetkonzerne bedeutet; Tim Berners Lee will das Internet erneut umstrukturieren; die KMK hat getagt und es fehlen tausende Lehrkräfte; der Glücksatlas 2018 zeigt: die Nordlichter sind in Deutschland am glücklichsten; wie die Uiguren in China unterdrückt werden; wie Russland Donald Trump zum Wahlsieg verholfen hat und was Bob Woodward über diese Präsidentschaft geschrieben hat.
Links und Hintergründe
- Anke Domscheit-Berg auf twitter zitiert den Nazi-Sprech des AfD Bundestagsabgeordneten zur Ehe für alle
- #unteilbar-Demo in Berlin
- Wagenknecht ist nicht dabei (Welt-Link)
- tagesspiegel: AfD versus re:publica: Keine Bundeswehr – keine Staatsknete
- Paulskirchenrede von Martin Walser (PDF)
- ZEIT: Rechtspopulismus: Es begann nicht auf der Straße (von Stella Hindemith)
- Deutschlandfunk Kultur: Lakonisch Elegant – #1 Rechter reden: Wie debattieren wir heute?
- tagesschau: ARD-DeutschlandTrend vom 11. Oktober 2018
- Datenschutzbeauftragter: Die Datenschutz-Grundverordnung – Zwischenbilanz nach vier Monaten
- Berliner Morgenpost: VERBRAUCHERSCHUTZ-STUDIE: Trotz DSGVO: Soziale Medien leisten zu wenig Datenschutz
- Katharina Nocun auf twitter
- Kattascha’s Blog
- Deutschlandfunk Kultur; Breitband: Datenhoheit den Nutzern zurückgeben – Wie WWW-Erfinder Tim Berners-Lee das Internet retten will
- tagesspiegel: Neue Prognose der Länder: Bundesweit fehlen tausende Lehrkräfte
- tagesschau: „Glücksatlas 2018“: Nordlichter am glücklichsten
- Reinhard Kahl – Journalist, Autor, Filmemacher, Netzwerker
- Al Jazeera: China’s Urumqi takes aim at ‚extremist‘ religious practices
- Al Jazeera: China holds one million Uighur Muslims in concentration camps
- Umweltbundesamt: Geht doch! Grundzüge einer bundesweiten Fußverkehrsstrategie
- New Yorker: How Russia Helped Swing the Election for Trump
- Wikipedia: Bob Woodward
- Rowohlt: Furcht: Trump im Weißen Haus
- SWR2 Feature: Da gehen wir nicht mehr hin
Gekillte Darlings
- Telegraph: Amazon patents new Alexa feature that knows when you’re ill and offers you medicine
- UNISDR: UN 20-year review: earthquakes and tsunamis kill more people while climate change is driving up economic losses
- tagesschau: Urteil in den Niederlanden: Klimaschützer gewinnen gegen Regierung
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Hallo,
beibdem Siebeck Feature hört man nur Euch lachen, aber das Feature nicht.
…und zwar nur im Steady-Feed…
inzwischen sind die Dateien ausgetauscht. bei steady muss ich wohl nochmal ran
ich kann mich dunkel erinnern, dass stoiber vor seinem kanzlerwahllampf immer wieder das finnische schulsystem gelobt hat, bis „der finne“ gesagt hat, dass er das system der ddr ohne den „ideologischen mist“ übernommen hat…
stoiber hat nie wieder das finnischen system erwähnt!
Zur wirtschaftliche Lage,
(zur Erinnerung: Schlecht gesamt: 23% – aber 47% der AfD Anhänger finden sie schlecht. Frage: was bedeutet das?)
Meiner Erfahrung nach gibt es Menschen, die die Lage Deutschlands und der Welt primär pessimistisch sehen (ggf. durch eine entsprechende Filterblase). Aus diesem Pessimismus heraus halten sie selektiv die Nachrichten für wahr, die negatives berichten. Da ist es nur „logisch“, dass Flüchtlinge eine Gefahr dar stellen, die Wirtschaft den Bach runter geht und Politiker (nur) gegen den Willen des Volkes agieren.
Kommt dazu der Glaube, an der negativen Lage sei die Politik überproportional stark schuld, und somit die Schuld bei den „etablierten“ Parteien suchen, finden diese Menschen schnell bei der AfD eine politische Heimat. Denn diese vertritt die gleichen Auffassungen.
Wer bei der Einschätzung der (wirtschaftlichen) Lage schon unbewusst so selektiv in der Auswahl der (für sie) glaubwürdigen Quellen vorgeht, dem fällt es auch leicht, (zum Beispiel) die Warnungen vor den rechtsextremen Tendenzen innerhalb der AfD zu ignorieren.
Es entstehen Protestwähler, die auf dem rechten Auge erblinden. Man kennt diese Leute als diejenigen, die bei Kritik an der AfD sofort den Strohmann hervorbringen „schon wieder werden Millionen AfD Wähler als Nazis beschimpft“.
Es gibt auch Muellfrauen, in Berlin allerdings zumindest bis vor kurzem nicht
http://www.spiegel.de/karriere/muellabfuhr-frauen-duerfen-als-muellmann-arbeiten-nur-nicht-in-berlin-a-1085899.html (2016, Highlight: „Die Arbeitsbelastung sei laut wissenschaftlichen Studien für Frauen beim Vollservice […] zu hoch“, gleichzeitig war es in Hamburg aber moeglich…)
https://www.rbb24.de/wirtschaft/beitrag/2018/07/bsr-frauen-muellabfuhr-muellfrau-muellwerker.html (2018)
Und noch eine kleine Ergaenzung: Man kann Whatsapp den Zugriff auf das Telefonbuch verbieten und die App funktioniert grundsaetzlich noch. Dann kann man allerdings nur Leuten schreiben, die einem zuerst geschrieben haben. Also nicht sehr komfortabel und sogar unmoeglich wenn beide Seiten den Zugriff auf das Telefonbuch ablehnen.
Hallo,
erstmal vielen Dank, dass ihr das Thema Bildungssystem aufgegriffen habt. Ich finde, darüber kann man nicht genug reden, gerade in Zeiten, in denen fehlende Bildung überall auf die Straßen geht um geistiges Halbwissen herauszubrüllen.
Schade finde ich, dass ihr eine in meinen Augen nebensächliche Neiddebatte aufgreift. Alle Lehrer erfüllen einen der wichtigsten Aufträge in unserer Gesellschaft, unabhängig an welcher Schulform sie unterrichten, und sollten daher gerecht und gut bezahlt werden (ob Grundschule oder Gymnasium, verbeamtet oder nicht)! Für mich erscheint da der Grundsatz gleicher Bezahlung am überzeugendsten, auch wenn es sicherlich kritische Stimmen gibt, die dann wieder anfangen, Ausbildungen und Verantwortung zu vergleichen. Da gilt es bessere Lösungen zu finden, ja, und trotzdem finde ich, dass es wichtigere Themen im Bereich Bildung und Lehrer gibt, über die ihr hättet sprechen können. Hier ein paar Vorschläge:
– Ist es sinnvoll, Naturwissenschaften auf Kosten von Geisteswissenschaften zu stärken (siehe z.B. neues Abitur in Baden-Württemberg)?
– Wie können Schulabschlüsse in Deutschland vergleichbarer werden?
– Wie bringt man SchülerInnen dazu, eine Ausbildung in Erwägung zu ziehen, statt teilweise wenig zielführende Studienrichtungen einzuschlagen?
– Wie könnte die Lehrerbildung verbessert werden (vor und während und nach dem Berufseinstieg)?
…
Sind nicht alle diese Fragen wichtiger für den Bildungserfolg und unsere Gesellschaft, als die Frage, welche LehrerInnen mehr Geld verdienen?
Ansonsten vielen Dank für euren toll gemachten Podcast und eure Mühe!
Hallo allerseits,
Danke für Euer großartiges Format!
Eine Frage an Holgi: Warum nennst Du AFD-Wähler wiederholt „AfD-Jünger“ und tust Du dies bewusst?
Der Begriff setzt die AfD sprachlich auf die Ebene eines Heilsbringers (Wortwitz bitte hier einfügen), um genauer zu sein mit Jesus Christus und seine Jüngern.
Mir ist klar dass du den Begriff ironisch verwendest, aber durch häufige Wiederholung nutzt sich das Stilmittel ab.
Verzeiht bitte die Wortklauberei, beim hören der Folge ist mir diese Frage in den Sinn gekommen und hat mich beschäftigt.
Mit bestem Dank
und vielen Grüßen,
Euer Daniel
@ Daniel:
Erkennungsmerkmale: Ist das eine Sekte?
– Die Gruppe gibt vor, Orientierung, Sinn und Geborgenheit zu bieten.
– Schon der erste Kontakt eröffnet eine völlig neue Weltsicht; das Weltbild der Gruppe ist verblüffend einfach und scheint jedes Problem zu klären.
– Die Gruppe hat einen Meister – Führer – Vater – Guru – Messias – Prophet – Vordenker, der allein im Besitz der ganzen Wahrheit ist, oft wie ein Gott verehrt wird, absoluten und bedenkenlosen Gehorsam verlangt und eine sehr autoritäre Führung praktiziert.
– Alle außer der Gruppe haben versagt (einschl. Kirche, Gesellschaft, Staat, Schule, Wissenschaft); die Welt treibt auf eine Katastrophe zu, nur die Gruppe weiß, wie man sie bzw. sich noch retten kann.
– Die Welt außerhalb der Gruppe wird in dunklen Farben gemalt: als Reich des Satans bzw. als dringend zu befreiendes Geschehen. Von dieser Welt (einschl. frühere Freunde und Verwandte) kapselt man sich weitgehend ab. Als besondere Feinde werden Kirchen und Psychologen, mitunter Eltern gesehen.
– Die Gruppe sieht sich als Elite, die „wahre“ Familie; die übrige Welt wird als „draußen“ bezeichnet. Der einzelne Anhänger hat ein starkes Überlegenheits- und Auserwählungsgefühl.
– Kritik und Ablehnung durch „Außenstehende“ ist gerade der Beweis, dass die Gruppe recht hat. Der einzelne wird angehalten, sich nicht zu sehr bzw. überhaupt nicht mit Kritik oder Kritikern zu beschäftigen.
– Es ist ein privater Heilsweg; es geht darum, wie ich mich entwickle, die wahre Freiheit erlange… Obwohl sich einige Gruppen „Kirche“ nennen, gibt es bei ihnen so gut wie keine sozialen Aktivitäten. Der Dienst für die Mitmenschen bestehe in ihrer Missionierung.
– Wissenschaft und rationales Denken werden als negativ / satanisch / unerleuchtet abgelehnt.
– Die Gruppe kontrolliert sich untereinander.
– Die Ziele der Gruppe stehen bei geschulten Mitgliedern an erster Stelle, vor den eigenen Verpflichtungen und Interessen, vor Familie, Schule, Beruf und der eigenen Gesundheit.
– Sattelfeste Sektenwerber äußern sich oft vorsichtig, ungenau, irreführend oder unehrlich über die Glaubensinhalte, Ziele, Ansprüche und Aktivitäten, bis der Angeworbene „am Haken“ ist. Sie strahlen allerdings eine große Überzeugung und Sicherheit aus und beeindrucken mitunter durch ihr Engagement und ihren betont einfachen Lebensstil.
– Zweifelt man, stellt sich der versprochene Erfolg nicht ein oder wird man nicht „geheilt“, so ist man selber schuld, weil man sich nicht genug einsetzt bzw. weil man nicht genug glaubt / betet / meditiert.
– Viele Sekten haben einen starken Finanz- und Wirtschaftssektor mit entsprechendem Besitz an Fabriken, Diskotheken, Handelsketten. Die einfachen Mitglieder sind vielfach damit beschäftigt, Geld zu besorgen (durch Straßenverkäufe, hohe Spenden bzw. Gebühren für Kurse oder als billige Arbeitskraft in sekteneigenen Unternehmungen). Von den meisten Sektengründern ist dagegen bekannt, dass sie einen sehr exklusiven Lebensstil pflegen.
– Aktive Sektenmitglieder können schnell Anzeichen von Stress, Angst, Schuldgefühlen und Gesprächsunfähigkeit aufweisen.
Quelle: https://www.sekten-sachsen.de/checkliste.htm
Danke:)
Welchen Schluss soll ich nun aus der etwas länglichen Antwort von @Eule als jemand ohne Religionszugehörigkeit ziehen? Ja, die beschriebenen Muster ähneln sich stark. Nicht ohne Grund bin ich vor längerem aus der Kirche ausgetreten und die AfD finde ich einfach nur zum Kotzen.
Sollte man die AfD nun als Religionsgemeinschaft, Kirche oder Sekte betrachten? Mir widerstrebt das, weil es für mich den Fakt zu verharmlosen scheint, dass diese von Nazis durchsetzte Partei nach politischer Macht strebt. Leben wir nicht in einem säkular geprägten Staat, auch wenn Volksparteien das C im Namen tragen, wir alle an christlichen Feiertagen frei haben und auf Landesebene populistische Kreuzerlasse verzapft werden?
Das Stilmittel habe ich nun verstanden. Offen bleibt die Frage, ob man das Stilmittel trotzdem so oft ohne weiteren Kontext nutzen sollte? Nicht immer stellt jemand diese Frage und bekommt dazu noch die gleiche Antwort. Wie ein gläubiger Mensch das aufnimmt, vermag ich ebenfalls nicht zu beurteilen. Das ist der eigentliche Kern meiner Frage.
Zu den Uiguren: Laut Wikipedia leben in China 8,4Mio Uiguren. Wenn 1Mio einsitzen, ist das jeder achte – oder einer pro Familie (von Enkeln bis Großeltern). Ist das glaubhaft? Ohne daß es da zu größeren Unruhen kommt?
In meiner Schulzeit war das dritte Reich dreimal Gegenstand des Unterrichts. Alles ohne dabei den Unterschied zwischen Schuld am Vergangenen und an der Verantwortung zur Gestaltung der Zukunft zu vermitteln!
Das ist hohl und begünstigt imho die Situation wie wir sie jetzt vorfinden: Populisten rechter wie linker Couleur können deshalb so erfolgreich agitieren.
wann war Deine Schluzeit? Bei mir wurde das ca. 1982-86 behandelt und die Schuldfrage wurde eindeutig erörtert. Auch wenn ich im Nachhinein glaube das mein Geschichtslehrer ein Nazi war da er die deutschen Erfolge immer sehr hervorhob!
Ohne zu viel zu relativieren.. Geht es bei den Uiguren wirklich um den Islam, oder allg. gegen Religion. Die Tibet-Buddhisten so wie andere große Vereinigungen abseits der KP ergeht/erging es bisher auch nicht gut… Um es vorsichtig auszudrücken..
Es dürfte eher um Unabhängigkeitsbestrebungen bei einigen Uiguren und Tibetern gehen. Beide Völker stellen weder die einzigen Vertreter ihrer Religionsgruppe in China dar, noch die Mehrheit der jeweiligen Gruppe. Und von Repressionen gegenüber islamischen Hui oder buddhistischen Mongolen und Han hört man ja eher selten (wobei hier gleich das nächste Problem auftaucht: auch in China sind Nationalität und religiöse Zugehörigkeit nicht deckungsgleich).
Entschuldigt, ich möchte keine Keulen schwingen, jedoch attackiert der wiederholt gebrauchte Begriff „AFD-Spacken“ nicht nur die Minderheit der NaziClowns, sondern auch eine andere, die es nicht verdient hat mit der Goofen-Partei in Verbindung gebracht zu werden. Seid doch bitte kreativkorrekt und findet andere Bezeichnungen für die Holzköpfe der Nation.
Vielen Dank und danke auch für die tolle Sendung!
Hallo ihr Zwei,
ich hab einen Themenvorschlag, der mich schon lange beschäftigt und jetzt nach der Bayernwahl gibt es einiges an aktueller Berichterstattung dazu.
Die Armen gehen nicht wählen und deshalb kümmert sich die Politik nicht um sie.
Ganz besonders auf kommunaler Ebene. z.B. Schlecht ausgestattete Schulen in Wahlbezirken mit niedriger Wahlbeteiligung. Dort verfallende Infrastruktur und verwilderte Parks, während nebenan im einkommensstarken Viertel alles immer weiter herausgeputzt wird.
Vom BR gab es eine sehr gute Reportage dazu. Kann man auch hören statt sehen.
https://www.ardmediathek.de/tv/DokThema/W%C3%A4hlen-nur-noch-die-Reichen-Wer-sind-Ba/BR-Fernsehen/Video?bcastId=40552236&documentId=56822832
Auf 3sat ein kurzer Beitrag zu Wahlwerbung in sozialen Netzwerken. Da kann man raushören, daß es vermieden wird diese Gruppen anzusprechen.
Meine These. „Solange die nicht wählen gehen, braucht man deren Interessen nicht bedienen und hat mehr Ressourcen für den Rest = unsere Wähler.“
http://www.3sat.de/mediathek/?mode=play&obj=76433
Es gibt auch noch einige aktuelle Artikel bei den großen Tageszeitungen, falls ihr euch lieber auf solche Medien beziehen wollt. Die BR-Reportage ist aber sehr gut und umfassend.
Das abschreckende Bild vom Osten.
Ich kopier das mal weil ich es besser auch nicht ausdrücken kann.
https://kattascha.de/chemnitz-ist-ueberall/
Hallo Kattascha,
dies ist leider nur der hundertste Beitrag der von Außen über Chemnitz verfasst wurde. Ich war auf einigen Gegenkundgebungen von Cegida oder zuletzt dem Dritten Weg am 1.Mai diesen Jahres in Chemnitz. Nie konnten Nazis in Chemnitz so mobilisieren wie am Sonntag und Montag, meist warens ein paar hundert, selten kamen mehr als 500.
Chemnitz hat kein internationales Klima in der Stadt, die Universität und die (ausländischen) Studenten leben weitestgehend unter sich. Seit meine (nicht-deutsche) Freundin mit mir in Chemnitz wohnt, erfahre ich viel mehr alltägliche Schwierigkeiten für Ausländer in der Stadt. Weniger geht es um Rassismus, mehr um generellen Umgang und die ostdeutsche Grieskrämigkeit gepaart mit sehr wenig Deutschkenntnissen.
Mit jedem Beitrag über rechte Hochburgen und mit jedem ausgestreckten Zeigefinger („Die Sachsen…“) zieht man die Gräben tiefer zwischen rechts und links. Die bürgerliche Mitte versuchte bisher an diesem Konflikt kaum teilzunehmen, mal sehen ob es so bleibt.
Ich werde Chemnitz berufsbedingt in absehbarer Zeit verlassen. Selten habe ich mich so sehr darüber gefreut wie aktuell und trotzdem kann man die Menschen und vor allem diejenigen, die nach Chemnitz zugereist sind, nicht alleine lassen. Während Rest-Deutschland angewidert mit dem Finger auf den braunen Rand zeigt.
Hallo Andreas,
ich frage mich: Was muss passieren, damit die bürgerliche Mitte sich äußert und eine Haltung an den Tag legt und was ist die Alternative zu dem, was du „Spaltung“ nennst. Ich finde, bei „Spaltung“ klingt häufig so ein Vorwurf an „Links“ mit – wobei „Links“ dann auch alles ist, was sich irgendwie anständig verhält und sich gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit stellt… was auch schon vielsagend ist. Dabei beobachte ich in Ostdeutschland (mit dem ich zu tun habe, weil dort meine Familie lebt), dass es die Rechten sind, die sich abspalten. Natürlich versuchen sie dabei, so viele wie möglich „mitzunehmen“, zB über hetzerische Nachrichten in Whatsapp-Sportgruppen (so passiert), aber wenn sie das nicht erreichen, dann zeigen sie mit dem Finger auf den Rest und behaupten, sie würden von denen ausgeschlossen.
Das erinnert mich immer so ein bisschen an eine ehemalige Kollegin, die von Redaktion zu Redaktion wechselte und über die jeweils vergangene jedes Mal behauptete, sie sei dort „gemobbt“ und ausgegrenzt worden, dabei erlebte ich in der ersten, wie sie mich mobbte und stalkte, und ich weiß aus zwei anderen, dass sie sich dort auch jedes Mal daneben benahm und Leute aus dem Nichts anpöbelte. Aber hinterher war sie immer das Opfer.
Also die Frage: ich behaupte, der Graben wird allein von rechts geschaufelt. Ich will mir den Schuh nicht anziehen, daran schuld zu sein – jeder hat die Wahl, man muss kein Rassist sein. Man kann Respekt für ALLE Menschen empfinden, unabhängig von deren Herkunft. Wie also soll das deiner Meinung nach gehen, den Graben von Links wieder zuzuschütten, wenn rechts immer weiter geschaufelt wird und ist das nicht eine Sysiphos-Arbeit?
Ich habe keine Ahnung wie das gehen soll.
Die AfD ist aber im Osten noch vor der CDU die stärkste Partei.
Es wird leider nix helfen den Leuten ständig zu erklären dass sie Rassisten und Nazis sind.
Vielleicht sucht „der Ostdeutsche“ ja immer noch nach seiner Identität im eigenen Land.
Ich meine, für viele Menschen im Osten ist 1990 von einem Tag auf den anderen ihr gesamtes Lebenswerk genommen wurden und es hat niemanden interessiert.
Die sind jetzt zwischen 50 und 60 Jahre,bilden ein riesiges Wählerpotenzial und wählen AfD.
Das soll keine Entschuldigung sein aber vielleicht eine mögliche Erklärung.
Vielleicht ist es letztlich doch viel simpler als die beliebte Erzählung von der verlorenen und nie wiedergefundenen Identität (die zu kaufen ich sowieso große Schwierigkeiten habe, denn sie erklärt nichtmal ansatzweise, woher die Verachtung kommt, die diese Leute so ziemlich allen entgegenbringen, die nicht genauso verächtlich unterwegs sind, wie sie selbst).
Was dieses Gewalt-Thema angeht, fand ich diese Geschichte über Jugendliche im Osten in den 1990ern recht erhellend (bitte ganz lesen, da geht es um mehr als in diesem Ausschnitt):
—
„Mit den neunziger Jahren verbinde ich persönliche Erlebnisse, die derzeit wieder hochkommen“, sagt Manja Präkels, „und wenn ich im Land unterwegs bin, sehe ich jetzt oft genau die Leute bei der AfD wieder, die sich als Sieger der Kämpfe der neunziger Jahre begreifen.“
…
Ich habe sie angerufen, um sie zu fragen, ob auch sie sich an damals erinnert fühlt, wenn sie die Bilder aus Chemnitz und Köthen sieht. Sie sagt, wenn sie auf Lesereisen unterwegs sei oder bei Tagungen, dann treffe sie auf Rechtsextreme, die angetrieben sind von dem, was sie damals erreicht haben in Rostock-Lichtenhagen und bei den vielen kleineren Feuern, die kaum jemand sah. „Sie begreifen sich als Sieger dieser Kämpfe“, sagt Präkels, „weil nichtweiße Menschen damals aus Ostdeutschland abtransportiert worden sind. Das hat die Gewalt jener Jahre in ihren Augen nachträglich legitimiert.“
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(Ab hier spitze ich zu, weil ich zu faul zum Differenzieren bin)
Außerdem halte ich es auch eher für einen Mythos, dass sich niemand für die Leute interessiert hat. Das erzählt sich halt für alle Beteiligten ganz prima: die Ostler müssen keine Verantwortung übernehmen, weil sie ja die armen Opfer sind, und die Westler schreiben eine Handvoll wohlwollender Artikel, weil was willste machen. Das ist mir zu simpel. Für die Menschen im Ruhrgebiet und im Saarland und in Bremerhaven haben sich genauso viele oder wenige interessiert, als deren Existenzgrundlage weggebröselt ist – bloß scheint der gröhlende Teils des Ostens aus dem Umstand der Osten zu sein, irgendwie abzuleiten, eine Sonderbehandlung verdient zu haben, die noch darüber hinausgeht, mit Geld für Infrastruktur zugeschissen worden zu sein. Zwischen einem Mindestlöhner in Gelsenkirchen und einem aufm Darß sehe ich jedenfalls keinen Unterschied außer dem Zustand der Straße, auf der er zur Arbeit fährt – und der ist in Gelsenkirchen schlechter.
Wer es in drei Jahrzehnten nicht auf die Reihe gebracht hat, seine Identität diesseits der Gehässigkeit zu finden, hat jedenfalls ein anderes Problem, als irgendeine Wendeerfahrung.
Wenn ich als einzigen Erklärungsansatz hernehme, dass es davon abhängt, wie gut Menschen in der Lage sind, mit Freiheit umzugehen, also zu begreifen, dass Freiheit immer auch Verantwortung – und zwar nicht nur für sich, sondern vor allem auch für Andere – bedeutet, bilde ich mir ein, eine Erklärung für mindestens 80% des Phänomens in Ost wie West zu haben. Und die restlichen 20% sind die Arschlöcher, die man sowieso immer irgendwo dabei hat.
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Und mal ein ganz anderer Gedanke, der mich seit einiger Zeit beschäftigt und den ich nicht richtig gepackt bekomme: Zwei Jahrzehnte nach der DDR-Diktatur scheinen vor allem diejenigen laut zu sein, die in der DDR schon erwachsen waren, während zwei Jahrzehnte nach der Nazi-Diktatur vor allem die Kinder der Nazis laut geworden sind. Bedeutet das was oder bilde ich mir hier bloß einen Zusammenhang ein?
Holgi,ich verstehe deinen rant absolut aber das kann nicht die gesellschaftliche Antwort sein.
Dann müssen wir wieder alle unser eigenes Stück Land und eine Flinte bekommen.
Ich persönlich lache auch über die Pegidas,Legidas und wie sie alle heißen aber helfen wird das leider überhaupt nix…^^