Es geht wieder um faires Fliegen, arme Leute, Klimaskeptiker, die Zukunft unserer Kinder, Sozialpolitik, das Große Ganze, die neoliberale Denke und unseren ganz alltäglichen Rassismus. Featuring Jenny vom Amt und die Kinder.
Links und Hintergründe
- Letzte Sendung zum Thema Klima: #155. Wir haben noch zwei Jahre
- Holgis Gespräch mit dem fairen Fleischer: Wrint694 Fleisch
- ntv: GDL-Chef Weselsky ist kein Irrer
- Wikipedia: Fear Of Missing Out – FOMO
- The New York Times Magazine: Losing Earth – The Decade We Almost Stopped Climate Change
- Monitor vom 16.08.2018
- Beispiel für Gleichzeitigkeit von neuen Ansätzen in nachhaltiger Entwicklung: Wikipedia: Sustainable Development Goals
- weiter: Sustainable Development Solutions Network
- Außerdem: Welt im Wandel – Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation
- Warum das alles? Weil Anthropozän – weil wir verantwortlich sind
- Deutschlandfunk: EU-Kommission: Online-Befragung zur Zeitumstellung endet
- Süddeutsche: Die Landwirtschaft ist Teil des Problems
- Riffreporter: klimasocial
- Riffreporter: Damit die Menschheit auf dem Planeten Erde überleben kann, braucht sie Hilfe – in Form umfassender Verbote, fordert der Verleger Herbert Lenz. Interview von Christopher Schrader
- ZEIT Campus: „Die meisten Weißen sehen nur expliziten Rassismus“ – Interview mit Robin DiAngelo
Die Wochendämmerung ist ein hörerfinanziertes Angebot – eine Spende über steady hält das Angebot am Leben.
Holgis Kommentar zu Gewerkschaften lässt sich in einer Liedzeile der Ärzte zusammenfassen: „Es ist nicht deine Schuld, wenn die Welt ist wie sie ist. Es ist nur Deine Schuld wenn sie so bleibt.“
Es ist schon ziemlich cool, dass eine Band wie die Ärzte es geschafft hat, zu einem Reservoire von Weisheitssprüchlein zu werden 🙂
Erst einmal danke für diese – doch recht andere – Diskussionsfolge.
Dem Argument, dass es keine Flugreisen braucht, um kulturelle Verständigung zu fördern, kann ich nicht ganz folgen.
Sicher – in einem All-Inclusive-Resort lernt man die Welt nicht kennen. Das ist aber auch nicht das, was ich in meinem Umfeld erlebe. Geflogen wird dort viel, aber dann geht es eben mit dem Rucksack quer durch’s Land. So ähnlich mache ich es auch und meinen Horizont hat es sehr erweitert und zumindest bei mir oder in meinem Umfeld ist FOMO auch nicht der Treiber für solche Reisen.
Dass das – wenn man es 1x oder mehr pro Jahr macht aus Klima-Gesichtspunkten nicht akzeptabel ist, steht außer Frage. Nichtsdestotrotz gibt es (zumindest in meinem Umfeld – vielleicht lebe ich da in einer Blase) aber trotzdem viele Leute, die so die Welt, andere Kulturen und andere Sichtweisen kennengelernt haben. Aus meiner Erfahrung ist das auch nichts, was man auch medial vermitteln könnte. Denn manche Erkenntnisse kommen einem an kleinen Dingen des Alltags, die man in der anderen Kultur miterlebt.
Die Frage, die sich mir daraus stellt ist: Wie kann man einen solchen kulturellen Austausch ermöglichen ohne dabei die Erde kaputt zu machen? Wäre beispielsweise ein EU-weites Hochgeschwindigkeitszugnetz zu günstigen (vermutlich subventionierten) Preisen eine Möglichkeit um so etwas zumindestens innerhalb Europas zu ermöglichen – und wäre das am Ende klimafreundlicher? Oder sind das schlicht zwei Ziele, die sich nicht vereinbaren lassen?
„So ähnlich mache ich es auch und meinen Horizont hat es sehr erweitert“
Hätte es deinen Horizont weniger erweitert, wenn du mit dem Zug gefahren wärst? Hätte nicht die Reise dort hin durch die Länder dazwischen deinen Horizont erweitert? Muss man 10.000km verreisen um den Horizont zu erweitern oder reichen nicht auch 4.000km?
„Wäre beispielsweise ein EU-weites Hochgeschwindigkeitszugnetz zu günstigen“
Innerhalb Europas kann man doch heute schon ohne Flüge auskommen. Wir sind damals mit der Abifahrt auch mit dem Bus nach Spanien und in der Chorfreizeit nach Italien..
„und wäre das am Ende klimafreundlicher?“
Wie bitte? Ja, natürlich. Zug fahren ist deutlich klimafreundlicher als Fliegen. Deshalb ja die ganze Diskussion!?
Liegt das nur an mir gerade oder schreiben zu dem Thema total oft Leute irgendwelche Bedenken ohne vorher mal die Fakten auch nur kurz zu recherchieren? Ich glaub ich geh besser mal ins Bett jetzt…
Ich hätte mich vielleicht präziser ausrücken müssen: In die USA beispielsweise wäre ich mit dem Zug nicht gekommen und wenn doch (mit Schiffahrt dazwischen) wäre die Frage eben gewesen „und wäre das am Ende klimafreundlicher?“.
Mit letzterer Frage bezog ich mich auch darauf was der Bau von Hochgeschwindigkeitszuginfrastruktur mit dem Klima macht. Die Frage nach dem Break-Even-Point stellt sich da. Dass die „laufenden Klimakosten“ beim Zug deutlich geringer sind als beim Fliegen ist mir schon klar 😉
Die zweite Frage ist eben die Zeitfrage – deswegen sprach ich auch von Hochgeschwindigkeit. Viele Leue werden schlicht nicht die Zeit haben von ihren 20 Tagen Jahresurlaub 8 im Zug zu verbringen. Zumal die ersten 500km von zu Hause aus fast immer die gleichen sein werden.
Und vielleicht nocheinmal meine Intention etwas klarer – mir ging es nicht darum das Fliegen zu verteidigen. Ich habe ja geschrieben, dass das aus Klimagesichtspunkten nicht vertretbar ist. Es ging mir um die Suche nach praktischen Alternativen.
migration ermöglichen, eigene Exotisierungen hinterfragen. dann können wir auch hier bleiben
Ich glaube, dass gerade in jüngeren Kreisen der Eindruck mit den vielen Flügen auch etwas täuschen kann: junge Menschen, die gerade erst noch erwachsen werden oder es gerade erst geworden sind, haben ja das erste Mal die Möglichkeit, mal so richtig auf eigene Faust krasse Fremheitserfahrungen zu machen. Da finde ich ein paar Backpacker/Erlebnis/Horizonterweiterungsurlaube innerhalb von ein paar Jahren vollkommen in Ordnung, solange das nicht zu lebenslangen Gewohnheits wird.
Umso älter die Menschen sind, desto seltener werden solche Trips, die auf Erfahrung ausgelegt sind, sondern stattdessen eher interessante Komfortreisen sind. Ich würde also wirklich nicht mit dem Argument des Klimaschutzes der erlebnishungrigen Jugend ihre Weltreisen verbieten wollen. Wohl dann aber später Routinereisen ins hübsche Hotel auf den Kanaren.
Insgesamt muss man aber auch bei dem Horizonterweiterungsargument sagen: auch das europäische Ausland ist schon sehr spannend. Und es ist ja nicht so als wären uns relativ fremde Länder wie Finnland, Russland, Kasachstan, Georgien, die Türkei uvm. nicht auch auf dem Landweg erreichbar. Und das gilt sowohl für den Komfort- als auch für den Horizonterweiterungsurlaub. Warum nicht mal nach Moskau und dann weiter mit der Transsib? Ist sicher auch nicht teurer als nach Neuseeland zu fliegen und mit Sicherheit kulturell noch um einiges spannender
Ich finde ihr individualisiert die Klimadiskussion in der aktuellen Ausgabe sehr. Mal am (persönlichen) Beispiel „Fliegen“:
Ich bin beruflich gezwungen zu fliegen und auch privat fliege ich viel, da ich in Deutschland arbeite aber in der Türkei lebe – hingegen fliegen wir normalerweise nicht wenn wir Urlaub machen. Ich habe mich entschlossen, jeden Flug über atmosfair zu kompensieren. Dabei wird der CO2 Wert berechnet den der Flug kostet und es wird ein Kompensationsbetrag berechnet den man für CO2 Projekte spenden soll, um den Flug zu kompensieren. Ich mache das, aber eventuell ist das nur eine Gewissensberuhigung – da bin ich mir nicht sicher.
Ich müsste jedoch meinen Beruf aufgeben und meine Lebenssituation (sowie die meiner Familie) vollständig ändern, wenn ich weniger fliegen will. Dazu bin ich nicht bereit. Ich versuche das Fliegen soweit wie möglich zu reduzieren (bleibe länger in Deutschland als ich müsste, versuche Termine bei Kunden soweit eben möglich zu kooridinieren, nutze Bahn und Auto (ja, ein Diesel, ich denke aber, ein Benziner ist auch nicht wirklich sinnvoller) soweit es geht. Aber am Ende sind meine Optionen begrenzt.
Wirklich etwas ändern wird sich jedoch nicht damit, dass ich weniger fliege. Etwas ändern wird sich nur, wenn die gesellschaftlichen Rahmenbedigungen sich ändern. Flüge zum Beispiel teurer werden oder begrenzt. Wenn die Flüge so teuer werden, dass man es sich nicht mehr leisten kann, dann würden meine Kunden auch mit Telefonaten, Webkonferenzen etc. zufrieden sein und ich bräuchte kaum noch fliegen – heute zahlen sie dafür dass ich nach Berlin, London, Paris oder Istanbul komme. Oder vielleicht würden sie auch nur noch lokale Berater beauftragen, ok, dann bin ich meinen Job los und muss mir was anderes suchen, bin dann gezwungen, ich weiß aber zumindest dass es Sinn macht.
Und ich kenne sehr viele Menschen in meinem Umfeld, die ebenso viel Fliegen wie ich, aber noch weniger Einfluss darauf haben, da sie vor Ort beim Kunden arbeiten müssen – Anwesenheitspflicht. Es gibt inzwischen über das Internet die Möglichkeit den Job als IT Berater auch aus dem Homeoffice zu machen, aber die Kunden bestehen auf Anwesenheit da es doch so günstig ist zu fliegen. 100 bis 200 Euro am Tag werden da einfach locker gemacht, kein Problem.
Aber ob das am Ende die Lösung wäre ist auch unklar, man schaue sich mal die CO2 Kosten für den Betrieb von Rechenzentren an und stelle sich vor, dass 80 % der externen Mitarbeiter von Unternehmen nur noch über das Internet arbeiten. Das wird auch nicht wirklich „günstig“ unter dem CO2 Aspekt.
Ich habe keine finale Idee, wie man das Problem lösen kann, aber ich bin mir sicher, individuell wird man es nicht lösen können (die Mücke im Zimmer lasse ich leben, da sie aus meiner Sicht ebenso schützenswert ist wie alles Leben). Individuell kann man einen Beitrag leisten, sich einschränken und versuchen vernünftig zu leben. Das ist wichtig und ich versuche das soweit es mir möglich ist. Dennoch denke ich, es ist unabdingbar, dass sich sie Politik ändert – und da habe ich wenig Hoffnung, die aktuellen Wahlergebnisse sind da eher bedenklich.
my 5 cents.
„Ich müsste jedoch meinen Beruf aufgeben und meine Lebenssituation (sowie die meiner Familie) vollständig ändern, wenn ich weniger fliegen will. Dazu bin ich nicht bereit.“
Immerhin bist du ehrlich, aber ganz ehrlich: Substanzielle Veränderung auf der Welt ohne das eigene Leben zu verändern gab es noch nie. Es gibt genug Leute, die bestimmte Jobs einfach nicht (oder nicht mehr) machen, weil sie es nicht vor sich verantworten konnten. Ich will mich da nicht über dich stellen oder sowas, aber fand einfach die Argumentation/Ausrede „da müsste ich ja was ändern!!!“ heikel…
„man schaue sich mal die CO2 Kosten für den Betrieb von Rechenzentren an und stelle sich vor, dass 80 % der externen Mitarbeiter von Unternehmen nur noch über das Internet arbeiten. Das wird auch nicht wirklich “günstig” unter dem CO2 Aspekt.“
Das ist einfach so eine Behauptung, die du in den Raum stellst. Wieviel Strom benötigt denn das Remote Arbeiten verglichen mit einem Flug? Hast du das nachgeschaut?
Ich habe gerade mal grob Überschlagen und da kommt raus, dass einmal Berlin-Paris (1 Richtung) mehr CO₂ (230kg) verursacht als ein Desktop-PC bei hoher Last für ein Jahr (8h * 250 Arbeitstage * 200W ~= 400 kWh = 200kg CO₂). Natürlich ist das nur eine grobe Abschätzung, weil es ja um Netzinfrastruktur geht und nicht einen Desktop-PC, aber die Netzhardware ist oft sehr strom-effizient, weil es man Skaleneffekte gut ausnutzen kann und die Stromkosten einer der größten laufenden Kostenfaktoren für die Netzbetreiber sind.
Wohlgemerkt: In der Überschlagsrechnung ist man auf dem Niveau von einem Flug! Nicht mal der Rückflug wurde berücksichtigt…
„Das ist wichtig und ich versuche das soweit es mir möglich ist. Dennoch denke ich, es ist unabdingbar, dass sich sie Politik ändert“
Ich denke da sind wir einer Meinung.
„Substanzielle Veränderung auf der Welt ohne das eigene Leben zu verändern gab es noch nie. Es gibt genug Leute, die bestimmte Jobs einfach nicht (oder nicht mehr) machen, weil sie es nicht vor sich verantworten konnten. Ich will mich da nicht über dich stellen oder sowas, aber fand einfach die Argumentation/Ausrede “da müsste ich ja was ändern!!!” heikel…“
Den Beruf nicht zu wechseln, für den ich lange studiert habe, in dem ich es im Laufe der Zeit zu einer Position gebracht habe, die es uns ermöglicht beim Bauer im Ort einzukaufen, Kleidung zu tragen die nicht von Kindern in Indien hergestellt wurde und unsere Kinder auf Schulen zu schicken, die ihnen mehr vermitteln als reines Schulwissen, daran ist für mich nichts Ausrede und nichts heikel. Zumal ich ja gesagt habe, wenn sich die Rahmenbedingungen so ändern, dass es grundsätzlich nicht mehr machbar ist für den Job zu fliegen, sich also tatsächlich etwas substanzielles ändert, dann ist das ok für mich. Aber individuell ist das für mich keine akzeptable Lösung.
Ich verstehe, dass es immer ein bisschen nach Ausrede klingt, zumal ich das Argument „das machen doch alle“ auch nicht gelten lasse wenn es zum Beispiel darum geht für die Rüstungsindustrie zu arbeiten. Es geht hier nicht nur um Effektivität einer Maßnahme sondern auch um Moral oder Wertvorstellungen. Aber genau deswegen ist es bedenklich das so sehr zu individualisieren. Denn dann geht es um die Frage, wie weit geht der Einzelne um ein Problem zu lösen, und damit also um die Moral des Einzelnen.
In dem Beispiel Fliegen sagt mir meine Moral, ich bin nicht an Handlungen beteiligt die direkt zum Nachteil anderer führen. Das liegt an der Masse der Flüge an der ich individuell nichts ändern kann, zumal mit dem Wissen, dass nur ein verschwindent kleiner Teil der Menschen so moralisch korrekt ist wie wir es uns wünschen würden. Bei der Rüstungsindustrie würde ich mich direkt involviert fühlen, so als hätte ich selber den Knopf gedrückt. Daher weigere ich mich für Konzerne zu arbeiten die mit Rüstung Geld verdienen. Das ist aber auch nur meine eigene Moral.
Nochmal, mir ist klar, dass es für jemanden mit anderen Moralvorstellungen immer falsch klingt. Du bist vielleicht der Meinung ich müßte für die Rettung des Klimas meinen Job aufgeben, mein Nachbar hält mich für einen Spinner weil Militär wichtig ist um unsere Freiheit zu schützen. Es ist immer die Moral des Einzelnen und die läßt sich nicht verallgemeinern, das haben Philosophen schon seit Jahrhunderten versucht und sind immer gescheitert.
Nur darum ging es mir hier. Das Problem Klimawandel zu individualisieren ist nicht ausreichend. Ja, es ist auch ein individuelles Problem, aber individuelle Handlungen oder nicht-Handlungen werden nicht zu substanziellen Veränderungen führen, die dienen wohl im Wesentlichen der eigenen Moral da sie nicht die Kraft entfallten können die notwendig wäre. In Einzelfällen haben individuelle Veränderungen so eine Kraft erreicht, dass sie die Menschen ergriffen haben und damit zu globalen Änderungen geführt haben (z.B. Gandhi).
Gesellschaftliche Handlungen – und in diesem Fall sogar globale gesellschaftliche Handlungen – werden da effektiv helfen können. Motorradfahrer haben erst einen Helm aufgesetzt als es zur Pflicht wurde. Autofahrer haben den Gurt erst umgeschnallt, als sie bestraft wurden wenn sie ohne Gurt erwischt wurden. Insofern stimmt dein Satz „Substanzielle Veränderung auf der Welt ohne das eigene Leben zu verändern gab es noch nie“ aber eben auf andere Weise. Die substanziellen Änderungen führen zu individuellen Veränderungen, nicht umgekehrt. Wichtig ist für mich die Bereitschaft, diese individuellen Änderungen zu akzeptieren damit substanzielle Änderungen passieren können.
Ach ja, was die Rechenzentren angeht … da hast du sicher Recht, einen Flug zu kompensieren schafft man mit dem PC zuhause nicht. Dennoch gibt es die Diskussion über die Klimakosten der Rechenzentren die man (laut Bundesumweltministerium) aktuell mit ca. 8% des Gesamtkosten ansetzt (und das sind, soweit ich es verstanden habe, immerhin knapp 25% der Flug-CO2 Kosten).
Siehe hier: https://raidrush.net/threads/die-klimakosten-des-internet-booms.330143/
Wenn nun weltweit alle Berater anstatt zum Kunden zu fliegen Videochats veranstalten würden, dann wäre die dafür notwendige Infrastruktur sicher auch nicht besonders umweltfreundlich zu nennen. Ich kann das nicht berechnen, was es wirklich bedeuten würde, aber darum ging es mir auch nicht. Worum es mir ging ist aufzuzeigen, dass es gerade in dem Thema Klimawandel keine einfachen Lösungen gibt die man individuell erreichen kann. Dafür müssen viele Menschen zusammen arbeiten und Lösungen finden, die sehr wahrscheinlich hart sein werden, aber dann am Ende auch Effektiv. Eventuell wird es dann keine Berater mehr geben die von Düsseldorf aus Kunden in London betreuen weil es einfach nicht mehr geht. Dann sind wir einen Schritt weiter der sich gelohnt hat.
@Holger und Katrin: Ich weiß, dass ihr das Thema nicht komplett individualisiert habt. Ich fand es nur ein bisschen zu sehr in diese Richtung diskutiert. Die Diskussion hier zwischen Venya und mir hebt da stark drauf ab, was aber nicht unbedingt die Diskussion im Podcast spiegelt.
„Dennoch gibt es die Diskussion über die Klimakosten der Rechenzentren die man (laut Bundesumweltministerium) aktuell mit ca. 8% des Gesamtkosten ansetzt“
Aber nur ein Bruchteil dieser Infrastruktur wird für Remote-Arbeiten benutzt. Wenn man vor Ort sitzt braucht man ja auch E-Mails und Internet. Man kann ja nicht Gegenrechnen: Alle Rechenzentren vs. alle Flüge. Man muss rechnen Rechenzentren wenn man fliegt + Flug vs. Rechenzentrum wenn man Remote arbeitet.
Ich hab beim anderen Kommentar auch drüber nachgedacht: Ich glaube mit triggert einfach dieses „Ob das was bringt?…“ ohne es mit harten Fakten zu untermauern. Das ist einfach eine gute Möglichkeit jeden Vorschlag zu zerreden und Stimmung dagegen zu machen ohne dass man sich mit der Sache auseinandersetzen muss.
Wie oben schon geschrieben: Das machen Nazis auch „Ob die Ausländer sich dann auch alle integrieren? Ob die wohl auch alle arbeiten gehen und in die Sozialkassen einzahlen? Ob die Flüchtlinge auch wieder heimkehren?“
Das ist so als würde man sagen „Ihr sagt 2+2 = 4, aber ob das stimmt halte ich für fraglich…“
Ok, danke, keine Lust auf Nazi Vergleiche.
Die Aussage, dass sich die Welt nur ändert, wenn das Individuum sich ändert, ist doch mit Rückblick auf die Geschichte nicht zu untermauern.
Einer der Gründe, warum wir alle heute „unseren Arsch in die Sahne halten können“ (um Atze Schröder zu bemühen), ist doch, dass es bahnbrechende technologische Entwicklungen gab. Und das Individuum ist dann immer den Weg des geringsten Widerstands gegangen. Beispiele: Erfindung des Automobils, Entwicklung des Smartphones, und natürlich Entwicklung des Passagierjets. Da war der Mensch doch jeweils froh, dass das nun erfunden wurde, weil es das Leben angenehmer machte (und neue Möglichkeiten eröffnete) und so ist es jeweils zum neuen Standard geworden.
Ich gebe zu, dass ein anderer Grund für unser tolles Leben heute in den reichen Industrieländern natürlich auch ist, dass Individuen für Demokratie und Freiheit auf irgendeine Weise gekämpft haben. An der Stelle, stimme ich dir zu. Jedoch ist der Leidensdruck für den Klimawandel (noch) viel zu gering und nicht annähernd vergleichbar.
Meiner Ansicht nach wird sich das Flug-Problem erst lösen, wenn bspw. Elektro-Flugzeuge (oder andere Antriebsarten) entwickelt werden. Von dem wirklich grossartigen Nutzen des Jets wird sich die Menschheit nicht verabschieden.
Ist nicht allzu weit hergeholt: https://www.handelsblatt.com/unternehmen/industrie/elektro-flugzeuge-eines-tages-bauen-wir-elektrische-linienflugzeuge/9920106-2.html
„Die Aussage, dass sich die Welt nur ändert, wenn das Individuum sich ändert, ist doch mit Rückblick auf die Geschichte nicht zu untermauern.“
Das hat nach meiner Erinnerung nie jemand gesagt. Ganz abgesehen davon hängt ja das eine mit dem anderen zusammen. Je mehr Leute auf klimafreundlichkeit achten umso mehr Druck ensteht am Markt eben klimafreundliche Technologien zu entwickelt wie z.B. effiziente E-Flugzeuge…
„Meiner Ansicht nach wird sich das Flug-Problem erst lösen, wenn bspw. Elektro-Flugzeuge (oder andere Antriebsarten) entwickelt werden“
Die Frage ist halt ob wir so viel Zeit haben oder ob es dann schon zu spät ist, weil sich die globale Klimeerwärmung nicht mehr oder kaum aufhalten lässt…
„Und das Individuum ist dann immer den Weg des geringsten Widerstands gegangen“
Sorry für den Doppelpost, aber auch das ist doch mit Blick auf diesselbe Geschichte nicht haltbar und extrem vereinfachend… Was ist mit Bewegungen wie Anti-AKW, Feminismus, US-Bürgerrechtsbewegung, DDR-Widerstand usw. usw.? Dort haben signifikante Veränderungen stattgefunden gerade in dem Individuen nicht den Weg des geringsten Widerstands gegangen sind.
Vielleicht kann man das nicht 100% vergleichen, aber es genügt um das Argument „Die Leute gehen doch eh den Weg des geringsten Widerstands“ zu widerlegen.
@Bernd
Du machst dir ja auf jeden Fall Gedanken und versuchst, das beste in deiner Situation zu machen. Ausnahmefälle, wo es nicht oder nur extrem schwer anders geht, wird es immer geben. Das befreit aber das Individuum nicht von Verantwortung. Dieser Umstand kann lediglich einige wenige Individuen (z.B. dich) davon befreien, gewisse Dinge – in deinem Fall eben Flüge – zu unterlassen, aber nicht davon, gerade aufgrund dieses Umstandes, zu versuchen, die Gesamtsituation zu verbessern. Ein Stück weit tust du das ja, wenn du atmosfair nutzt. Allerdings sehe ich hier dann über die Bemühung hinaus, sein Konsum- und Reiseverhalten möglichst abzumildern die Pflicht, sich politisch für eine klimafreundlichere Politik zu engagieren. Also im Grunde gegen die eigenen Interessen dafür kämpfen, dass unter anderem Flüge teurer werden.
PS: Wo siehst du das Problem mit Nazivergleichen? Venyo wollte dich ja nicht mit einem Nazi gleichsetzen, sondern hat lediglich strukturelle Parallelen zu einer Argumentationsweise aufgezeigt, wie auch Nazis sie betreiben. Nazivergleiche funktionieren nunmal oft sehr gut, weil die Mechanismen da sehr leicht verständlich sind.
@njorg
Stimme dir im Wesentlichen zu, aber frage mich, was das bedeutet, sich für klimafreundliche Politik zu engagieren. Eine Partei wählen wie Katrin es weiter unten beschrieben hat?
„Wieviele der Leute, die sagen, dass sie alleine nichts ausrichten können, haben denn bei der letzten Bundestagswahl die einzige Partei gewählt, die überhaupt irgendwas zum Klimawandel machen will? der es ernst ist?“
Welche ist das jetzt und woran erkenne ich das? Und was, wenn ich in anderen wichtigen Fragen nicht mit der Partei übereinstimme? Und warum haben sie diese Partei nicht gewählt?
Die Frage die ich eigentlich aufgebracht hatte war ob es nicht „zu sehr“ individualisiert diskutiert wird (was mich nicht davon befreit, individuell verantwortungsvoll zu handeln).
Meine Frage ist, (wie) schaffen wir es die Mehrheit der Menschen dazu zu bringen, sich für den Schutz des Klimas, mit all den persönlichen Konsequenzen einzusetzen, entsprechend zu wählen und zu handeln. Im Grunde stellt Katrin (weiter unten) ja auch diese Frage und hat erstmal nur die Antwort auf die individuelle Ebene zu gehen, wie sie sagt (oder wie ich es verstehe). Ich finde das nachvollziehbar und frage mich dennoch ob es ausreicht. Venjo hat in seinem „Doppelpost“ oben sicher recht. Es gibt genug Beispiele dafür, dass sich aus individuellem Engagement politische Kraft entfaltet hat.
Klappt das, wenn ich den Menschen erzähle, „es ist zwar scheiße schwer, aber du musst es tun“? Oder mache ich ihnen damit Angst vor dem was sie tun müssen?
Sehr gut fand ich das Gespräch zwischen Katrin und den Kindern. Habe es gestern meiner Mutter (77) vorgespielt und ihre Reaktion war … „die armen Kinder, dass die schon solche Angst haben müssen. Kann man da nicht was machen?“ Das hat sie emotional gepackt. Wenn ich ihr sonst was von Dürre und dem bevorstehendem Untergang von Holland erzählt habe, hat sie mich immer nur ungläubig angesehen.
Vielleicht muss man das erst selber spüren? Vielleicht müssen wir Angst vor dem Klimawandel verbreiten? Ist das der Grund, warum es nicht ausreicht, wissenschaftliche Fakten zusammen zu stellen? Hat sich die AKW Politik in der BRD geändert weil es aus der individuellen Kraft heraus zu Einsicht kam oder weil die Menschen nach Tschernobyl und Fukushima so richtig Angst bekommen haben und den Versprechungen der Politik (kann bei uns nicht passieren) nicht mehr geglaubt haben? Die Indizien sprechen eher für letzteres.
Ich weiß es nicht.
Ich möchte mal noch auf ein paar Dinge eingehen.
Venyo: „Immerhin bist du ehrlich, aber ganz ehrlich: Substanzielle Veränderung auf der Welt ohne das eigene Leben zu verändern gab es noch nie. Es gibt genug Leute, die bestimmte Jobs einfach nicht (oder nicht mehr) machen, weil sie es nicht vor sich verantworten konnten. Ich will mich da nicht über dich stellen oder sowas, aber fand einfach die Argumentation/Ausrede “da müsste ich ja was ändern!!!” heikel…“
Allein, dass wir in Deutschland leben ist schon ein Faktor, dass wir negativ zum Klimawandel beitragen.
Da kann man sich als Individuum noch so anstrengen, man wird seinen CO2-Fußabdruck nicht auf ein Maß reduzieren können, der dem Klima nicht schadet. Daher geh ich auch mit Bernd mit, es müssen Anreize geschaffen werden, nicht nur bei Reisen, sondern eben in allen Lebenslagen, so dass man für viele Menschen Möglichkeiten bereitstellt, eben etwas für das Klima zu tun. Jeder Mensch lebt anders. Jeder Mensch hat andere Vorlieben. Und jeder Mensch ist sicherlich bereit, auf etwas zu verzichten, aber warum sich auf eine Sache fixieren, wenn es viele Schrauben gibt, an den man drehen kann.
Ich hab mir das auch jetzt noch mal die Woche durch den Kopf gehen lassen und bin der Meinung, dass man auf der einen Seite natürlich schauen muss, wie man der globalen Erwärmung entgegentreten kann, aber auch das Worst-Case-Szenario als realistisch ansieht und dort eben auch schauen muss, was getan werden muss, um den Menschen zu helfen. Und dazu gehören grade Gegenden, die von der Erwärmung härter getroffen werden als wir.
Wenn man es mal ganz pessimistisch anschaut, können wir, mit der jetzigen Entwicklung, den Klimawandel nicht mehr aufhalten. Wir können ihn nur noch verlangsamen und sollten auch weiterhin schauen, dass wir in der Zukunft dagegen angehen.
Bernd: „Ich bin beruflich gezwungen zu fliegen und auch privat fliege ich viel, da ich in Deutschland arbeite aber in der Türkei lebe – hingegen fliegen wir normalerweise nicht wenn wir Urlaub machen.“
In Folge#155, wo das Thema zuerst aufkam, haben sie extra drauf hingewiesen, dass es bei dem Thema Fliegen eher um private Flüge geht und man eben als einzelner Mensch etwas für das Klima tun kann, wenn man Reisen mit dem Flugzeug vermeidet.
Wobei ich mich dann Frage, ob es nicht eher Sinn ergibt, wenn man sich auf die Gruppe konzentriert, die Business und First Class fliegt.
Business und First Class haben einen extrem höheren CO2 Abdruck.
Weniger Business und First Class-Angebote würde dann auch zu höheren Economy Ticket-Preisen führen (Den Gewinn machen die Fluglinien mit den First Class/Business Class Tickets) und somit wohl auch die Gesamtnachfrage nach Flügen senken, und somit auch zu weniger CO2-Ausstoß.
Aber das würde wiederum zu Jobverlusten im Airline-Geschäft führen, was auch wieder eine Gruppe von Leuten nicht möchte.
Mir ist klar, dass es, um den Klimawandel abzuwenden, nötig ist, solche krassen Einschnitte hinzunehmen, aber das kann man den Menschen nicht verkaufen und es wird viel Gegenwind geben. Und das wird es wohl in jeder Branche geben.
Am 14.8. war Harald Lesch bei Lanz (empfehlenswert wie ich finde). Dort hat er unter Anderem angeprangert, dass man für Vielfliegen auch noch belohnt wird. Hin und wieder bekomme ich upgrades in die Business Class, wenn die Maschine voll ist. Wer Business Class bucht – und ich vermute mal, in der First Class um so mehr – hat erhebliche Vorteile was Essen, Getränke, Sitzkomfort und Bedienung angeht. Wenn man im Flieger arbeiten will und nicht unterdurchschnittlich klein ist, muss man eigentlich sogar Business Class fliegen da man einen Computer in der Exonomy Class kaum aufklappen kann.
Es ist eben nichts in dieser Gesellschaft auf Umwelt ausgerichtet, alles auf Gewinnmaximierung und egal was es kostet. Und selbst Parteien wie die SPD kommen dann mit „wir wollen nicht Vorschreiben sondern überzeugen“ (unter Anderem auch wieder Lars Klingbeil in der Sendung mit Lesch).
Vielleicht haben die Menschen auch zuviel Vertrauen in die Wissenschaft und denken implizit, Geoengeneering wird das Problem schon beheben wenn es soweit ist. Den Eindruck habe ich auch bei dem Thema Gesundheit, ich habe früher geraucht und dachte oft, wenn ich 50 bin wird Krebs kein echtes Problem mehr sein. Heute bin ich 50+ und froh, dass ich irgendwann aufgehört habe.
@Patrick Thorenz:
„Da kann man sich als Individuum noch so anstrengen, man wird seinen CO2-Fußabdruck nicht auf ein Maß reduzieren können, der dem Klima nicht schadet.“
Das hat auch nie jemand behauptet, aber weniger ist trotzdem besser. Wenn die Klimaerwärmung um ein halbes Grad geringer ausfällt, dann ist das schon ein Fortschritt.
„Daher geh ich auch mit Bernd mit, es müssen Anreize geschaffen werden“
Hat meines Wissens auch nie jemand bezweifelt. Ich habe höchstens die Haltung kritisiert „Ich mache nix, bis nicht alle anderen auch was machen“. Das Paradoxon, dass man als einzelner nicht viel tun kann, aber die Menschheit ja auch nur die Gesamtheit von Einzelnen ist wurde ja im Podcast schon angesprochen.
„Aber das würde wiederum zu Jobverlusten im Airline-Geschäft führen, was auch wieder eine Gruppe von Leuten nicht möchte.“
Genau! Deshalb dürfen wir auch nicht auf den Weltfrieden hinarbeiten! Da gehen ja Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie verloren!!!!!
Sorry für den Polemik, aber wer sowas banales wie die paar Arbeitsplätze als Bedenken anmeldet, dem unterstelle ich einfach mal pauschal, dass es ihm nicht darum geht das Problem zu lösen, sondern einfach nur darum geht produktive Vorschläge zu zerreden.
Naja, ich denke die Diskussion dreht sich mittlerweile eh im Kreis…
Sorry für die Deutlichkeit, aber wer so aggro auf Menschen eingeht die einfach nur nachdenken und überlegen, was man sinnvolles tun kann, dem unterstelle ich, dass er nicht diskutieren sondern sich nur selber produzieren will.
Oder derjenige hat einfach eine andere Vorstellung von produktiver Diskussionskultur 😉 Früher auf Tech-Mailinglisten ging es noch deutlich härter zu. Das war zwar bisweilen anstrengend, aber es brachte einen inhaltlich und intellektuell auch immer ein ganzes Stück weiter. Auch in moderneren Platformen finde ich häufig, dass ein harter Tonfall und gute Debatten gemeinsam auftreten.
Wie auch immer – die Diskussion ist inhaltlich ja eh zu Ende. Falls ich irgendwen beleidigt haben sollte, dann tut’s mir Leid – es war zumindest keine Absicht 😉
Venyo: „Das hat auch nie jemand behauptet, aber weniger ist trotzdem besser. Wenn die Klimaerwärmung um ein halbes Grad geringer ausfällt, dann ist das schon ein Fortschritt.“
Das ist ja auch meine Ansicht und habe ich ja in meinem Beitrag auch gesagt. Nur, weil es jetzt wohl fast nicht mehr aufhaltbar ist, heißt das noch lange nicht, dass man nichts machen soll.
Venyo: “ Ich habe höchstens die Haltung kritisiert “Ich mache nix, bis nicht alle anderen auch was machen”.“
Die Haltung kann man kritisieren, aber sicher nicht an den Diskutierenden hier. Jeder tut das, was er kann und nur weil es eben nicht das ist, was du vielleicht für richtiger hältst, ist es noch lange nicht „nichts“.
Ich glaube, wir sind alle auf derselben Wellenlänge, gehen das Problem nur eben jeder für sich anders an, was vollkommen legitim ist.
Venyo: „Genau! Deshalb dürfen wir auch nicht auf den Weltfrieden hinarbeiten! Da gehen ja Arbeitsplätze in der Rüstungsindustrie verloren!!!!!“
Für die Gruppe, die ihre Arbeitsplätze dadurch verliert, ist das nichts „banales“, sondern dann etwas, was an ihrer Existenz rüttelt. Was ich damit sagen will, ist im Grunde, dass es keine einfachen Lösungen gibt und man sich immer auf Widerstand einstellen muss. Daher ist es wichtig, mehrere Wege anzubieten und Anreize zu schaffen. Und diese eben auch zu akzeptieren und nicht versuchen anderen Leuten „seine eigene“ Lösung aufzuzwingen.
Tja, dass Gerücht dass Arbeit etwas sinnstiftendes sei hat sich leider in den Köpfen festgesetzt und dementsprechend kommt das Arbeitsplatzargument auch in nahezu jeder Diskussion auf den Tisch.
Danke für eure Arbeit und insbesondere für eure Impulse, nun auch die unbequemen Aspekte des Klimaschutzes zu diskutieren. Das Thema Flugreisen treibt mich schon lange um. Ich habe mich vor einiger Zeit dazu entschieden, keine Flugreisen mehr zu machen, aus dem „Wettbewerb des höher, schneller, weiter, toller“ auszusteigen.
Ich arbeite im akademischen Zusammenhang u.a. mit Menschen, die Auslandsaufenthalte von Studierenden stark befördern. Dort komme ich immer wieder an argumentative Grenzen. Denn die vielbeschworene Horizonterweiterung benötigt kein fernes Land, keine andere Sprache und keine 1000 Kilometer Entfernung von ‚Zuhause‘. Ganz im Gegenteil: Es gibt Studien, die das sehr kritisch beleuchten und nachweisen, dass Studierende bei Auslandsaufenthalten wieder stark mit Studierenden des eigenen Landes zusammen sind, zum Beispiel. Also nix mit Kulturaustausch. Horizonterweiterung findet vor der eigenen Tür statt: Im Supermarkt, im Altenheim, im Wohnheim für Menschen mit Behinderungen, in der Bahn, an der Bushaltestelle, in der Kantine, in Geflüchteten-Unterkünften, in der Kindertagesstätte, im Stadtpark, im Kontakt mit Menschen ohne festen Wohnsitz, …. all diese Begegnungen benötigen keine 1000 Kilometer (sondern nur ein ‚open mind‘ und offene Augen), um an Einstellungen, Perspektiven und Überzeugungen zu rütteln. Deswegen finde ich die Bewegung, zum Beispiel Studierende unbedingt zum (CO2-intensiven) Auslandssemester zu ermutigen, fatal, denn es befeuert eine Kultur der Ausbeutung, die die Erde zu Grunde richtet. Und ja, das ist scheiße anstrengend. Aber es ist möglich! Und es ist notwendig.
Bei Wrint gab es ja mal das Interview mit Harald Welzer. Ich empfehle zudem Niko Paech sehr. Seine Postwachstumsökonomie ist in Fachkreisen umstritten (und sicher problematisch). Aber seine Grundideen sind ebenso radikal wie revolutionär (und keineswegs ‚links‘, sondern z.T. eher konservativ). Er geht von einem Modell aus, in dem die Menschen im Schnitt 20 Wochenstunden arbeiten und weiter 20 Wochenstunden in Tätigkeiten anderer Art (Reparatur, Anbau von Gemüse etc.) investieren, um z.B. Konsum zu verringern. Er macht sehr launige Vorträge und Diskussionen, die man in Hülle und Fülle bei YouTube ansehen kann und die sehr inspirierend sind. Weil sie eine andere Perspektive werfen auf das, was möglich sein kann. Vielleicht wäre das ja auch mal ein Interviewpartner für die Wochendämmerung? Wie gesagt, es ist durchaus radikal und ein wenig auch elitär, aber nicht ohne Inspiration für das eigene Leben (zumal sich Paech dadurch auszeichnet, selbst stark nach seinem eigenen Modell zu leben, was ihn nochmal in gewisser Weise von Welzer abgrenzt).
Hallo Holger,
ich hab eine Anregung zu deinem Meinungsbildungsproblem zur Dürre.
Hier mein Gedanke zu den Folgen der Dürre. Uns Bürger dieses Landes wird die Dürre kaum belasten. Die Rohstoffkosten sind ein sehr geringer Teil der Kosten unserer Ernährung. Aber für viele Menschen auf der Welt ist genau das Gegenteil der Fall. Die werden die Auswirkung der Dürre im kommenden Jahr stark finanziell zu spüren bekommen.
Man könnte ja mal ein Forderung einer „Abwrackprämie“ für Masttiere für das kommende Jahr aufstellen.
Die wird sicherlich nicht kommen und wahrscheinlich würde sie auch kaum die Situation verbessern.
Aber so eine provokante Forderung würde Aufmerksamkeit erzeugen und das eigentliche Problem ins Bewustsein rufen.
Wir verfüttern einen Großteil unserer Nahrung an Tiere und stecken vorher viele Ressourcen in die Produktion dieser Nahrung. Damit schaden wir nicht nur zukünftige Generationen, sondern auch ganz zeitnah vielen Mitmenschen auf diesem Planeten.
Zu Holgers Frage „Wie viel von unserem Weizen essen wir eigentlich“ (auf Statistikdeutsch „Selbstversorgungsgrad“ genannt) liefert das BMEL ein paar Zahlen, siehe https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/ Wenn man sich da durchklickt, findet man u.a. folgendes:
Eier: 72,1%
Getreide: 115,6%
Fleisch: 117%
Kartoffeln: 135%
Milch: 113,2%
Käse: 124,4%
Zucker: 125%
Gemüse: 38%
Obst: 24% (ohne Zitrusfrüchte)
Honig: 30%
Man muss allerdings dazusagen, dass die Zahlen von einem Jahr zum anderen recht stark schwanken können, je nach Ernte. So ist etwa der SVG bei Kartoffeln im letzten Jahr um 12 Prozentpunkte gefallen, bei Zucker dagegen um 22%p gestiegen.
Ein Wert fällt besonders auf: Beim Milchpulver produzieren wir den 5-fachen Bedarf! Der SVG lag da im letzten Jahr bei 401,2%, ein Jahr zuvor sogar noch bei 512,9%. Da geht also die überschüssige Milch hin (und wird in alle Welt exportiert).
Und auch ein Selbstversorgungsgrad von über 100% (d.h. wir haben am Ende was übrig) hindert uns nicht daran, trotzdem etwa Kartoffeln aus Ägypten zu importieren. Des weiteren ist zu bedenken, dass im letzten Jahr bspw. etwa 1/3 der Weizen-, fast 2/3 der Roggen- und mehr als die Hälfte der Gerstenernte nicht Menschen, sondern Tiere ernährt hat.
Man kann also, denke ich, schon sagen, dass es uns nicht allzusehr wehtun würde, wenn es demnächst den einen oder anderen Getreideacker weniger gibt. Da könnte man also der Natur etwas zurückgeben – oder man baut da Energiepflanzen an, die dann in der Biogasanlage zu Strom werden.
Ja, ich dachte das schon während des Hörens. Man kann in der Form heute gar nicht sagen, dass „unsere“ Bauern „uns“ versorgen, Nahrungsmittelproduktion ist globalisiert, so wie der Rest. Das heißt. Wir bauen zwar genug Getreide an, das essen wir aber nicht, sondern verfüttern es an unsere Tiere und unsere Biogasanlagen, gleichzeitig importieren wir Getreide (z.T. unter Aufwendung erheblicher Mengen CO2). Dito Mais. Dito Kartoffeln. Hinzu kommt noch, dass wir natürlich ein Teil der landwirtschaftlichen PRoduktion auch verarbeitet exportieren, insb. Käse und Brot. Siehe zu den Handelsstatistiken auch hier: http://stat.wto.org/CountryProfile/WSDBCountryPFView.aspx?Language=E&Country=DE
Zusammenfassend: Das ganze ist mindestens ein europäisches, wenn nicht ein weltweites Problem und nationale Förderprogramme schaffen da, meines Erachtens, eher falsche Anreize.
Ein großes Problem ist tatsächlich, dass die bisherige Agrarförderpraxis Konzentration und Saaten-Monokultur eher fördert. D.h. große Flächen Zuckerrüben, große Milchbetriebe, große Getreideflächen lohnen sich viel mehr, als diversifizierter Anbau. Und sind aber gleichzeitig auch maximal anfällig für klimatische ‚Sonder’belastung wie eben Dürre, Nässe, usw. (von den negativen Auswirkungen für BOden und Artenvielfalt mal ganz abgesehen). Ein deutscher Dürrefonds würde also dann wieder korrigieren, was die europäische Förderung ‚kaputt’subventioniert hat.
Insgesamt wird die Landwirtschaft einfach zu wenig in die Pflicht genommen, was Klimawandel anbelangt.
Hallo Katrin, hallo Holger!
Ich höre gerade Euren Podcast und musste mal eben unterbrechen, um zu schreiben:) Das ganze Thema Reisen und Flüge ist so eine wahnsinnig elitäre Diskussion. Ich selbst bin allein erziehende Mutter einer fünfjährigen Tochter und arbeite (unfreiwillig) in Teilzeit. Wir waren seit sie auf der Welt ist zweimal im Urlaub, eine Woche Nordsee und eine Woche Ostsee. Wenn Holgi sagt, dass „die sog. Armen schauen sollten, ob die Fernreise wirklich nötig ist“, frage ich mich, von welcher Armut er spricht;)
Liebe Grüße, Barbara
Hallo Barbara,
jein.
ich hab die gleiche Erfahrung, wie du. ich bin bis vor wenigen Jahren nie anderswo im Urlaub gewesen, als Ostsee, Nordsee oder Alpen – also alles günstig, nah, ohne Flug. Weil ich mir mehr gar nicht leisten konnte! Ja – du und ich (ich ja auch mit Kindern und Studentin), meint er vermutlich nicht.
aber ich kenne Leute, die haben auch sehr wenig Geld, Friseure, Bauarbeiter usw… und die machen aber genau den einen Jahres-All-Inclusive-Urlaub, von dem hier die Rede ist.
Alle aber auch entweder kinderlos oder die Kinder sind schon aus dem Haus.
sprich: vielleicht sind Kinder in mehrfacher Hinsicht ganz gut fürs Klima? 😉
Liebe Grüße
Katrin
Ja, da hast du Recht. Trotzdem war es beim Hören erst einmal seltsam für mich, da ich tagtäglich (ich arbeite im sozialen Bereich) so viel Armut sehe, dass ich mich irgendwie gar nicht dazu zähle. Obwohl es, wenn man das deutsche Durchschnittseinkommen betrachtet, doch so ist.
In jedem Fall ist es so wie Du sagst, Kinder scheinen gut für das Klima zu sein:)
Und bitte entschuldige, dass ich Dich (Holger) zunächst angesprochen und dann in der dritten Person von Dir gesprochen habe. War nicht höflich, ist mir aber gerade erst aufgefallen:)
Die beiden besprechen doch im Podcast gerade, dass es schwierig ist einen Begriff für „Unterschicht“ und „Mittelschicht“ zu finden. Ich glaube Holgers Punkt war einfach:
* Wer es sich leisten kann einen anständigen Preis (einen der weder Menschen noch Klima ausbeutet) zu zahlen, der soll diesen zahlen
* Wer sich das nicht leisten kann (mangels besserer Begrifflichkeiten „die Armen“), der soll doch überlegen ob er nicht darauf verzichten kann.
Vielleicht ist Kinder kriegen aber auch das Problem?
http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/klima-weniger-kinder-bekommen-hilft-das-a-1157812.html
Wieder ein Argument mehr mit dem ich meine antinatalistische Ader (Sorry, Katrin) stützen kann. ^^
jemand – ich glaube “Jörg” – wünschte mir “Gute Besserung” und landete damit im Spam-Ordner. diesen Kommentar habe ich reflexhaft aus versehen gelöscht – tut mir leid!
„Mein Urlaub muss geiler sein als der meines Nachbarn“ – das trifft es genau. Wir befinden uns in einem Wettbewerb der Pseudo-Statussymbole und es beginnt schon in der Schule. Da sollen Kinder vor der Klasse von ihren Wochenenden berichten und erzählen, was sie alles unternommen und erlebt haben. Da bekommen Kinder ein Plüschtier mit nach Hause, das die Familie am Wochenende begleiten und dessen Miterleben durch entsprechende Fotos dokumentiert werden soll: Eine Instagramisierung des Klassenzimmers, das Leben als erzählter Erlebnisblog.
Wenn es um die Ferien geht, zählt hauptsächlich, möglichst viele Events möglichst weit weg vom langweiligen zu Hause erlebt zu haben. Das Problem dabei sind aber nicht die ohnehin vom vollkommen überladenen Alltag ausgebrannten Kinder, die sich gegenseitig überbieten wollen, sondern die Eltern, die ihre Kleinsten in allen Bereichen des eigenen Lebens als Trophäensammlung inszenieren und die die Erlebnisse ihrer Liebsten in ihren Profilbildern und Whats-App Stories fleißig in die Öffentlichkeit (und vor allem an die mitlesenden Eltern) verbreiten: „Mein Kind ist cooler als Deins!“.
Guten Tag ihr beiden,
erstmal vielen Dank fuer die tollen Sendungen!
In dieser aktuellen Folge kam ja das Thema auf, dass wir vor 30 Jahren es fast schon geschafft haetten.
Ich habe dazu 3 sehr interessante alte Fernsehbeitraege auf YouTube gefunden. Wie man sich im Jahr 1972 das Jahr 2000 vorgestellt hat. Es wirk erst etwas skuril, aber es sind mehrer sehr interessante Aspekte darin gerade mit Fokus auf das Thema Umweltverschmutzung.
Hoffe es ist von Interesse: https://youtu.be/kaGnBNhE2xI
Schoene Greusse,
Dominic
„Den Westen wird der Klimawandel kaum betreffen“ – ich glaube das ist viel zu optimistisch. Auch wenn es „nur“ sehr viel stärkere Flüchtlingsbewegungen sein werden – allein dieses Thema wirft unsere Gesellschaft ja heute schon gefühlt völlig aus der Bahn. Wenn es zehn oder hundert mal so viele sind, die „unseren“ Wohlstand auch wollen, wird sich das ganz sicher auf unsere Gesellschaft auswirken, sowohl auf politischer Ebene, als auch durch mehr Armut und Verbrechen in den Städten.
Zumal das mit den höheren Deichen auch alles kein Zuckerschlecken wird und Katrin hat ja auch schon ganz zurecht auf die Dürren verwiesen. Wir werden eben nicht einfach nur ein bisschen wärmeres Klima a la Mittelmeerraum haben, sondern lange Zeit mit schwer kalkulierbaren Wetterphänomenen zu kämpfen haben. Gerade durch die lang andauernde Veränderungsphase wird sich ja alle paar Jahre der Rhytmus von Trocken- und Regenzeiten, von Wärme- und Kältephasen von Winter- und Sommerzeiten verschieben. Das wird uns schon vor ziemliche Herausforderungen stellen.
Und wie Hum schon richtig schreibt: ich bin mir bei der sich jetzt schon andeutenden Instabilität unseres politischen Systems nicht so sicher, dass dann kluge und weitblickende Köpfe an der Macht sind, die die richtigen Entscheidungen treffen.
Höhere Dämme und teurere Lebensmittel sind halt trotzdem noch harmlos verglichen mit dem was anderen Regionen blühen wird: Hungersnöte, Krieg usw.
Was zu dem „Durchdenken bis zum Ende“: Ihr habt natürlich recht, dass man sich bei manchen Argumenten vorher überlegen sollte, was denn letztendlich die Konsequenzen daraus sind. Allerdings kommt mir euer Einwurf, mit dem Durchdenken bis zum Ende oft vor wie ein Totschlagargument.
Katrin hat das schon am Rande erwähnt, dass es oft zeittechnisch nicht möglich ist alles durch zu recherchieren. Allerdings kann man immer sagen, spinnen wir den Gedanken noch ein bißchen weiter und noch weiter etc. etc…
Tut mir leid, wenn ich hier wieder mit dem Klima komme aber Bernd schreibt oben „Worum es mir ging ist aufzuzeigen, dass es gerade in dem Thema Klimawandel keine einfachen Lösungen gibt die man individuell erreichen kann.“ und damit hat er halt recht. Und das wird sicher nicht leichter dadurch, dass unsere Weltbevölkerung weiter wächst.
hi,
klar – sagt ja auch Jonathan Donges vom PIK: Politisch hast du immer den größeren Hebel.
aber Politik ist auch nichts anderes, als ein Spiegel unserer Gesellschaft.
Wieviele der Leute, die sagen, dass sie alleine nichts ausrichten können, haben denn bei der letzten Bundestagswahl die einzige Partei gewählt, die überhaupt irgendwas zum Klimawandel machen will? der es ernst ist?
Umgekehrt könnte man sagen: einer übergroßen Mehrheit der Bundesbürger_innen ist das Thema offenbar egal. also fange ich genau dort an: an ihnen, an ihrer persönlichen Einstellung und Haltung. Weil so lange sich die nicht ändert, wird auch die Politik keinen Grund haben, etwas zu ändern.
Und weil die nichts ändert, bleibt wiederum mir überhaupt nichts anderes übrig, als auf die individuelle Ebene zu gehen – zuerst bei mir und eben allen anderen.
Das ist alles, was ich habe. Das ist alles, was wir haben. Dass jeder bei sich anfängt – auch das ist Politik.
Politik ist nicht “die da oben”, sondern du und ich und wir alle.
Be the change you want to see in the world.
Yep, gebe dir recht, dass man immer zuerst bei sich anfangen sollte. Ist ja auch kein Widerspruch zu der Aussage, dass die finalen Lösungen (sofern es die überhaupt gibt) komplex sind. Natürlich muss mir zunächst ein Problem bewußt sein und da gebe ich dir auch recht, dass es hierbei oft schon fehlt.
Generell ist die Diskussion hierüber was denn „die Politik“ tun müsste um einen bestimmten Misstand zu beseitigen erst mal hypothetisch, aber das ist mal der erste Schritt, weil es schon mal ein Bewusstsein schafft.
Das Resourcenverschwendung und Umweltzerstörung keine gute Idee ist, denke ich ist schon mal gesellschaftlicher Konsens, zumindest hier in D. Das war in meiner Jugend (ca. 30 Jahre her) noch nicht so und ich denke da sind wir schon einen Schritt weiter. Die Generation von Holgi und mir (wir sind im gleichen Jahr geboren), ist da zwar noch gespalten, zumindest wenn ich mich im Freundeskreis so umhöre, aber „we’re making progress“.
Was nun jeder individuell tun kann, will oder was das denn nun bringt, ist wieder ne ganz andere Frage.
Ich bezweifle mal, dass es den Backpacker-Tourismus braucht um ein Land kennen zu lernen. Das geht auch mit Rollkoffer und schönem Hotel, sofern man mit den Einheimischen kommuniziert. Es gibt genauso unfassbar ignorante Backpacker, die so in ihrer Vorurteilswelt sind, dass nichts hängenbleibt.
Aber All-Inkl. hilft da weniger, das ist richtig und es schadet der lokalen Gastronomie. Nichtsdestotrotz sehe ich auch den Anstieg des Wohlstandes in der Bevölkerung, wenn Tourismus stattfindet. Dem Eierlieferanten ist es egal, ob er an ein Restaurant, oder ein Hotel liefert. Die lokale Gastronomie wird dann halt mehr von Einheimischen befüllt, die dank Tourismus mehr verdienen. Derzeit sieht man das in Antalya sehr gut. Nach 2 Jahren Flaute derzeit wieder: Altstadt, alle Lokalen abends bummsvoll mit 90% Einheimischen.
Ganz so gruselig schwarz/weiß ist es nicht.
Ich bin ja schon froh, wenn Menschen ihre Komfortzone verlassen und mit anderen reden, statt über sie.
Der Klimaaspekt ist eine hochkomplexe Baustelle und ich glaube, gerade im Bereich Reisen, hat sich ein „will haben sofoooohooort“ eingebürgert, das ich schlimm finde. Urlaubstage werden in Strandtagen gerechnet. Jede Minute Reisedauer ist ein Verlust an Beachtime.
Kann ich nicht nachvollziehen, mein Traum wäre es 3 Monate mit dem Auto durch die ganze Türkei zu fahren. Dabei könnte ich jetzt aufstehen mich für sehr kleines Geld in den Flieger setzen und da überall hinfliegen. Reizt mich gar nicht. Ich glaube wir haben verlernt, dass man reist um zu reisen und nicht um schnellstmöglich anzukommen und dann wieder nur dort zu sein.
Dass auch nur eine Woche Türkei mit Rollkoffer im Luxushotel einen kulturellen Impact haben kann, sehe ich an Holgi. So oft wie der in allen möglichen Formaten von seinen Erlebnissen hier spricht, hatte das einen mächtigen Impact 🙂 Was wohl 2 Wochen mit ihm machen würden?
@Bernd Wehmöller: Wieso kennen wir uns noch nicht? 🙂
Will die Türkei groß ist? ?
Das Beispiel mit den schlechten Vierteln finde ich schlecht. Zumindest für Deutschland. In der Geschichte der USA kenn ich mich nicht genug aus um das beurteilen zu können.
Allgemein formuliert: Sind es schlechte Viertel, weil da die Armen wohnen oder wohnen die Armen da, weil sie sich nur in den schlechten Vierteln die Miete leisten können? Das eigentliche Problem ist doch, dass überproportional viele „Ausländer“ (ums wie Holgi auszudrücken) unter den Armen sind.
Da jetzt Rassismus zu vermuten dreht die Kausalkette um von „schlecht, weil Armenviertel“ (was es schon vor der Einwanderung war) zu „schlecht, weil viele Ausländer“.
Ich habe als Jugendlicher einige Jahre in einem Jugendheim im Ruhrpott gearbeitet. Sozialer Brennpunkt nannte man die „schlechten“ Viertel damals, und das Jugendheim stand mitten drin. Nebenan die lokale Hauptschule. Der Ausländeranteil – so nannte man das damals 🙂 – war sehr gering.
In dem Viertel wohnten im Grunde nur SozialhilfeempfängerInnen und einige Geringverdienenden Familien.
Meine persönlichen Erfahrungen waren damals, dass die deutschen im Viertel überwiegend unerträglich waren, wie sie redeten, wie sie mit sich und ihren Kindern umgingen, wie sie lebten. Für mich als Kind einer Arbeiterfamilie war das heftig. Hin und wieder hatte ich auch mit Gastarbeiterfamilien zu tun, wenn wir wollten, dass der Sohn oder die Tochter mit auf eine Freizeit durften oder so. Bei ihnen sah es schon anders aus, saubere Wohnungen, die Kinder hatten Schreibtische im Zimmer stehen und in der Küche standen keine alten Pizzaschachteln sondern frisches Obst. Das habe ich in den Wohnungen der deutschen Anwohner im Grunde nie gesehen.
Ich denke, die Gastarbeiter damals wollten eigentlich alle zurück in die Heimat und dann viel Geld mitbringen. Daher suchen sie sich Wohnungen in günstigen Vierteln.
Heute gibt es das Viertel immer noch. Es leben sehr viele Familien dort die einst aus anderen Ländern kamen. Das Viertel ist sauber, die Hauptschule inzwischen eine Gesamtschule und der Markt am Mittwoch ist für gutes Obst und Gemüse bekannt. Viele, insbesondere türkische Geschäfte und Restaurants. Allerdings ist vieles verfallen und wird nicht renoviert oder erneuert, denn.. das Viertel gilt immer noch als schlechtes Viertel, weil da wohnen ja nur Ausländer.
Bei Kathrins „ich hab nichts mehr gegen Ökodiktatur“ musste ich breit grinsen. Ökodiktatur ist ja auch nicht für alle gleich bedrohlich 🙂
Wobei man bei dem Begriff halt unbedingt im Hinterkopf haben muss: Je früher die Gesellschaft mit Umweltschutz anfängt, desto weniger hart müssen die Maßnahmen sein. Die einzigen, die glaubhaft behaupten können, sie hätten versucht die Ökodiktatur zu verhindern, sind die die seit zwanzig Jahren Umweltschutz betreiben/vorantreiben. Und die, die heute immer bei jeder Umweltschutzmaßnahme „Diktatur“ schreien, haben die Probleme erst verursacht.
Naja und außerdem ist das halt ein Kampfbegriff, der schlechte Assoziationen wecken soll. Kenne nur keinen besseren.
Hej ihr beiden,
um Holgers Bitte (Minute 49) nachzukommen, wollte ich das Thema Landwirtschaft mit ein paar Infos füttern. Zum Thema Selbstversorgungsgrad wurden bereits die BMEL Zahlen von einem anderen Hörer genannt. Die Rückschlüsse die daraus gezogen werden, würde ich jedoch mit Vorsicht genießen, da es nur die Prozentangaben innerhalb einer Produktgruppe darstellt, nicht jedoch deren Bedeutung innerhalb der gesamten Nachfrage bzw. des sog. Warenkorbs. Hinzu kommen Interdependenzen, denn auch Getreide was an Tiere verfüttert wird landet am Ende in unserem Warenkorb.
Grundsätzlich herrschen hierzulande recht gute Bedingungen für die landwirtschaftliche Produktion. Fast 50 Prozent der Fläche zählen zur Landwirtschaft. Während weltweit nur ca. 3 Prozent der Landfläche fruchtbare Böden für den Lebensmittelanbau aufweist (FAO). Flächenausweitungen der fruchtbaren Böden wären zwar theoretisch möglich, allerdings würden diese zu Lasten der Umwelt gehen (z.B. Abholzung des Regenwaldes etc.). Zudem besitzt die deutsche Landwirtschaft aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten, Technologien, und Know-How etc. eine hohe Produktivität.
Hinsichtlich der Erzeugnisse kommt es natürlich darauf an. Schließlich können viele Lebensmittel wie Kaffee, Tee, Kakao oder andere Produkte nur importiert werden. Bei anderen wie beispielsweise Weizen ist Deutschland ist neuntgrößter Produzent und Nettoexporteur von 6 Millionen Tonnen. (FAO/ Statista) Diese entsprechen dem durchschnittlichen Weizenverbrauch von knapp 100 Millionen Menschen auf der Welt.
Insgesamt (in € statt in Tonnen) ist Deutschland 2016 jedoch Lebensmittelimporteur mit ca. 81 Mrd. € Import zu ca. 70 Mrd. € Export (DESTATIS). Wahrscheinlich ist dies auch nicht weiter verwunderlich, vor dem Hintergrund, was Deutschland an anderer Stelle (Autos, Maschinen, chemische Erzeugnisse etc.) exportiert und zu welcher Kaufkraft dies führt (Der komparative Vorteil von Ricardo lässt grüßen). Letztlich zeigt es jedoch, wie stark Deutschland auch hier im Weltmarkt verflochten ist.
Dennoch ist eine genauere Betrachtung interessant: Im Bereich Nahrungsmittel und Futtermittel ist Deutschland 2017 Exporteur (DESTATIS vorläufig) mit ca. 54 Mrd. € Export gegenüber ca. 46 Mrd. € Import. Im Bereich Erzeugnisse der Landwirtschaft und der Jagt hingegen klarer Importeur mit 9,7 Mrd.€ Export zu ca. 31 Mrd.€ Import. Im Bereich forstwirtschaftliche Erzeugnisse (433 Mio.€ zu 762 Mio.€) und Fischerzeugnisse (285 Mio.€ zu 777 Mio.€) ist Deutschland ebenfalls Importteuer, jedoch Fallen diese vom Umfang nicht so stark ins Gewicht.
Im Übrigen: Eine Umstellung auf ökologische Landwirtschaft würde wohl mit einer deutlichen Ertragsreduktion von 30 bis zu 50% einhergehen (HFFA Research) bzw. umgekehrt würde die doppelte Fläche notwendig werden. Beispielsweise würde Deutschland im Fall von Weizen vom Nettoexporteur zum Nettoimporteur und dem Weltmarktangebot würden knapp 14 Millionen Tonnen Weizen entzogen werden. Das entspricht dem durchschnittlichen Weizenverbrauch von über 215 Millionen Menschen auf der Welt. Somit hätte eine solche Reduktion auch gewisse Auswirkungen auf den Weltmarktpreis, welcher entsprechend steigen würde, zumal die Weizennachfrage ist recht unelastisch ist. Deutschland würde letztlich noch stärker zum Lebensmittelimporteur.
Spannend. Die Diskussion hatte ich gerade erst anderswo: das mit dem zusätzlichen Flächenbedarf durch ökologische Landwirtschaft würde sich stark relativieren, wenn wir den Fleischkonsum und dementsprechend auch die Fleischproduktion runterfahren würden und die Flächen, die zur Ernährung von Tieren gedacht waren, dann direkt für die Ernährung von Menschen nutzen würden.
Und wenn wir es schaffen würden 100% Ökoanbau zu haben, dann hielte ich es auch für möglich, dass die Gesamtbevölkerung ihren Fleischkonsum erheblich runterfährt.
Der Fleischkonsum wird in der Tat gewisser Hinsicht zur Gretchenfrage werden, die m.E. wahrscheinlich wichtiger sein wird als die Frage Ökolandbau vs. konventionelle Landwirtschaft. Da das Thema Landwirtschaft mit dem ebenfalls diskutierten Thema Klimawandel eng verbunden ist, würde ich auch hierzu Input zum Gesamtkontext geben und insbesondere auf die von Holger erwähnte Wachstumslogik /-notwenigkeit eingehen.
Zunächst muss man sich erstmal vor Augen führen, dass bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts lediglich ca. 1,6 Mrd. Menschen auf der Erde lebten. Innerhalb von hundert Jahren ist die Weltbevölkerung auf über. 7 Mrd. Menschen hochgeschnellt. Währenddessen hat die landwirtschaftliche Produktion eine spektakuläre Entwicklung hingelegt.
Man kann sich vorstellen, wie stark die Produktivität in der Landwirtschaft zugenommen haben muss, wenn gleichzeitig der weltweite Wohlstand p.K. erheblich angestiegen und umgekehrt die Armutsquote (1900: über 80% auf 2015: ca. 10%) stark gesunken ist. So hat sich beispielsweise Getreideertrag von 1,4 t pro Hektar im Jahre 1961 auf über 4t pro Hektar in 2014 gesteigert.
Vor allem hat aber der weltweite Hunger erheblich abgenommen. Aktuell liegt der Anteil der unterernährten Menschen bei ca. 10%, während es 1970 noch ca. 28% waren. (FAO) Man kann sich vorstellen, dass diese Quote 1900 noch deutlich höher lag. (Ich habe bei der kurzfristigen Recherche leider keine Zahl zu 1900 gefunden.) Das Millenniumziel heißt und muss auch weiter heißen: Zero Hunger!
Auch andere zentrale Wohlstandsindikatoren haben sich erheblich verbessert. Die weltweite Kindersterblichkeit ist seit 1900 von ca. 40% auf 4% gesunken. Die weltweite Lebenserwartung ist von 1900 bis heute von ca. 35 Jahren auf über 70 Jahre gestiegen. (ourworldindata.org)
An dieser Beeindruckenden Entwicklung hat die moderne Landwirtschaft einen erheblichen Beitrag geleistet. Gleichzeitig impliziert diese Entwicklung auch auch eine „Industrialisierung“ der Landwirtschaft, da nur deshalb diese Produktivitätssteigerungen möglich waren. Dies meine ich explizit nicht wertend, sondern beschreibend.
Schließlich hat die Industrialisierung der Landwirtschaft auch dazu geführt, dass die Preise für Lebensmittel (insb. in D) stark gesunken sind und man sich viel viel viel mehr leisten kann. Der Anteil eines deutschen Haushaltes der für Nahrung Getränke und Tabakwaren ausgegeben wurde lag 1900 bei ca. 57% und liegt heute bei knapp 14% (Statista).
Gleichzeitig hat die Zahl der Beschäftigten im primären Sektor stark abgenommen und ist in Deutschland (wie auch in anderen Industrieländern) von ca. 40% im Jahre 1900 auf knapp 1,5% (DESTATIS) heute geschrumpft. Um die Produktivität erzielen zu können, bedarf es einer gewissen Größe, damit sich der Einsatz von Innovationen rechnete.
Dies steht im Übrigen in Bezug zu der gelungenen Glyphosat-Folge der Wochendämmerung, wo insbesondere darauf hingewiesen wurde, dass viele kaum noch einen Bezug zu der Landwirtschaft bzw. der Herstellung von Lebensmitteln haben. Statt eine 1:1- Beziehung „Landwirt-Kunde“ (oder einer Selbstversorgung der Landwirte wie früher) existiert nunmehr eine lange Wertschöpfungskette, in der jedes Glied sich auf seinen Teil spezialisiert hat. Dies fängt bei den Landwirten an, über die Herstellern von Dünge- oder Pflanzenschutzmittel etc, die Maschinenhersteller, die Lebensmittel-Verarbeiter, den Lebensmitteleinzelhandel (um nur die wichtigsten zu nennen).
Denn gleichzeitig ging diese Entwicklung mit einer gewissen „Entfremdung“ bezüglich der Landwirtschaft einher. Während diese früher noch fester Bestandteil des Stadt- und Dorfbildes oder man selbst in dieser beschäftigt war, ist diese mittlerweile selbst aus den Dörfern größtenteils verschwunden.
Doch damit war auch auch eine gewisse Art von Verständnis und Akzeptanz verbunden, die im Zuge dieser Industrialisierung und den damit einhergehenden Umstieg auf die moderne Landwirtschaft mindestens stark gesunken ist. Möglicherweise hat der durchschnittliche Konsument aufgrund dessen (vll auch aufgrund der Werbung) noch ein extrem sehr romantisiertes Bild der Landwirtschaft, das mit der Realität häufig nichts mehr zu tun hat.
Gleichzeitig sind Lebensmittel jedoch in einem hohen Maße emotional aufgeladen. Kaum eine Debatte ist so umstritten und emotional wie die nach der „richtigen“ Ernährung. Ferner stilisiert man Essen in den etlichen Kochshows sowie Instagram-Profilen zum Lebensmittelpunkt und manche definieren sich sogar darüber. Andererseits ist es für viele immer noch ein unvorstellbarer Eingriff in die persönliche (wohl unendliche) Freiheit, wenn man ihnen vorschlägt nur einmal die Woche auf Fleisch zu verzichten.
Diese „Entfremdung“ betrifft im Übrigen auch die Lebensmittel als Solche und damit den Umgang mit diesen. Sie ist negativ (Lebensmittelverschwendung, Fehlernährung etc.) und positiv zugleich, da man sich auch nicht mehr so stark mit Lebensmitteln auseinandersetzen muss/will/kann und viel mehr Zeit für andere Dinge hat.
Schließlich ist die Qualität insbesondere im Sinne von Lebensmittelsicherheit (nicht hinsichtlich des Geschmacks oder anderer individueller Qualitätskriterien) gleichzeitig deutlich gestiegen. Lebensmittel waren noch nie so sicher wie heutzutage. Daraus resultiert ein hohes Mindestmaß an Lebensmittelqualität.
Die Qualität die darüber hinaus geht, kann von den Konsumenten jedoch kaum noch honorierend beurteilt werden. Dies betrifft vor allem Qualitätskriterien, die diese auch NACH dem Konsum nicht selbst beurteilen können (sogenannte Vertrauens- und Prozesseigenschaften). Dadurch resultiert eine asymmetrische Informationsverteilung (Akerlof’s Zitronen lassen grüßen), die die Gefahr von Marktversagen mit sich bringt. Der Preis wird nämlich zum wichtigsten Kaufkriterium, sodass es höhere Qualität schwer hat sich durchzusetzen. Dies ist insbesondere in Deutschland relevant, da hierzulande die Zahlungsbereitschaft für Lebensmittel besonders gering ist. Selbst Zertifizierung und Label helfen hier nur bedingt und können zudem nur begrenzt eingesetzt werden. Dies sieht man bspw. am EU Bio-Siegel, wo sich auch vor allem die Eigenmarkte des Lebensmitteleinzelhandels durchgesetzt haben.
Aber diese Entwicklung ist eben nicht harmlos und auch nicht folgenlos, wie ihr mittlerweile immer so schön sagt: Der zweite und problematische Aspekt dieser Medaillenkehrseite von 120 Jahre bemerkenswerten Fortschritt ist wie bereits erwähnt der Klimawandel. Genauso wie die moderne Landwirtschaft einen erheblichen Beitrag zur dargestellten positiven Entwicklung geleistet hat, genauso hat sie ihren Anteil am Klimawandel.
Dabei wird die Frage des Klimawandels weiter an Relevanz gewinnen, wenn man sich vor Augen führt, dass die Weltbevölkerung weiter ansteigen wird. Nach UN-Prognosen auf knapp 10 Mrd. Menschen bis 2050.
Das heißt erstens, dass sich das weltweite Bevölkerungswachstum in seiner Geschwindigkeit erstmal weiter so fortsetzen wird. Damit einher geht zweitens, dass bis 2050 ca. 3 Mrd. zusätzliche Konsumenten hinzukommen, die jedoch die Konsumgewohnheiten der Mittelschicht aufweisen werden (China, Indien etc.), womit der Bedarf und die Nachfrage nach Ressourcen und Lebensmitteln (insbesondere Fleisch) weiter deutlich steigen wird. Das heißt jedoch drittens, dass die Produktivität der Landwirtschaft ebenfalls weiter steigen muss, wenn man das Ziel Zero Hunger oder die weitere Verbesserung der Wohlstandsindikatoren fortsetzen will.
Gleichzeitig führen die Entwicklungen des Klimawandels dazu, dass Wetterextreme wie Dürren und Überschwemmungen weiter zunehmen werden, was wiederum eine große Herausforderung für die Produktion von Lebensmitteln werden wird.
Der Verzicht auf die Möglichkeiten moderner Landwirtschaft wie Düngemittel und Pflanzenschutzmittel würde diesem Produktivitätsziel entgegenlaufen, da ein Umstieg auf ökologische Landwirtschaft wie erwähnt mit einem Ertragsreduktion von bis zu 50% einhergehen könnte.
Wenn man die höhere Effizienz der modernen Landwirtschaft berücksichtigt und den Ertrag bezüglich der weltweit begrenzenden Fläche zugrunde legt (CO2-Ausstoß pro HA / Ertrag), kann man sogar argumentieren, dass diese klimafreundlicherist als die ökologische Landwirtschaft, da die prozentualen Vorteile des Ökolandbaus (max. 20%) an dieser Stelle deutlich hinter den Produktivitätsvorteilen der modernen Landwirtschaft (bis zu 50%) zurückliegen.
Hierzulande könnte man (wenn auch nicht alle) sich dies aufgrund der Kaufkraft wahrscheinlich sogar „leisten“. Angesichts der deutschen Zahlungsbereitschaft bei Lebensmitteln wäre jedoch mindestens mit einem riesigen Aufschrei zu rechnen (Man erinnere sich allein nur an die Butterpreise). Eine weltweiten Umstellung würde zu einer weltweiten Reduktion der Erntemengen führen, was vor dem Hintergrund der erwarteten Bevölkerungsentwicklung kontraproduktiv wäre.
Sicherlich ist die Ernährungsfrage auch eine Verteilungsfrage (Zugang von Lebensmitteln). Ein weltweites Verteilungsregime mit dem eine solche Verteilung von Lebensmitteln möglich ist jedoch nur schwer vorstellbar. Für die grundsätzliche (und in der Regel auch funktionierende) Verteilung sorgen marktwirtschaftliche Prozesse. Sprich am Ende des Tages muss es über eine Wohlstandssteigerung der Länder bzw. einer Umverteilung innerhalb dieser Länder kommen. Allerdings stets unter der Prämisse, dass der Klimawandel oder die Klimakatastrophe noch abgewendet werden wird, da dies auch die Produktion von Lebensmitteln treffen wird.
Die große Frage am Ende lautet also: Wie wird es uns gelingen bis 2050 ca. 10 Mrd. Menschen (davon 3 Mrd. zusätzliche Mittelschichtskonsumenten) zusätzlich zu ernähren und gleichzeitig den Klimawandel noch abzuwenden?
Further Research is needed 🙂
Wow, danke für diesen tollen Beitrag, viel zum Nachdenken.
Hast du eine Quelle zur Aussage, dass konventionelle Landwirtschaft pro Ertrag klimafreundlicher ist? Das wäre ja tatsächlich eine ziemlich relevante Information.
„Eine weltweiten Umstellung würde zu einer weltweiten Reduktion der Erntemengen führen“
Ist das zwangsläufig so oder nur wenn man alle anderen Faktoren unverändert lässt? Also ich denke z.B. dass gerade in weniger entwickelten Ländern die Landwirtschaft noch nicht so effizient ist wie bei uns. Wenn man also 50% weniger Ertrag ausgleichen kann durch modernere Landwirtschaftstechniken, besseres Saatgut usw. dann wäre eventuell trotzdem eine Steigerung bei gleichzeitiger Umstellung auf Bio möglich.
Ich habe mal 10 Sekunden gegoogelt und zumindest eine Quelle gefunden, die CO2-Ausstoß pro KG landwirtschaftlichem Erzeugnis angibt und dort ist Bio klimafreundlicher: https://www.boelw.de/themen/bio-argumente/biofrage-22/
Aber vielleicht war was anderes gemeint!?
Da gibt es auch andere Studien, die nicht vom Erzeugerverband kommen und gemischt ausfallen. Will man die Erntemenge beibehalten und hält sich vor Augen dass Bio im Vergleich zu Industrie nur 86 Prozent pro Hektar Land liefert, ist klar dass mehr zum einen mehr Land bewirtschaftet werden muss, zum anderen aber auch für die gleiche Erntemenge mehr Diesel verbrannt wird, mehr Strecken gefahren werden, etc. Zudem muss man sich auch die Frage stellen ob es geiler ist Schwermetallverbindungen wie Kupfersulfate (bio) oder chemische Verbindungen wie Glyphosat (industriell) in die Umwelt zu blasen. Tendenziell ist mit Glyphosat in der Umwelt lieber…
Hallo Katrin, hallo Holger,
vielen Dank, dass ihr euch so intensiv mit den Themen Klima und Konsum auseinandersetzt – ich finde, dass sind große blinde Flecken in unserer Gesellschaft. Ich kann mich dem Gesagten nur anschließen und habe außer ein paar praktischen Tipps inhaltlich nichts hinzuzufügen.
Hier die Tipps:
Kennt ihr schon die Webseite seat61.com? Sie wird von einem Engländer betrieben, der erklärt, wie man überall hin auf der Welt reisen kann, ohne in ein Flugzeug zu steigen, und wie man dafür (günstige) Fahrkarten bucht. Und ja, ich meine jetzt wirklich überall hin. Sein Hauptfokus liegt dabei auf Bahn- und Fährverbindungen, er macht dort aber nicht halt. Es gibt eine eigene Seite für Berlin mit den wichtigsten Reiserouten (London, Südeuropa, Frankreich, etc.):
https://www.seat61.com/international-trains/trains-from-Berlin.htm
Speziell nach London sind die Konditionen der DB eigentlich gar nicht so schlecht, Fahrkarten in der 1. Klasse gibt’s ab 109 Euro, in der 2. Klasse ab 69 Euro.
Übrigens: Ich bin Doktorand und fahre mehrmals im Jahr auf wissenschaftliche Konferenzen in Europa, immer mit der Bahn (so z.B. schon nach Kopenhagen, Valencia, Florenz, Barcelona und Lissabon). Meistens ist das bei Frühbuchung nur unwesentlich teurer, als zu Fliegen. Wenn der Flug billiger ist, bezahle ich die Differenz bei den Reisekosten selbst, meist sind das unter 100 Euro. Die Tage, die ich unterwegs bin, nehme ich mir privat Urlaub (die Fahrten dauern nicht so lange, wie man vielleicht annimmt, Berlin-Florenz dauert einen Nachmittag und eine Nacht, Berlin-Lissabon zwei Nächte und einen Tag). Meine Strategie ist, mir ein gutes Buch oder zwei mitzunehmen, unterwegs Nachtzüge zu benutzen oder in billigen Hotels zu übernachten. Ich achte bei der Buchung auf lange Umsteigezeiten, insbesondere zwischen verschiedenen Bahngesellschaften (wegen Entschädigungsfragen bei Verspätung, etc.). Bisher haben alle meine Reiseketten geklappt, und ich bin immer entspannt angekommen. Auch privat fahren wir mittlerweile nur noch in Europa und nur noch mit Bahn & Fähre in den Urlaub (manchmal mit Interrail, manchmal mit normalen Fahrkarten, was eben gerade günstiger ist). Ich finde diese Art des Reisens eigentlich viel angenehmer und entspannter, und man kann seine Klimabilanz so wirklich signifikant verbessern. Ein Hauptgrund, warum nicht mehr Leute das machen, ist meiner Ansicht nach, dass leider viele Online-Buchungssysteme der Bahngesellschaften veraltet und benutzer*innenfeindlich sind. Mittlerweile gibt es aber ganz passable Alternativen, wie trainline.eu und loco2.com, wo ich viel buche.
Cheers, Juli
Danke für den Link, Juli, ich habe genau sowas gesucht, weil ich momentan schaue, wie ich von Düsseldorf nach Tallinn komme (es wird wohl eine Kombination mit Fähre über Helsinki werden, alles andere dauert doch sehr lang). Nach London fahre ich inzwischen nur noch Bahn, das ist von hier gar nicht so viel länger, wenn man bedenkt, dass man ja beim Flieger noch ein- und auschecken muss und dann in London meist noch ein Stück unterwegs ist. Es ist so schön, direkt mitten in der Stadt anzukommen und die Fahrt durch den Tunnel ist irgendwie auch immer ein kleines Abenteuer. Man ist zwar nur kurz unter dem Meer, aber dass man auf der anderen Seite rauskommt und in einer ganz anderen Kultur ist, ist irre. (Wobei ich sagen muss, dass ich es so halte wie Du: Die angegebene Verbindung buche ich fast nie, weil mir die Umsteigezeit zu knapp ist. Da bin ich lieber eine Stunde in Brüssel, esse was zu Mittag, checke entspannt ein, bewege mich ein bisschen und fahre dann weiter.)
Hallo ihr Lieben,
ich möchte hier mal kurz was zum Thema Landwirtschaft beitragen. Die Landwirtschaft in Deutschland ist sicherlich ein wichtiges Standbein zur Ernährung der Bevölkerung und deshalb muss diese auch in witterungsbedingt schlechten Zeiten unterstützt werden. Nur sollte dies auch wirklich über eine Einzelfallregelungen geschehen. Eine pauschale pro Hektar Land wäre hier doch kontraproduktiv. Auch wäre es wichtig hier mal einen Fokus auf die kleinen Landwirte zu legen. Kleine Landwirte mit wenig Ackerfläche sind quasi dazu gezwungen die Äcker voll und ganz auszunutzen und eine sogenannte Fruchtfolge einzuhalten um ihren Betrieb halbwegs wirtschaftlich zu führen. Ich komme aus Oldenburg (Niedersachsen) und wohne grenznah zu den Landkreisen Vechta und Cloppenburg. Leider ist hier das Bild der Ackerflächen sehr einheitlich. Gefühlt wird die meiste Fläche dazu genutzt um Mais für Biogasanlagen oder Futter für die Massentierhaltung anzubauen. Und nach der Ernte liegen die Flächen dann brach bis zur nächsten Einsaat von Mais. Leider ist es auch so, dass für Maisflächen mehr Pacht erzielt werden kann. Somit stehen die Landwirte die für uns wichtige Lebensmittel produzieren in direkter Konkurrenz zu der Energielandwirtschaft die durch den Staat noch gefördert wird. Für mich wäre eine gute Lösung die Landwirte zu unterstützen, die Wirklich mit einer Fruchtfolge für gute Lebensmittel sorgen. Vielleicht sollten wir auch darüber nachdenken, ob eine Förderung der Massentierhaltung Ethisch noch vertretbar ist. Fleisch aus Massentierhaltung die uns dann zu günstigen Preisen verkauft wird, dass es uns egal ist mal ein Stück wegzuwerfen weil wir es nicht essen wollen, darf nicht weiter gefördert werden!
Viele Grüße aus dem Norden…
Noch ein paar Gedanken/Anmerkungen zur Landwirtschaft. Auch jetzt schon ist die Landwirtschaft hochgradig mit Vorschriften belastest. Vieles läuft nicht über generelle Verbote sondern als Voraussetzung Subventionen oder zuschüsse zu bekommen.
Zu Holgis „stell auf Ökolandwirtschaft auf, extensive Tierhaltung“ unabhängig von der Weltmarktpreis und Flächenverbrauchsgeschichte die Klaus Kieswald oben schon angesprochen hat. Die Frage ist ob es überhaupt genügend Abnehmer für die Bioprodukte gibt oder man dann nicht lieber die billigere Konventionell produzierte Milch aus dem Ausland kauft. Im Mich Bereich hat man jetzt schon Probleme, siehe z.B: hier: https://www.welt.de/regionales/bayern/article178897768/Landwirtschaft-Bauern-bleiben-auf-Bio-Milch-sitzen.html Da Deutschland die Grenzen nicht dicht machen kann versucht man über die Regularien einen Mittelweg zu finden.
Die andere frage ist ob Ökologische Landwirtschaft überhaupt Klimafreundlicher ist als Konventionelle Landwirtschaft. Man benötigt mehr Tiere, die länger leben müssen um die gleiche Menge Fleisch/Eier/Milch… zu erzeugen. Das bedeutet man benötigt mehr Futtermittel und es wird mehr Gefurzt. Für die Erzeugung der Futtermittel benötigt man wiederum mehr Fläche als in der Konventionellen Landwirtschaft die dann auch noch intensiver mechanisch bearbeitet werden muß (Unkrautmanagement), sprich mehr Dieselverbrauch.
Haha 😀
Tatsächlich hat es bei Katrins Demutansprache freudig in meinem Theologenhirn geblitzt. Demut ist mMn wirklich der Wert, den das Christentum derzeit ganz besonders nützlich in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen könnte. Sie macht das sogar auch ein Stück weit, nur krakeelen die CSU & Co so laut, dass das medial kaum Wahrnehmung findet. Das ist eben das Kreuz (pun intended) mit der Demut: sie ist selten laut.
Erstmal Danke für den wunderbaren Podcast. Die Informationen und Anregungen, die ich jedes Mal durch Euch erhalte, sind wirklich toll.
Mein kleiner Beitrag zum Thema Umweltschutz:
Ecosia, eine Suchmaschine die einen Teil ihrer Einnahmen, die man durch Suchanfragen generiert, in den Naturschutz fließen lässt.
http://www.ecosia.org
Liebe Grüße
Mir fiel bei der erwähnten radikaleren Literatur (Suizid mit 80) folgender Ausschnitt aus der Serie Utopia ein:
https://youtu.be/rcx-nf3kH_M
Verblüffend finde ich hier nicht die provozierende Aussage, sondern die vermutlich öfter auftretende Tabuisierung solcher Themen. Nun ist der Vorschlag sicher überzogen, macht aber deutlich, wie wenig die Bereitschaft zur Veränderung da ist. In meinem Elternhaus hieß es früher immer, dass ich es ja mal besser haben sollte. Klassisches Arbeiterkind. Damit war aber immer nur meine finanzielle Lage gemeint. Jetzt habe ich es gefühlt nicht besser, investiere aber trotzdem in ökologische Lebenmittel etc. (Heiligenstatus max. 60% ?) und das wird natürlich nicht als „es besser haben“ anerkannt, sondern mit Augendrehen quittiert.
das ist ein guter Punkt! danke
Und noch ein Tipp: Weil zum Thema Klimaschutz ja leider sehr viel Halbwissen im Umlauf ist, möchte ich allen sehr ans Herz legen, den CO2-Rechner des Umweltbundesamtes auszufüllen – für mich hat sich dadurch einiges an Vermutungen über meinen Lebensstil bestätigt, aber es haben sich auch ein paar interessante neue Erkenntnisse ergeben. Das Modell des UBA basiert auf soliden wissenschaftlichen Erkenntnissen, ist sehr detailliert und dürfte für die allermeisten Nutzer eine ziemlich akkurate Schätzung der persönlichen Klimabilanz liefern.
http://www.uba.co2-rechner.de/de_DE/
Vielleicht könnt ihr den CO2-Rechner ja sogar mal in der Sendung pluggen, ich finde ihn wirklich aufschlussreich.
Diesen „offiziellen“ hab ich auch mal benutzt und bin irgendwie zu der Erkenntnis gekommen, daß Flugreisen zwar schlimm sind, Konsum aber noch schlimmer ist.
Wenn ich 150€ im Monat konsumiere (noch nicht genauer geguckt, was dazu zählt… 150€ Elektronik“schrott“ im Monat? Also jedes Jahr neues Handy, neues X, neues Y), anstatt für 150€*12m einmal im Jahr in den Urlaub zu fliegen, ist das auch ein heftiger Fußabdruck. Wenn man den (oder einen anderen) Urlaub trotzdem macht von dem Budget, aber nicht fliegt, ….
@David: Folgendes gehört dort mit zu „Konsum“:
„Monatliche Konsumausgaben
Darunter fallen Ausgaben für Bekleidung, Schuhe, Möbel, Haushaltsgeräte und Elektronik, aber auch für Dienstleistungen für Freizeit- und Urlaubsaktivitäten, Gesundheit und Bildung.“
Oben bei „Hilfe und Infos“ gibt es eine genaue Aufschlüsselung und auch, was man machen kann, um CO2-Austoß zu vermeiden.
Ja, das war für mich auch eine der Haupterkenntnisse. Ich habe in allen anderen Kategorien ziemlich gute Werte, aber als Durchschnittsverdiener macht bei mir der Konsum den Hauptteil der Emissionen aus (geschätzte 3,77 Tonnen von insgesamt 7.19 Tonnen). Ich habe beim Konsum alle Werte auf Default gelassen, außer dass ich „Langlebigkeit“ angekreuzt habe, da ich versuche, hochwertige Geräte zu kaufen und wirklich selten Gebrauchsgegenstände wegwerfe (wenn ich etwas wirklich nicht mehr brauche, verschenke ich es meist). Dafür gebe ich relativ viel Geld für Dienstleistungen wie Konzerte und Essen gehen aus.
Hallo zusammen,
Zum Thema Rassismus. Ich kann da nur Avenue Q zitieren „everyone is a little bit racist sometimes“.
Und bei ca. 20% der Leute kommt das auch offen vor. Der Rest hat das mehr oder weniger unter Kontrolle.
Ich verstehe nur die Debatte nicht. Natürlich ist es immer sehr gut, wenn das alles thematisiert wird und damit besser verarbeitet werden kann.
Das Problem ist nur, dass das alles Meinungen sind und diese ja jeder haben kann. Ich mag rote Autos und du magst Autos ohne Gurte.
Man kann das ganze doch nur mit einer offensiven Regierung bekämpfen in dem sie z.B. nur noch „anonyme“ Bewerbung für Wohnungen zulässt oder eben Gurtpflicht im Auto.
Die Köpfe können wir mit Worten nicht alle ins gute Wenden können. Kinder und Bildung hilft für die Zukunft.
Und noch ein Tipp: Die EU-Kommission führt gerade eine große zivilgesellschaftliche Umfrage zum Thema Klimaschutz durch. Um rege Teilnahme wird gebeten (die Sprache lässt sich oben rechts einstellen).
https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/long_term_ghg_reduction
https://youtu.be/eFi_sQUof5M
das sah ich zufällig auf youtube und musste an eure letzte Sendung ? denken.
Danke für euren tollen Podcast!
Liebe Grüße Jakob
Servus,
ich höre euren Podcast eigentlich sehr gerne, aber dieses mal war es mir doch etwas zu elitär.
Fliegen kann ich mir schon seid Jahren nicht mehr leisten, ähnlich wie bei Barbara ist das auch für mich mit 3 Kindern nicht mehr bezahlbar. Und das betrifft im Grunde alle Konsumgüter, ich muss nehmen was ich mir leisten kann. Okay ihr weißt darauf hin, dass die „Unterschicht“ bzw. „die Armen“ von eurer Kritik ausgenommen werden… wobei ich es schon schräg finde, mich als arm oder Unterschicht zu bezeichnen. Im Gegenteil, in meinem Bekanntenkreis gibt es nur äußerst wenige Menschen die in den Urlaub fliegen. Sitze ich jetzt in einer Blase oder ihr?
Vielleicht sollte man auch einfach mal darüber nachdenken, die Flugzeuge mit alternativen Antrieben zu versehen, dann kann man das Problem mit dem CO2 beim Fliegen komplett aus dem Weg räumen.
Ähnlich verhält es sich mit den Gewerkschaften, ich arbeite in der Pflege, der Grad an gewerkschaftlicher Organisation ist derartig gering, dass sie praktisch keine Rolle spielen. Daran würde sich auch nichts ändern, wenn ich Verdi Mitglied werde. Warum? Weil wir nicht streiken können. Zumindest nicht in einer Weise, der unseren Arbeitgebern wehtut. Höchstens den Menschen die wir pflegen und dann wird es völlig absurd. Und da gibt es haufenweise Berufsgruppen, deren Streikrecht schön aber völlig unnütz ist.
Ich könnte hier auch einen Betriebsrat gründen und für bessere Bezahlung kämpfen, nur ganz ehrlich, ich hab dafür überhaupt keine Zeit, dafür habe ich in meinem Job genug zu tun. Ich würde auch irre werden, wenn ich wüsste das die Versorgung unserer Patienten leidet weil ich gerade eine Betriebsratssitzung abhalte oder irgendwelche Zettel ausfülle. Bin so schon viel zu oft gezwungen Zeit mit Kafkaesker Bürokratie zu verschwenden.
In den Bereichen in denen es um Arbeit für die Gesellschaft geht (Gesundheit, Bildung, Innere Sicherheit u.a.) ist es die verdammte Pflicht des Staates für gerechte Löhne und faire Arbeitsbedingungen zu sorgen und nicht die Aufgabe der Arbeitnehmer!
Mit freundlichem Gruß,
der Paul
Wenn du etwas weniger verdienst als der Durchschnitt, dadurch weniger Konsumausgaben hast und zusätzlich nicht fliegst, verursachst du mit sehr großer Wahrscheinlichkeit viel weniger Treibhausgase als Menschen in Deutschland im Durchschnitt. Die Reichen haben auf jeden Fall den größten Beitrag zur Reduktion zu leisten. Es macht mich betroffen zu hören, wie scheiße die Situation für Arbeitnehmer*innen in der Pflege ist, und ich gebe dir Recht, dass die Politik da eingreifen muss. Trotzdem: Auch wenn ihr nicht streiken könnt, würde euch eine starke Gewerkschaft mehr politisches Gehör verschaffen. In der Politik ist man nur gemeinsam stark.
Das mit den Elektroflugzeugen wird in den nächsten Jahrzehnten nichts, man kann elektrische Energie einfach nicht mit der nötigen Dichte speichern, und daran wird sich auch so bald nichts ändern. Ganz ohne Verhaltensänderungen werden wir nicht überleben können, aber wie gesagt, den Löwenanteil daran haben die Reichen und Mittelschichtler*innen zu leisten.
Ich dachte auch weniger an Elektroflugzeuge, eher an Antriebe auf Wasserstoff/Methanbasis oder ähnliches. Die könnten recht simpel aus Ökostrom gewonnen werden. Vermutlich ist das alles technisch machbar oder zumindest mit einem überschaubarem Forschungsaufwand zu realisieren, nur wirtschaftlich wird es vorerst keinen Sinn machen.
Mein „CO² Fußabdruck“ wies so schön heißt dürfte tatsächlich überschaubar sein, bis 35 kein Autofahrer, Fleisch nur einmal die Woche und mein Konsum besteht hauptsächlich in Ebooks 😉
Mit freundlichem Gruß,
der Paul
Dann hast du ziemlich sicher vorbildliche Werte 🙂
Ideen für „grünes Fliegen“ geistern viele durch die Gegend, zumeist bewusst gestreut von der Luftfahrtindustrie. Keine der angedachten Technologien stellt einen glaubhaften Ersatz für Kerosin dar, und alle unterliegen irgendwelchen ziemlich fundamentalen Beschränkungen. Schau mal hier rein:
http://www.climatechangenews.com/2016/03/07/scientists-trash-myths-of-green-aviation-technology/
Letztendlich läuft es darauf hinaus, dass Fliegen furchtbar viel Energie kostet, und Energie in den nächsten paar Jahrzehnten auf Grund der Zwänge des Weltklimas auf jeden Fall knapp und kostbar sein wird. Mit Solarstrom, den ich verfliege, kann ich nicht gleichzeitig kochen und heizen. Wir werden so oder so eine Zeit lang ziemlich zu knabbern haben, genügend CO2-neutralen Strom zu produzieren, um unsere Grundbedürfnisse zu decken und Alltagsinfrastruktur am laufen zu halten. Aber sicher wird sich dass über die Zeit bessern, so dass irgendwann auch mehr Energie für Luxussperenzchen wie Urlaubsflüge übrig sein wird. Aber ich vermute, dass wird noch lange dauern.
Moin,
mal wieder eine schöne Folge…
Im Wesentlichen bin ich ja Eurer Meinung. ABER: Man muss sich einfach auch seine Kriegsschauplätze aussuchen.
Denn sorry, man KANN die Welt nicht überall retten.
– den Kaffee nur von fairen Bauern kaufen
– nur Biofleisch essen
– Eier von glücklichen Hühnern erstehen
– Statt dem Auto nur ÖPNV nutzen
– auf’s Fliegen verzichten
– nur Kleidung von Manomama tragen
– nur Elektronik kaufen die ohne Ausnutzung von Menschen produziert wurde
– usw…
Es ist in Summe einfach in der Praxis auch für Besserverdiener nicht leb- und finanzierbar, Qualität, Umweltbewusstsein und Fairness in ALLEN Bereichen umzusetzen (und sich am besten in der Freizeit noch für Politik, Demokratie, Umwelt und für Flüchtlinge zu engagieren)
Denn Holgi, Du schimpfst zwar über Leute die noch Flugreisen buchen, aber was ist mit iPhone, Apple-Computer oder sonstigem Elektronik-Kram, der unter Ausbeutung und Raubbau hergestellt wurde? Bist Du auch bereit darauf zu verzichten???
Und nein… Ich auch nicht! Stehe ich zu!
Fände daher aber etwas mehr Gelassenheit und Demut gegenüber Menschen schön, die zwar auch dazu beitragen, die Welt etwas besser zu machen, die das aber vielleicht in anderen Bereichen tun, als Ihr…
Und machen wir uns nix vor: Den Klimawandel halten wir durch Verzichten auf’s Fliegen und ähnliche, kleine Einzelmaßnahmen nicht auf (damit will ich nicht sagen, dass das nicht trotzdem sinnvoll ist). Genauso wenig wie wir die Kernkraftwerke dadurch losgeworden sind, dass wir beim Stromanbieter Solarstrom eingekauft haben.
Wirklich was ändern wird sich nur durch politische Maßnahmen. Maßnahmen die alle betreffen, Maßnahmen die wehtun.
(sorry, dass ich immer nur schreibe, wenn ich was zu meckern habe. Bitte versteht das als Kompliment, denn so oft schreibe ich hier nicht)